TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.12.2024, RV/7102822/2024

Rückforderung von FB und KAB bei dauerndem Aufenthalt der Kinder in Drittstaaten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in Vertretung der unbesetzten GA 7003 in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe 01.2019-01.2024 sowie des Kinderabsetzbetrages zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Rückforderungsbescheid vom forderte das FAÖ von der BF Familienbeihilfe für fünf Kinder und Kinderabsetzbeträge für vier Kinder für den Zeitraum Jänner 2019 bis Jänner 2024 zurück, da vier der fünf Kinder sich nicht ständig in Österreich aufhielten und daher die Familienbeihilfe nicht zustünde. Für das fünfte Kind wurde die anteilige Geschwisterstaffel für die anderen Kinder zurückgefordert, für die die BF zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten habe.

Mit Beschwerde vom eingebracht über finanzonline führte die BF aus, dass ihr Mann seit 2017 in der Türkei seine alten Eltern betreuen müsse und aufgrund der daraus resultierenden finanziellen Probleme für sie die minderjährigen schulpflichtigen Kinder vorübergehend zum Vater in die Türkei geschickt worden wären. Über Nachfrage sei mitgeteilt worden, dass es ausreichend sei, wenn ein Elternteil in Österreich lebe. Hätte sie gewusst, dass sie keinen Anspruch gehabt habe, hätte sie das Geld gar nicht angenommen. Zudem sehe sie sich außerstande einem Betrag von 49.789,20 € zurückzuzahlen und müsse gegebenenfalls Privatkonkurs beantragen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FAÖ die Beschwerde unter Angabe der gesetzlichen Bestimmungen als unbegründet ab.

Darauf beantragte die BF mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die BF lebt in Österreich und ist Mutter von fünf Kindern. Ihr Ehemann lebt seit 2017 in der Türkei und pflegt dort seine Eltern. Die vier schulpflichtigen Kinder des Ehepaares hatten jedenfalls im Zeitraum Jänner 2019 bis Jänner 2024 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei, lebten bei ihrem Vater und besuchten dort auch die Schule. Das fünfte Kind befand sich in diesem Zeitraum bei der Mutter in Österreich.

Die BF bezog für ihr im Jahr 2003 geborenes Kind im Zeitraum von Jänner 2019 bis Juli 2021 Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag, für ihr im Jahr 2006 geborenes Kind bezog sie von Jänner 2019 bis Jänner 2024 Familienbeihilfe sowie von Jänner 2019 bis Juni 2020 und von Februar 2021 bis Jänner 2024 den Kinderabsetzbetrag. Für ihr im Jahr 2008 geborenes Kind bezog sie von Jänner 2019 bis Jänner 2024 Familienbeihilfe sowie von Jänner 2019 bis Juni 2022 bzw. Oktober 2022 bis Jänner 2024 den Kinderabsetzbetrag. Für Ihr 2014 geborenes Kind bezog sie von Jänner 2019 bis Jänner 2024 Familienbeihilfe und von Jänner 2019 bis Mai 2021 sowie von September 2021 bis Jänner 2024 den Kinderabsetzbetrag. Durch die Berücksichtigung der Geschwister erhöhte sich die Familienbeihilfe für Ihr 2019 geborenes Kind entsprechend. Die daraus resultierenden Beiträge an Familienbeihilfe betragen in Summe 37.900,20 €, der hier angesprochene Kinderabsetzbetrag beträgt 11.889,00 €.

2. Beweiswürdigung

Der oben dargestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den Verwaltungsakten und zwar in Bezug auf die Höhe der infrage stehenden Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag aus dem Rückforderungsbescheid vom . Dass ihr im Jahr 2003, 2006, 2008 und 2014 geborenen Kinder sich jedenfalls ab Jänner 2019 in der Türkei bei ihrem Ehegatten aufgehalten haben und nur ihre 2019 geborene Tochter bei ihr in Österreich war, hat die BF selbst bestätigt. Das BFG hat daher keine Bedenken diesen Sachverhalt der Entscheidung zugrunde zu legen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Gemäß § 8 Abs. 1 FLAG 1967 bestimmt sich der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die ihr Familienbeihilfe gewährt wird.

Gemäß § 8 Abs. 3 Z. 3 lit d) FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe, wenn sie für fünf Kinder gewährt wird, monatlich für jedes Kind ab um 32,00 €.

Gemäß § 25 FLAG 1967 sind Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, beim Finanzamt Österreich zu erfolgen.

Gemäß § 26 ABS: 1 FLAG 1967 hat wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 Z. 1 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 67,80 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Aufgrund dieser Rechtslage ist die Sache beim oben dargestellten Sachverhalt entschieden. Da die vier Kinder jedenfalls ab Jänner 2019 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Türkei bei ihrem Vater gehabt hatten, bestand kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge im Zeitraum Jänner 2019 bis Jänner 2024 in der oben dargestellten ausbezahlten Höhe.

Da die BF ihrer Meldeverpflichtung nach § 25 FLAG 1967 nicht nachgekommen ist, wurden die infrage stehenden Beträge bis Jänner 2014 ausbezahlt.

Lediglich für das im Jahr 2019 geborene und bei der Mutter in Österreich befindliche Kind steht Familienbeihilfe zu, jedoch wurden die Erhöhungsbeiträge für fünf Kinder ebenfalls zu Unrecht ausbezahlt.

Damit sind die infrage stehenden Beträge vom FAÖ zurecht zurückgefordert worden, die Beschwerden waren als unbegründet abzuweisen.

Abschließend darf festgehalten werden, dass die von der BF angeführten Überlegungen einer "Einigung" die nach dem Verständnis des BFG eine Zahlungserleichterung zum Ziel haben, in einem eigenen Verfahren zu beantragen und abzuführen sind und nicht im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens erledigt werden können.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob für Kinder, die sich dauernd im Ausland (in Drittländern) aufhalten Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zustehen sowie die Frage über welchen Zeitraum Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge rückgefordert werden können, ergibt sich unmittelbar aus den oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102822.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
QAAAF-43988