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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.01.2025, RV/7400139/2021

Festsetzung einer einmaligen Gebrauchsabgabe für 4 Lampen

Beachte

Revision eingebracht.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Diana Sammer in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch ***11***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien MA 46 Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten vom betreffend Festsetzung von Gebrauchsabgaben nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 für die Jahre 2016-2021, GZ. ***3***/LIB nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin FOI Andrea Newrlka zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am und , ergingen durch die belangte Behörde Aufforderungsschreiben an ***1***, in denen darauf hingewiesen wurde, dass am Haus Wien, ***2*** vier Lampen bestünden, für welche keine erforderlichen Bewilligungen vorlägen. Es werde ersucht, entweder einen Nachweis über die erteilten Bewilligungen oder dementsprechendes Ansuchen an die Stadt Wien zu übermitteln. Hingewiesen wurde, dass mit einer Nachbemessung der Gebrauchsabgaben wegen Gebrauchs ohne Gebrauchserlaubnis zu rechnen sei.

Mit Schreiben vom und teilte der Vertreter der Liegenschaftseigentümer (***1***) mit, dass es sich bei den Lampen um Teile der gegliederten Fassade handle, für welche keine gesonderte Bewilligung nötig sei. Die Lampen würden keine Millimeter weiter ins öffentliche Gut ragen, als der Rest der gegliederten Fassade, sie blieben weit hinter den Fassadenvorsprüngen und Gesimsen zurück. Zudem wurde angemerkt, dass die Lampen Altbestand seien. Ein Ansuchen um Bewilligung einer 120 Jahre alten Fassade werde nicht erfolgen.

Mit Bescheid vom , GZ. ***3***, setzte die belangte Behörde, gegenüber den Beschwerdeführern für den Gebrauch des öffentlichen Grundes bzw des darüber befindlichen Luftraumes vor der Liegenschaft in Wien, ***2*** durch vier Lampen ohne Gebrauchserlaubnis gemäß § 9 Abs. 1a und § 10 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) eine Gebrauchsabgabe als Einmalzahlung iHv € 390,00 für die Abgabenjahr 2016-2021 fest.

Die Abgabe wurde wie folgt berechnet:

  • 4 Stk. nicht genehmigte Lampen im Zeitraum - (4 x 9 Euro x 1 Jahr =) € 36,00

  • 4 Stk. nicht genehmigte Lampen im Zeitraum - (4 x 9,40 Euro x 2 Jahre =) € 75,20.

  • 4 Stk. nicht genehmigte Lampen im Zeitraum - (4 x 9,70 Euro x 1 Jahr =) € 38,80,00.

  • 4 Stk. nicht genehmigte Lampen im Zeitraum - (4 x 30 Euro x 2 Jahr =) € 240,00.

Zur Begründung wurde auf den Wortlaut der Bestimmungen der §§ 9 Abs. 1a und 10 Abs. 2 GAG verwiesen. Die Bf. hätten den öffentlichen Grund im näher bezeichneten Zeitraum ohne Gebrauchserlaubnis genutzt, weshalb die Gebrauchsabgabe bescheidmäßig vorzuschreiben gewesen sei. Die Abgabenhöhe ergebe sich aus Tarif B, Post 20, GAG.

Die Zustellung des Bescheides an den Zustellbevollmächtigten der Bf erfolgte am .

Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf. durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter mit Schriftsatz vom (richtig wohl ) Beschwerde und beantragten die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Begründend brachten die Bf. vor, dass eine Verjährung hinsichtlich des Jahres 2016 vorliege, da der Bescheid der Behörde erst im Jahr 2021 erlassen worden sei und sohin die Festsetzung der Gebrauchsabgabe für 2016 unrechtmäßigerweise verspätet und nicht innerhalb der Verjährungsfrist erfolgt sei.

Weiters brachten sie vor, dass seit der Errichtung des gegenständlichen Hauses vor mehr als 100 Jahren die Fassade überhaupt nicht verändert worden sei, es seien keine neuen Lampen angebracht worden, die Fassade befinde sich genau in jenem Zustand wie zum Bewilligungs- und Errichtungszeitpunkt im Jahr 1900.

Die bemängelte Gebrauchshandlung liege außerhalb des zeitlichen Geltungsbereiches des GAG 1966 bzw. des früheren Gebrauchsgebührengesetzes 1947. Vor deren Inkrafttreten und daher auch zum Errichtungszeitpunkt der gegenständlichen Lampen sei eine Gebrauchserlaubnis schlichtweg nicht notwendig oder vorgesehen gewesen.

Eine Ausdehnung der genannten Regelungen auf einen bereits bestehenden Baubestand könne und dürfe nicht erfolgen und müsse als Verstoß gegen die grundlegenden Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit betrachtet werden.

§ 1 GAG 1966 sehe eine Erwirkung der Gebrauchserlaubnis vor dem Gebrauch von öffentlichem Grund/Luftraumes vor. Ginge man von der Anwendbarkeit des gegenständlichen Gesetzes auf die Bauteile, die schon vor dessen zeitlichen Geltungsbereich bestanden haben aus, wäre für ein rechtskonformes Verhalten des Bescheidadressaten eine Zeitreise erforderlich um die Erlaubnis noch vor der Gebrauchshandlung zu erhalten.

Die Behörde stütze die Festsetzung der Gebrauchsabgabe auf § 9 Abs. 1a GAG 1966, eine Anwendung des § 9 Abs. 1 GAG auf Sachverhalte, die sich vor Inkrafttreten des Gesetzes ereignet haben, ordne das GAG 1966 jedoch nicht an. Eine solche scheide auch deshalb aus, als Art. 7 EMRK ein Verbot rückwirkender Strafgesetze anordne. Unterwerfe man die gegenständliche Anbringung von Lampen an der Fassade den Bestimmungen des GAG 1966 werde das Verhalten der Rechtsvorgänger der Bf. vor 66 Jahren nachträglich unter Strafe gestellt.

Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Lampen nicht einen einzigen Millimeter über die Fassade hinausragen, von der Beanspruchung öffentlichen Gutes könne daher keine Rede sein.

Einer Behörde müsse schikanöse Rechtsausübung unterstellt werden, wenn sie die seit einem Jahrhundert für als Teile der Fassadengestaltung bestehende, überhaupt nicht hervorragende Lampen plötzlich eine Gebrauchserlaubnis fordere. Nachdem seit dem Inkrafttreten des Gebrauchsgebührengesetzes 1947 seitens der Behörde für die gegenständliche Fassade keine Gebrauchserlaubnis gefordert worden sei, durften sich die Bf. darauf verlassen, dass diese Beurteilung Bestand habe, die geänderte Behördenpraxis würde den Grundsatz der Rechtssicherheit als Kerngehalt des Rechtstaatsprinzips massiv verletzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde unter anderem ausgeführt, dass eine Verjährung für das Jahr 2016 nicht vorliege, da für Nutzen im Jahr 2016 die Verjährung im Jahr 2017 beginne und fünf Jahre, sohin bis Ende 2021 laufe. Die Festsetzung 2016 sei nicht verjährt

Bei der Festsetzung der Gebrauchsabgaben handle es sich nicht um ein Verwaltungsstrafverfahren, weswegen der Hinweis auf das Verbot rückwirkender Strafbestimmungen ohne Grundlage sei.

Unbestritten sei, dass vier Lampen an der Außenmauer montiert seien. Das über den Strahler herausragende Hauptsims und die herausragenden Zierglieder würden nicht den äußersten Rand der Baulinie, der für gewöhnlich den Privatgrund vom GAG-Grund abgrenze, bilden. Denn grundsätzlich seien die Außenmauern des Gebäudes ab der äußersten Grenze errichtet und das Hauptgesims und die Zierglieder würden darüber hinaus ragen. Deren Inanspruchnahme des GAG-Grund sei mit einmaligen Gebrauchsabgaben verrechnet worden.

Weitere Unterlagen dafür, dass die Strahler im Privatgrund seien, habe die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Es gäbe keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Strahler im Luftraum des GAG-Grunds im Sinn des § 1 GAG montiert seien (Hinweis auf ).

Die Behauptung die Strahler seien bereits bei Errichtung des Gebäudes angebracht worden, sei nicht bewiesen. Im Bauakt würden die Gegenstände nicht aufscheinen. Der Zeitpunkt der Montage der Lampen sei ohne Relevanz, da die Jahre 2016-2020 verrechnet werden würden. Die Fixierung darauf, dass wegen der Wendung "vor der beabsichtigten Gebrauchnahme" Unmögliches auferlegt werde, gehe ins Leere. Denn die Beschwerdeführer würden übersehen, dass die Wendung nur für bestimmte Tarife vorgesehen sei, nicht aber für den Tarif B Post 20 GAG.

Die höchstgerichtliche Judikatur habe sich bereits mit der Festsetzung von Gebrauchsabgaben für Gegenstände, die vor dem Gebrauchsgebührengesetz 1947 und dem GAG 1966 Bestand hatten, befasst.

Mit Schriftsatz vom stellten die Bf. einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht und beantragten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht vor und führte sie (auszugsweise) aus:

"Das Ausmaß, der Ort, die Zeit 2016 bis 2021 und die Eigenschaft als Eigentümerin, die die Tatsache des Gebrauchs ohne Gebrauchserlaubnis begründen, und das Ausmaß der Gebrauchsabgabe sind unbestritten und ergeben sich aus dem Akt.

Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer der Liegenschaft ***4*** der KG ***5***, in Wien, ***2***, auf der das Gebäude errichtet ist, an dessen Fassade im Erdgeschossbereich die Lampen angebracht sind. Die Lampen sind fest mit der Fassade verbunden, sohin unselbstständige Bestandteile der Liegenschaft und teilen deren rechtliches Schicksal, sohn sind die Miteigentümer deren Eigentümer. Als Eigentümer sind die Beschwerdeführer unmittelbare (durch Beleuchtung der Präsentationsflächen des Geschäftslokals und durch erhöhte Aufmerksamkeit für die Liegenschaft) bzw. mittelbare (durch Mieteinnahmen) Nutzer der Lampen.

Bestritten wird, dass die Lampen in den Luftraum über GAG-Grund ragen. […]

Eine Einsicht in den Bauakt, in dem für Gegenstände, die in öffentlichen Grund lagen, Platzzins vorgeschrieben war, hat ergeben, dass Lampen nicht in Bauplänen eingezeichnet sind. Auch sind auf einer Fotografie der MA 19 Architektur und Stadtgestaltung aus 1997 Lampen nicht erkennbar. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Lampen von Lokalinhaberinnen in den letzten Jahren angebracht wurden. Dass die Lampen erst in neuerer Zeit angebracht wurden, erweist sich etwa auch daraus, dass von 1988 bis 1997 Gebrauchserlaubnisse für Portalteile und Lichtreklamen ohne Lampen begründet war.

Gemäß § 207 Abs. 2 und 208 Abs. 1 lit. a BAO beträgt die Verjährungfrist fünf Jahre und beginnt die mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Ist der Abgabenanspruch 2016 entstanden beginnt die Frist Anfang 2017 und endet mit Ablauf des Jahres 2021. Der Einwand der Verjährung entspricht nicht dem Gesetz.

[…]

Gebrauchsabgaben werden nicht für die Anbringung vor mehr als 100 Jahren erhoben. Mit seinen vielfältigen gegen Rückwirkungen bzw. Anwendung des GAG gerichteten Vorbringen, weil die Lampen angeblich bereits bei Errichtung des Gebäudes angebracht wurden, gehen die Beschwerdeführer ins Leere. Der Zeitpunkt der Anbringung ist, soweit vor 2016 gelegen, ohne Relevanz. Tatsächlich ist nicht der Zeitpunkt der Anbringung von Lampen relevant, sondern deren Gebrauch von Luftraum über GAG-Grund. […]

Der Einwand, dass die Lampen nicht über die Ziergegenstände hinausragen, belegt umso mehr, dass die Lampen in GAG-Grund ragen, Denn Gebäude werden regelmäßig an der Baulinie errichtet, also an der Grenze zum GAG-Grund. Die Ziergegenstände, die an diesen Fassaden an der Grenze angebracht sind, ragen in GAG-Grund und sind mit einmaligen Abgaben zu entgelten."

Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Mit wurde die belangte Behörde ersucht die im Vorlagebericht angeführten Unterlagen (Fotografie der MA 19 aus dem Jahr 1997; Bauplan (Auszug)) dem BFG vorzulegen.

Mit E-Mails vom und legte die belangte Behörde nachfolgende Unterlagen vor und wies im Zuge dessen nochmals darauf hin, dass es nach dem GAG nicht darauf ankomme, seit wann und wie lange die Lampen bereits montiert seien, sondern nur darauf, dass sie zur Zeit der Nachbemessung vorhanden waren.

  • Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom über die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis für einen Ladenvorbau.

  • Plan zum Ladenvorbau

  • Foto und Ansuchen zu Außenleuchtschild "***6***",

  • Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom über die Erteilung einer

  • Gebrauchserlaubnis für eine Lichtreklame und einen Ladenvorbau

  • Foto MA 19 aus 2013 (Anmerkung BFG: für jedermann einsehbar unter: https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/ im Karteninhalt Architektur, Unterpunkt Gebäudeinformationen Allgemein - Detailinformation

  • MBA Wien Bewilligung - Steckschild

  • Bauplan ***2*** 1899

  • Bescheid MA Wien - Bewilligung für Holzportal auf dem gemauerten Sockel inkl. jährlicher Platzzins für Überlassung des durch das Geschäftsportal in Anspruchgenommenen öffentlichen Gutes - inkl. Plan

  • Portal 1952

  • Einreichplan 2004 (Bauwerber: die Bf.)

Zu den Unterlagen führte die belangte Behörde ergänzend aus, dass aus dem Bauakt zur Liegenschaft Wien, ***2***, bei der Baubehörde, folgende Entwicklung nachvollziehbar sei:

"Im Bauplan aus 1899 ist eine ganz andere Fassade geplant, die dann offenbar nicht realisiert wurde.

Im Bauakt erliegen diverse Genehmigungen zur Anbringung von Gegenständen, wie ein Steckschild im Jahr 1907, oder einer Warenausräumung aus 1915, und zwar auf einem Formular in dem auch Bestimmungen für Lampen vorgesehen sind, was belegt, dass solche Bewilligungen auch für Lampen erforderlich waren, aber eine Bewilligung für Lampen liegt dem Akt nicht inne. Der Verbau der Fassade und allfälliger Lampen ist etwa durch eine Baubewilligung zur Anbringung eines Holzportals ohne Lampen aus 1948 belegt.

Ein weiterer Geschäftsportalvorbau ist für 1952 belegt.

Erst 2004 erfolgte der Rückbau und die Ausgestaltung des Portals mit Lampen in der aktuellen Ausgestaltung."

Mit wurde den Bf. der bisherige Verfahrensgang sowie die von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und Ausführungen zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme sowie einer allfälligen Modifizierung ihrer Anträge eingeräumt.

Mit E-Mail vom übermittelte der Vertreter der Bf. als Anhang ein Foto (bezeichnet als "Foto Fassade 1996"), welches die Fassade des Gebäudes ***2*** zeigt und führte aus:

"In obiger Rechtssache darf ich Ihnen ein Lichtbild aus 1996 übermitteln, auf welchem die gegenständlichen Lampen bereits ersichtlich sind und demnach nicht erst, wie von der Baubehörde ausgeführt, 2004 eine Ausgestaltung in der aktuellen Art und Weise erfolgte.

Weiters ist ersichtlich, dass die Lampen so wenige Zentimeter von der Hauswand hinausragen und im Übrigen keinen Millimeter weiter als die Mauervorsprünge und sonstigen Gestaltungselemente der Fassade, dass von einer Inanspruchnahme des Luftraumes auch in Hinblick auf die Geringfügigkeit keine Rede sein kann.

Zumal der Oberste Gerichtshof selbst bei geringfügigen Grenzüberbauten den Schikaneinwand erlaubt (RS0115858), muss auch bei der Einhebung von Gemeindegebühren eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten werden, zumal die konkrete Baulinie sich nicht auf den Millimeter genau ermitteln lässt und für den Hauseigentümer demnach gar nicht beurteilbar ist, ob eine Inanspruchnahme des Luftraums überhaupt erfolgt. Es ist im vorliegenden Fall aufgrund der Ausgestaltung der Fassade davon auszugehen, dass sämtliche Gestaltungselemente und damit auch die Lampen sich noch auf Eigengrund befinden."

Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde diese Gegenäußerung des Vertreters der Bf. der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht.

Mündliche Verhandlung

Am fand die von den Bf. beantragte mündliche Verhandlung unter Anwesenheit des Vertreters der Bf. sowie einer Vertreterin der belangten Behörde statt.

Die Richterin berichtete über den Verlauf des Verfahrens samt Ergebnisse der bereits durchgeführtern Beweisaufnahmen, insbesondere unter Hinweis auf die Vorhalte und Stellungnahmen beider Verfahrensparteien sowie die mit diesen Stellungnahmen übermittelten Unterlagen.

Die Verhandlung hatte (auszugsweise) nachfolgenden Inhalt:

"Auf die Frage der Richterin, ob des Ergänzungen zum Sachverhalt gibt, führt der Vertreter der Bf. aus:

RA: Dass die Lampen nicht über das Gesims hinausragen, ist unbestritten, ansonsten gibt es derzeit keine weiteren Ausführungen.

MA46: Es ist irrrelevant, da das Gesimse bereits in den GAG-Grund ragt und dieses bereits der Gebrauchsabgabe unterliegt.

Die Richterin erteilt der beschwerdeführenden Partei (RA) das Wort:"

"RA: führt aus wie in den bisherigen Schriftsätzen und verweist auch darauf, das der Schikaneeinwand aufrecht erhalten wird.

Die belangte Behörde (MA46) führt aus wie in den Schriftsätzen im bisherigen Verfahren und ergänzt: Seit 2013 gibt es die Möglichkeit, der Nachbemessung, daher sind die Einwände, dass die Lampen bereits seit 100 Jahren an der Wand angebracht seien, nicht relevant. Es gibt Erkenntnisse des BFG und des VwGH, Zl. 93/17/0050 vom , zu dieser Thematik. Ebenso wird auf das Erkenntnis vom , Zl. Ra 2018/13/0104, hingewiesen. Auch ist der Schikaneeinwand nicht berechtigt. Tatsächlich reichen die Lampen in den GAG-Grund und es ist dafür ein Tarif vorgeschrieben.

RA: Das ergänzende Vorbringen wird bestritten, es gibt bislang keine Beweise, dass die Gebäudewand und nicht das Ende des herausragenden Gesimses die Grundgrenze darstellen. Diesfalls würden sich die Lampen auf Privatgrund befinden. Es liegen keine Unterlagen vor, die diesen Standpunkt belegen können, genauso wenig wie beim Magistrat.

MA46: Dass die Gebäudefront an der Grundgrenze liegt, ergibt sich bereits aus den Vorschriften der Bauordnung und den Plänen im Bauakt. Es wurde auch für diverse Gegenstände die nicht über das Gesims hinausragen, GAG-Abgabe vorgeschrieben und damit blieb unbestritten, dass diese in den GAG-Grund ragen. Auch aus der Judikatur des VwGH ergibt sich, dass unbelegten Behauptungen, dass das Gesims in den GAG-Grund nicht reicht, nicht nachgegangen werden muss.

RA: Ich bestreite auch dieses ergänzende Vorbringen und weise darauf hin, dass es sich bei den, von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, siehe den Bescheid vom , eindeutig ergibt, dass die Vorbauten weit über die gegliederte Fassade hinausragen, etwa 1,1 Meter Vorsprung oder dergleichen.

MA46: Der Ladenvorbau ragte 0,4 Meter hervor und auch aus dem Foto ist ersichtlich, dass der Vorbau nicht über das Gesims herausgeragt ist. Wenn das Gesims schon in den öffentlichen Grund ragt, dann auch die Lampen.

Frage der Richterin an den RA: 1. In der Beschwerde wurde die Frage der Verjährung der Festsetzung für das Jahr 2016 aufgeworfen. Die belangte Behörde ist in ihrer BVE darauf eingegangen und hat dargelegt, warum sie keine Verjährung für das Jahr 2016 sieht. Gibt es dazu Ihrerseits Ausführungen?

RA: Die Beschwerdeausführungen hinsichtlich der Verjährung bleiben aufrecht."

Es wurden keine weiteren Fragen oder Beweisanträge gestellt. In den Schlussanträgen beantragte die belangten Behörde die Abweisung der Beschwerde, der Vertreter der bf. Parteien die Stattgabe der Beschwerde und Aufhebung des Bescheides.

Die Richterin verkündete den Beschluss, dass die Entscheidung gemäß § 277 Abs. 4 BAO der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer der Liegenschaft ***4*** der KG ***7*** ***5***, in Wien, ***2***, (***8*** ¾ Anteile, ***9*** ¼ Anteil) auf der das Gebäude errichtet ist, an dessen Fassade auf Höhe des Erdgeschosses vier Lampen angebracht sind. Die Lampen sind fest mit der Fassade verbunden, sohin unselbstständige Bestandteile der Liegenschaft.

Das Hauptgesims und die Zierglieder ragen über die Außenfassade/Mauer des Gebäudes hinaus. Das Hauptgesims wiederum ragt über die vier Lampen, welche auf einem Zierverputz befestigt sind, heraus.

Aus dem Flächenwidmungsplan- und Bebauungsplan der Stadt Wien (Plandokument ***10***) ist ersichtlich, dass das Haus ***2*** in geschlossener Bauweise und - mit den anderen Häusern dieses Straßenabschnittes - auf einer Baulinie errichtet ist.

Zumindest seit 1997 sind die Lampen auf den Ziergliedern der Fassade des Hauses ***2*** angebracht.

Eine Gebrauchserlaubnis für die vier Lampen wurde weder beantragt noch erteilt.

Die Festsetzung einer einmaligen Gebrauchsabgabe für vier Lampen hinsichtlich der Jahre 2016-2021 iHv insgesamt € 390,00 erfolgte gegenüber den Bf. mit Bescheid der belangten Behörde vom , GZ. ***3***.

Die Höhe der Gebrauchsabgabe (bezogen auf die anzuwendende Tarifpost) ist grundsätzlich unbestritten. Die Bf. wenden Verjährung hinsichtlich des Jahres 2016 ein bzw. bestreiten den Gebrauch von öffentlichem Gut durch die vier Lampen.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt der vorgelegten Akten, insbesondere die durch die belangte Behörde im Zuge des Vorhalteverfahrens vorgelegten Unterlagen. Zudem erfolgte eine Einsichtnahme der Richterin in das Grundbuch, Abfragen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes der Stadt Wien (Plandokumentes pd***10*** (https://www.wien.gv.at/wohnen/baupolizei/planen/richtlinien/planungsgrundlagen.html; https://www.wien.gv.at/flaechenwidmungsplan/public/)) sowie Abfragen von google maps bzw. google street view. Weiters gründen sich die Feststellungen auf die im Zuge der mündlichen Verhandlung am vorgebrachten Ausführungen der Verfahrensparteien.

Dem Vorbringen der Bf., die Fassade befinde sich genau in jenem Zustand wie zum Bewilligungs- und Errichtungszeitpunkt im Jahr 1900 und es seien keine neuen Lampen angebracht worden, sind die von der belangten Behörde vorgelegten und auch dem Vertreter der Bf. im Zuge des Parteiengehörs übermittelten Unterlagen - entgegenzuhalten, aus denen sich anhand mehrerer Bescheide des Magistrates der Stadt Wien (, ) in Kombination mit den entsprechenden Bildern von Ansichten der Fassade ergibt, dass die Erdgeschossfläche der Fassade mit Portalen verbaut war und sich zu diesem Zeitpunkt jedenfalls keine Lampen an der Stelle, an der diese nunmehr angebracht sind, befanden.

Dem weiteren Vorbringen der Bf., wonach die Lampen nicht einen einzigen Millimeter über die Fassade hinausragen und deshalb keine Beanspruchung des öffentlichen Gutes gegeben sei, ist entgegenzuhalten, dass sich aus der Einsicht in den Flächenwidmungs- und Bebauungsplan einerseits eine geschlossene Bauweise, andererseits eine einheitliche Baulinie der Gebäude der ***2*** (sohin auch des Hauses Nr. ***) ergibt und damit von einem Bau des Hauses Nr. *** an der Grundstücksgrenze ausgegangen werden kann. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass beispielsweise mit Bescheiden des Magistrates Wien der Jahre 1965 und 1988 die Erlaubnis erteilt wurde "den über der in Verwaltung der Stadt Wien stehenden Verkehrsfläche befindlichen Luftraum" bzw. "den öffentlichen Grund und den darüber befindlichen Luftraum" vor dem Hause in Wien, ***2*** […] durch einen Ladenvorbau mit einem Vorsprung von 0,40 m benützen zu dürfen und dafür eine jährliche Gebrauchsgebühr dafür zu entrichten war.

Sohin ergibt sich, dass das über die Fassade herausragende Hauptsims und die herausragenden Zierglieder nicht den äußeren Rand der Baulinie, der den Privatgrund vom GAG-Grund abgrenzt, bilden.

Der Einwand der Bf. in der E-Mail ihres Vertreters vom , wonach die Lampen so wenige Zentimeter von der Hauswand hinausragen und im Übrigen keinen Millimeter weiter als die Mauervorsprünge und sonstigen Gestaltungselemente der Fassade ist kein Erfolg beschieden, da sich bereits aus den vorliegenden Fotos ergibt, dass die vier Lampen auf Zierverputz, montiert sind und damit jedenfalls von der Hauswand bzw. sonstigen Gestaltungselementen der Fassade hervorragen.

Die Argumentation des Bf.im Zusammenhang mit dem Schikaneeinwand, wonach die konkrete Baulinie sich nicht auf den Millimeter genau ermitteln lasse und für den Hauseigentümer nicht beurteilbar ist, ob eine Inanspruchnahme des Luftraumes erfolgt sei, geht auch insofern ins Leere als, wie bereits ausgeführt, anhand der Pläne ersichtlich ist, dass die Gebäudewand ab der Grundstücksgrenze errichtet ist. Daraus folgt, dass sowohl das Hauptgesimse als auch die Zierglieder davon ausgehend in den öffentlichen Grund ragen, sohin auch die gegenständlich an den Ziergliedern der Fassade angebrachten Lampen - und dies nicht nur wenige Millimeter.

Durch den Vertreter der Bf. blieb in der mündlichen Verhandlung unbestritten, dass die Lampen nicht über das Hauptgesimse hinausragen. Das Hauptgesimse selbst ragt jedoch aus der Hauswand hervor.

Das BFG geht daher aufgrund der vorliegenden Unterlagen in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Außenmauern des Gebäudes auf der äußersten Grundstücksgrenze und damit am äußeren Rand der Baulinie errichtet sind und damit die Abgrenzung zwischen Privatgrund und öffentlichem Grund bilden. Die Gebäudewand und nicht das Ende des herausragenden Hauptgesimses stellen die Grundgrenze dar, woraus wiederum folgt, dass das Hauptgesims (ebenso wie die Zierglieder) und sohin auch die vier Lampen auf den öffentlichen Grund hinausragen.

Das BFG geht weiters aufgrund der Aktenlage davon aus, dass die Lampen zumindest ab 1997 angebracht waren.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

In inhaltlicher Hinsicht normiert das Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG), LGBl. für Wien Nr. 20/1966, die Regelungen zur Nutzung der dem öffentlichen Verkehr dienenden Verkehrsflächen auf öffentlichem Grund. Im vorliegenden Fall gelangen die folgenden Bestimmungen des GAG zur Anwendung.

§ 1 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) lautet:

Für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes ist vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.

§ 2 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) lautet:

(1) Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis ist nur auf Antrag zulässig. Wenn für die Durchführung eines Vorhabens eine Gebrauchserlaubnis erforderlich ist, gilt als Antrag auf Erteilung der Gebrauchserlaubnis

1. das Ansuchen um Erteilung der baupolizeilichen oder straßenpolizeilichen Bewilligung,

2. die Einreichung nach § 70a sowie § 70b der Bauordnung für Wien.

Ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif A Post 11 ist mindestens 4 Wochen, ein Antrag auf Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif D Post 1 und D Post 4 mindestens 8 Wochen, vor der beabsichtigten Gebrauchnahme einzubringen. Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif D Post 2 ist für jedes Kalenderjahr für denselben Bewilligungswerber in Bezug auf denselben Standort oder von Teilflächen desselben nur einmal zulässig; insbesondere ist die zeitliche Verlängerung oder örtliche Erweiterung nicht zulässig.

§ 9 Abs. 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) lautet:

Derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, sowie derjenige, der nach § 5 zur Beseitigung der Einrichtungen verpflichtet ist und diese nicht nachweislich beseitigt, haben - unbeschadet der §§ 6 und 16 - die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten. Die Abgabe ist durch Bescheid festzusetzen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten sinngemäß.

Wird die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt, so ist die vom Abgabepflichtigen nach diesem Absatz bereits entrichtete Abgabe anzurechnen.

In den Erläuterungen zu der mit LGBl. für Wien Nr. 11/2013 eingeführten Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG wird festgehalten:

"In Zukunft soll die Abgabepflicht auch an den bloßen Gebrauch von öffentlichem Grund der Gemeinde anknüpfen. Wie in anderen Bereichen üblich (z.B. Parkometerabgabe) soll die Abgabe auch für den Zeitraum, in welchem öffentlicher Grund ohne Gebrauchserlaubnis benützt wird, vorgeschrieben werden. Festgestellt wird auch, dass wenn für ein und denselben Gebrauch in ein und demselben Zeitraum ein Antrag auf Gebrauchserlaubnis gestellt und bewilligt wird, die vom Antragsteller bereits nach diesem Absatz entrichtete Gebrauchsabgabe anzurechnen ist."

§ 10 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) lautet auszugsweise:

(1) Die Gebrauchsabgabe wird in zwei Formen erhoben:

a) als bescheidmäßig festzusetzende Abgabe. Zu dieser gehören die einmaligen Geldleistungen (einmalige Abgabe), die monatlich wiederkehrenden Geldleistungen (Monatsabgabe) und die jährlich wiederkehrenden Geldleistungen (Jahresabgabe);

b) als Selbstbemessungsabgaben in Hundertsätzen von allen Einnahmen, die im Zusammenhang mit der Gebrauchserlaubnis erzielt werden, unter Ausschluss der Umsatzsteuer, der Elektrizitätsabgabe, der Ökostrompauschale, des Ökostromförderbeitrages und der Erdgasabgabe, die nicht zur Bemessungsgrundlage gehören.

(2) Form und Höhe der Gebrauchsabgabe richten sich nach dem angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Tarif. Wird durch die Gebrauchserlaubnis die Errichtung einer baulichen Anlage gestattet, dann erhöht sich die im Tarif angegebene Gebrauchsabgabe um die für die betreffende Fläche (§ 1) zu bezahlenden Grundbesitzabgaben.

[…]

Der dem § 18 GAG angeschlossene Tarif lautet (auszugsweise)

Tarif über das Ausmaß der Gebrauchsabgaben

[…]

B. Jahresabgaben je begonnenes Abgabenjahr

[…]

20. für eine Lampe oder einen Scheinwerfer

9 Euro (in der für das Abgabenjahr 2016 anzuwendenden Fassung)

9,40 Euro (in der für die Abgabenjahre 2017 und 2018 anzuwendenden Fassung)

9,70 Euro (in der für das Abgabenjahr 2019 anzuwendenden Fassung)

30 Euro (in der für die Abgabenjahre 2020 und 2021 anzuwendenden Fassung)

Nach den angeführten gesetzlichen Bestimmungen ist Schuldner der Gebrauchsabgabe somit derjenige, der den öffentlichen Grund benutzt ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben.

Im vorliegenden Fall wurde für die streitgegenständlichen vier Lampen keine Gebrauchserlaubnis nach dem GAG für den Abgabenzeitraum 2016-2021 erteilt.

Strittig ist die Vorschreibung der Gebrauchsabgabe für die vier Lampen (Tarif B Post 20). Die Bf. führen diesbezüglich einerseits aus, dass diese keinen Millimeter über das Dachgesims hinausragen würden, andererseits, dass sich das das Haus in jenem Zustand wie zum Bewilligungs- und Errichtungszeitpunkt im Jahr 1900 befinde und keine neuen Lampen angebracht worden seien. Dieser Argumentation ist - wie bereits in der Beweiswürdigung dargelegt - kein Erfolg beschieden. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich vier Lampen zumindest seit dem Jahr 1997 am Zierverputz der Fassade befinden. Daraus folgend gehen auch die Ausführungen der Bf. ins Leere, wonach die Gebrauchshandlung außerhalb des zeitlichen Geltungsbereiches des GAG 1966 bzw. des früheren Gebrauchsgebührengesetzes 1947 liegen. Im Übrigen wurde die Gebrauchsabgabe durch die belangte Behörde lediglich für die Jahre 2016-2021 vorgeschrieben.

Generell sind in Bauverfahren vor Errichtung von Gebäuden Pläne zu erstellen. Daraus sind die Grundgrenzen an den Baulinien konkret feststellbar und auf Grundlage der Pläne werden Gebäude mit den Fassaden an der Grundgrenze und Baulinie errichtet. Für von der Fassade herausragende Teile wie die Verbreiterung von Keller- und Grundmauern sowie für Gebäudesockel bzw. Zierverputz und sonstige Zierglieder, Gitter, Hauptgesimse, Dachvorsprünge u. dgl. im Luftraum des öffentlichen Grundes ist bei Errichtung des Gebäudes eine Gebrauchsabgabe zu entrichten. Dass solche Gesimse usw. hervorragen, bedeutet nicht, dass die Grundgrenze erst ab den Gesimsen gegeben ist (vgl. dazu auch ).

Die Beschwerdeführer sind daher im Irrtum, wenn sie davon ausgeht, dass das Ende des herausragenden Hauptgesimses die Grundgrenze darstellt.

Dass nach Ansicht der belangten Behörde die Außenmauern des Gebäudes ab der äußersten Grenze errichtet sind und das Hauptgesims und die Zierglieder darüber hinaus ragen, wurde durch diese im gesamten Verfahren dargelegt. Gemäß § 265 Abs. 4 BAO hat der zur Kenntnis gebrachte Vorlagebericht - ebenso wie die Beschwerdevorentscheidung den Charakter eines Vorhaltes (; ). Zudem wurden entsprechende Unterlagen den Bf. im Zuge des Parteigehörs übermittelt. Den Feststellungen der belangten Behörde sind die Bf. nur insoweit entgegengetreten, als das Hineinragen der Lampen in den öffentlichen Grund bestritten wurde; die diese Behauptung stützende Unterlagen wurden jedoch nicht vorgelegt.

Sonstige Anhaltspunkte dafür, dass die in Rede stehenden vier Lampen nicht in den öffentlichen Grund bzw. in den darüber befindlichen Luftraum hineinragen, liegen nicht vor. Die aktenkundigen Unterlagen konnten durch die Behauptung der Bf. nicht widerlegt werden.

Lampen sind bewilligungspflichtig, da sie im § 62a der Bauordnung für Wien (BO) nicht aufgezählt sind und dem Gebrauchsabgabengesetz 1966 unterliegen.

Diesbezüglich ist auch auf die Entscheidung des hinzuweisen, in welcher sich der dieser (u.a.) mit der Frage der Gebrauchsabgabe für Scheinwerfer auseinandersetzte.

Im § 83 Abs. 2 der Bauordnung für Wien (BO) gibt es keine Angabe betreffend das erlaubte Maß des Vorragens der Gebäudeteile (Lampen) über die Baulinie oder Straßenfluchtlinie, somit sind diese Gebäudeteile gebrauchsabgabepflichtig.

Zu dem von der Bf. vorgebrachten Einwand der Schikane, ist anzuführen, dass der zweite Tatbestand des § 1295 Abs 2 ABGB verfahrensgegenständlich keine Anwendung finden kann. Seitens der belangten Behörde wurde eine Festsetzung der Gebrauchsabgabe im Sinne der Bestimmungen des GAG 1966 iVm jenen der BO vorgenommen. Zudem ist aus der BO kein erlaubtes Maß des Vorragens ersichtlich, sohin auch der Einwand nicht zum Erfolg führen kann, wonach bei der Einhebung von Gemeindegebühren eine gewisse Erheblichkeitsschwelle überschritten werden müsse. Der im Zuge des Schikaneeinwandes vorgebrachten (unbelegten) Behauptung, wonach aufgrund der Ausgestaltung der Fassade davon auszugehen sei, dass sämtliche Gestaltungselemente und damit auch die Lampen sich noch auf Eigengrund befänden, sind die von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen entgegenzuhalten und auf die Ausführungen dazu in der Beweiswürdigung zu verweisen.

Vor diesem Hintergrund folgt daraus für den gegenständlichen Fall:

Da die vier Lampen in den Luftraum oberhalb des an die Fassade angrenzenden öffentlichen Gehsteiges hineinragten, wären die Bf. gemäß § 1 Abs. 1 GAG zur Erwirkung einer Gebrauchserlaubnis verpflichtet gewesen. Eine Gebrauchserlaubnis wurde unbestrittener Maßen nicht erwirkt, das Vorbringen der Bf., wonach die Lampen nicht in den öffentlichen Grund reichen würden bzw. sich seit Bau des Gebäudes vor 100 Jahren auf diesem befänden, entspricht nicht dem festgestellten Sachverhalt.

Da für die streitgegenständlichen Lampen keine Gebrauchserlaubnisnach dem GAG erteilt worden war, haben die Bf. durch den bewilligungslosen Gebrauch der Verkehrsfläche/des Luftraumes an der Adresse ***2***, Wien, als Gebraucher bzw. Nutzer der Lampen den Tatbestand des § 9 Abs. 1a GAG erfüllt. Aus diesem Grund wurde gegenüber den Bf. eine einmaligen) Gebrauchsabgabe für die vier Lampen für die Jahre 2016-2021 in der Höhe von insgesamt € 390,00 durch die belangte Behörde festgesetzt.

Zum Vorbringen der Bf., wonach der Abgabenanspruch für das Jahr 2016 bereits verjährt sei, ist festzuhalten, dass die Bemessungs- bzw Festsetzungsverjährung nach den Bestimmungen der §§ 207ff BAO im gegenständlichen Fall fünf Jahre, beginnend mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, beträgt.

Ausgehend von den erwähnten Bestimmungen der BAO hat die Verjährungsfrist bezüglich der Gebrauchsabgabe des Jahres 2016 mit Ablauf dieses Jahres begonnen. Aufgrund der anzuwendenden Verjährungsfrist von fünf Jahren endete das Recht der belangten Behörde, die Gebrauchsabgabe für das Abgabenjahr 2016 festzusetzen, am . Der Abgabenbescheid vom ist somit innerhalb der Verjährungsfrist erlassen worden.

Die von den Bf. aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken können nicht geteilt werden. Soweit sie eine Verfassungswidrigkeit darin sehen, dass sie erst durch die nachträglich in das Gesetz aufgenommene Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG verpflichtet werden, die Gebrauchsabgabe für bereits seit mehr als 100 Jahren an der Fassade angebrachte Lampen zu entrichten, wodurch eine Anwendung des § 9 Abs.1 GAG auf Sachverhalte, welche sich vor Inkrafttreten des GAG 1966 ereignet hätten, einhergehe und damit Art. 7 EMRK, welcher ein Verbot rückwirkender Strafgesetze anordne, verletzt werde, wird einerseits darauf hingewiesen, dass es sich bei der Gebrauchsabgabe nicht um eine "Strafabgabe" handelt, wie die Bf. ausführen, sondern mit dieser die Nutzung öffentlichen Gutes mit einem entsprechenden Tarif belegt wird. Andererseits stehen der nachträglichen Einführung eines weiteren Abgabentatbestandes grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken entgegen, zumal die Einführung nicht rückwirkend erfolgte. Die Gebrauchsabgabe wurde für die Nutzung des öffentlichen Gutes im Zeitraum 2016-2021 festgesetzt, nicht für eine (erwiesenermaßen nicht stattgefundene) Anbringung der Lampen im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes.

Aufgrund der Feststellungen in Zusammenschau mit den rechtlichen Bestimmungen und der Judikatur des VwGH kann in der Vorschreibung einer einmaligen Gebrauchsabgabe durch die belangte Behörde für die Jahre 2016-2021 gegenüber den Bf. keine Rechtswidrigkeit erkannt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis wird auf die oben zitierte höchstgerichtliche Judikatur gestützt. Es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, weshalb die Revision als unzulässig zu erklären war.

Allgemein ist darauf zu verweisen, dass eine in freier Beweiswürdigung getroffene Feststellung des Bundesfinanzgerichts der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht zugänglich ist; ob sohin die Beweiswürdigung in dem Sinne materiell richtig ist, dass die Ergebnisse mit der objektiven Wahrheit übereinstimmen, entzieht sich der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. ); eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf () auf, weshalb insgesamt die ordentliche Revision für nicht zulässig zu erklären war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 83 Abs. 2 BO für Wien, Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930
§ 62a BO für Wien, Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930
§ 1 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966
§ 2 Abs. 1 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966
§ 9 Abs. 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966
§ 10 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7400139.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAF-43979