TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.01.2025, RV/7102853/2024

Unterhaltsleistungen an ein volljähriges Kind sind nur gemäß der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu berücksichtigen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe und den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Frau ***1*** ***2*** ***3***, Beschwerdeführerin, erhielt im Jahr 2019 Bezüge aus der Pensionsversicherungsanstalt und bezog ausländische Einkünfte. In ihrer Steuererklärung machte sie für das Jahr 2019 außergewöhnliche Belastungen als Ausgaben geltend.

Das Finanzamt ersuchte die Beschwerdeführerin um folgende Auskunft:

"Bitte senden Sie uns die genaue Kostenaufstellung Ihrer beantragten außergewöhnlichen Belastungen mit den folgenden Details:

• Bezeichnung der Aufwendung

• Einzelpreise und Summe über alle Aufwendungen

• Abzüglich erhaltener bzw. beantragter Ersätze wie z.B. Krankenkasse, Versicherung, Fonds,

usw.

• Wenn Aufwendungen für andere Personen übernommen wurden, geben Sie bitte das Beziehungsverhältnis und die Unterhaltsverpflichtung an

Zum Nachweis Ihrer beantragten Aufwendungen legen Sie bitte alle Belege in Kopie bei:

• Rechnung/en inkl. Zahlungsnachweis/e z.B. Apothekenjahresabrechnung, Rechnungen für Heilbehelfe, Arztrechnungen, usw.

• Ärztliche Verordnung bzw. Behandlungspläne zu den beantragten Kosten

• Bei Sonderklassegebühren weisen Sie bitte zusätzlich die triftigen medizinischen Gründe hierfür nach

Hinweis: Bei stationären Aufenthalten, wie z. B. Krankenhaus oder Kur, ist eine Haushaltsersparnis von 5,23 Euro pro Tag von den beantragten Aufwendungen abzuziehen."

Dieses Ergänzungsersuchen blieb von der Beschwerdeführerin unbeantwortet.

Das Finanzamt erließ einen Bescheid, der nicht alle beantragten Ausgaben berücksichtigte. Begründend wurde ausgeführt, dass trotz Aufforderung nicht alle Unterlagen vorgelegt worden wären und daher nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigt werden konnten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde führte die Beschwerdeführerin begründend aus:

"Bei der Berechnung der Einkommensteuer wurde nicht berücksichtigt, dass ich Krankheitskosten im Jahr 2019 iHv 5.049,21 Euro hatte. Außerdem hatte ich eine sittliche Verpflichtung zur Unterstützung meiner behinderten Tochter, welche aufgrund ihrer Erkrankung nicht arbeitsfähig ist. Ich leiste daher Unterhalt damit sie das Notwendigste des täglichen Lebens finanzieren kann. Hierbei erwuchsen mir Kosten im Jahr 2019 iHv 6.334,13 Euro (sonstige außergewöhnliche Belastungen).

Ich beantrage somit die Aufhebung des oben genannten Bescheides und die Erlassung eines neuen Bescheides, mit dem die außergewöhnlichen Belastungen geltend gemacht werden."

Beigelegt waren verschiedene Belege über die geltend gemachten Aufwendungen.

Mit Beschwerdevorentscheidung gab das Finanzamt mit folgender Begründung der Beschwerde teilweise statt:

"Der Unterhalt an das Kind mit SVNR ***7*** kann nicht gewährt werden, denn die erhöhte Familienbeihilfe, die für das Kind gewährt wird, genau für solche Aufwendungen gewährt wird.

Außerdem sind Aufwendungen für Lebenshaltungskosten und Versicherungen bei Ihnen selbst keine außergewöhnlichen Belastungen gem. §34 EStG und daher auch keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen, wen diese für Kinder gezahlt werden.

Den pauschalen Freibetrag für den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe, sowie Familienbonus und die Fahrtkosten für Krankenhausbesuche wurden gewährt."

In ihrem Antrag auf Vorlage der Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus:

"Ich bin in der sittlichen Verpflichtung zur Unterstützung meiner erwachsenen, schwerkranken Tochter ***5*** ***3***, geb. ***6***. 50%ige Behinderung ist dauerhaft zuerkannt.

Bis einschließlich September 2018 erhielt ich die zurecht zuerkannte erhöhte Familienbeihilfe, seit Oktober 2018 bekomme ich keinen Cent.

Meine Tochter erhält nur ein Taschengeld von wöchentlich € 120,00. Beweise: Kopie Kontoauszug

sowie handschriftlicher Vermerk über die dauerhafte Sperre ihres Bankkontos.

Ohne meine Unterstützung hätte meine Tochter lebensnotwendigen Bedarf nicht decken können und wäre meine Tochter längst verhungert. Der Richtwert der Schuldnerberatung für einen 1- Personenhaushalt ohne Wohnkosten betrug im Jahr 2018 bereits € 834,00.

Ich beantrage daher, die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen im vollen Umfang anzuerkennen, da sie außergewöhnlich sind, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Wie oben ausgeführt, kommt seit Oktober 2018 kein Cent der erhöhten Familienbeihilfe bei mir und auch bei meiner Tochter an.

Die schwere Erkrankung stellt für uns eine besondere dauerhafte Herausforderung dar, eine weitere finanzielle Beeinträchtigung würde unser ohnedies bescheidenes Leben massiv beeinträchtigen."

Das Finanzamt legte die Beschwerde mit folgendem Bericht dem Bundesfinanzgericht vor:

34 EStG

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) hat im Jahr 2019 Krankheitskosten sowie andere außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 5.049,21€ sowie 6.334,14€ beantragt.

Im Erstbescheid vom wurden diese nicht berücksichtigt, da der entsprechende Vorhalt mit Aufforderung zur Übermittlung von Unterlagen nicht beantwortet wurde.

Am reichte die Bf. Beschwerde ein und übermittelte mehrere Kostenaufstellungen, zwei zahnärztliche Honorarnoten sowie zwei Konto-Umsatzlisten. Dabei gab sie an, dass die Krankheitskosten sich aus zwei zahnärztlichen Honorarnoten (1 x Implantat 2.240 €, 1 x Krone + 2 x Brücke 1.800 €), Kostenbeiträgen für Medikamente (220,45 €) sowie Fahrtkosten zu ärztlichen Untersuchungen (410,76 €) und zu Kurbehandlungen (378 €) zusammensetzten.

Die sonstigen außergewöhnlichen Belastungen von 6.334,14 € ergäben sich aus Unterhaltszahlungen an ihre erwachsene, behinderte Tochter von monatlich 350 €, Übernahme der Kosten für deren Haushaltsversicherung von monatlich 17,85 €, Kosten für Medikamente und Selbstbehalte der Tochter von 733,01 € sowie Fahrtkosten für Besuche im Krankenhaus von 1.401,12 €.

Der Beschwerde wurde teilweise stattgegeben und die gesamten geltend gemachten Krankheitskosten sowie überdies der Familienbonus Plus gewährt. Darüber hinaus wurde der Bf. der Pauschalbetrag wegen Behinderung eines Kindes zugesprochen. Der Unterhalt an die Tochter wurde nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt.

Am brachte die Bf. den Vorlageantrag ein.

Die Tochter der Bf., ***5*** ***3*** (***7***) weist laut Bescheinigung des Bundessozialamtes einen Grad der Behinderung von 50% auf und bezog bis einschließlich Juli 2023 die erhöhte Familienbeihilfe. Eingestellt wurde die Familienbeihilfe mit August 2023 aufgrund eines Schreibens des Erwachsenenvertreters Dr. ***9***f ***8***, in dem mitgeteilt wurde, dass Frau ***5*** ***3*** sich seit ***10*** in ***11*** befindet.

Beweismittel:

Unterlagen der Bf., die der Beschwerde beigelegt wurden

Stellungnahme:

Gemäß § 34 Abs 7 Z 1 EStG sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe, den Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs 3a, den Kindermehrbetrag gemäß § 33 Abs 7 sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs 3 abgegolten.

Darüber hinaus sind gemäß § 34 Abs 7 Z 4 EStG Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Laut Auskunft der Bf. wurden der Tochter Unterhaltsleistungen zur Deckung ihres Lebensbedarfs gewährt. Dabei handelt es sich aber um keine Beträge, die die Tochter als außergewöhnliche Belastung geltend machen könnte.

Aus diesem Grund stellen die Unterhaltszahlungen an die erwachsene Tochter keine außergewöhnliche Belastung dar und können bei der Bf. nicht steuermindernd geltend gemacht werden.

Das Finanzamt beantragt daher die Abweisung der Beschwerde.

Anmerkung:

Bereits im Erstbescheid wurde fälschlicherweise der AEAB zugesprochen. Da die Bf. nicht gemeinsam mit einem Kind wohnt, ersucht das Finanzamt um dahingehende Korrektur."

Laut Auszug aus dem Zentralen Melderegister hatte die Tochter der Beschwerdeführerin im Jahr 2019 einen eigenen Wohnsitz und war an keiner Adresse gemeinsam mit der Beschwerdeführerin gemeldet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Für das Jahr 2019 wurde vom Finanzamt für die behinderte volljährige Tochter der Beschwerdeführerin, ***5*** ***3***, erhöhte Familienbeihilfe ausbezahlt.

Die Beschwerdeführerin bezahlte einen fixen Betrag als monatlichen Unterhalt sowie diverse haushaltsbedingte Ausgaben für ihre erwachsene Tochter, die die Beschwerdeführerin selbst als Unterhaltsleistungen bezeichnete.

Im Jahr 2019 lebte die Tochter in einem eigenen Haushalt.

Mit Beschwerdevorentscheidung anerkannte das Finanzamt die gesamten geltend gemachten Krankheitskosten sowie den Familienbonus Plus und den Pauschalbetrag wegen Behinderung eines Kindes. Der Unterhalt an die Tochter wurde nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt.

Im Erstbescheid und in der Beschwerdevorentscheidung wurde ein Alleinerzieherabsetzbetrag anerkannt.

Die Unterhaltsleistungen an die Tochter wurden nicht anerkannt.

2. Beweiswürdigung

Dies ergibt sich aus dem bisherigen Verfahren, den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen, dem Vorbringen dazu sowie dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung/Stattgabe)

Rechtliche Bestimmungen:

Einkommensteuergesetz, EStG:

Nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben

§ 20. (1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.

Steuersätze und Steuerabsetzbeträge

§ 33. (1) Die Einkommensteuer beträgt jährlich

für die ersten 11 000 Euro 0%

für Einkommensteile über 11 000 Euro bis 18 000 Euro 25%

für Einkommensteile über 18 000 Euro bis 31 000 Euro 35%

für Einkommensteile über 31 000 Euro bis 60 000 Euro 42%

für Einkommensteile über 60 000 Euro bis 90 000 Euro 48%

für Einkommensteile über 90 000 Euro 50%

Für Einkommensteile über eine Million Euro beträgt der Steuersatz in den Kalenderjahren 2016 bis 2020 55%.

(2) Von dem sich nach Abs. 1 ergebenden Betrag sind Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:

1. Der Familienbonus Plus gemäß Abs. 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs. 1 zu versteuernde Einkommen entfällt.

2. Die Absetzbeträge nach Abs. 4 bis 6.

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

(3a) Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

ab) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.

(4) Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält:

2. Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

(6) Stehen einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zu und erhält er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5, steht ein Pensionistenabsetzbetrag gemäß Z 1 und Z 2 oder gemäß Z 3 zu. Bei Einkünften, die den Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Für die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages gilt:

(7) Ergibt sich nach Abs. 1 eine Einkommensteuer unter 250 Euro und steht der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zu, gilt bei Vorhandensein eines Kindes (§ 106 Abs. 1) Folgendes:

1. Die Differenz zwischen 250 Euro und der Steuer nach Abs. 1 ist als Kindermehrbetrag zu erstatten.

3. Ein Kindermehrbetrag steht nicht zu, wenn für mindestens 330 Tage im Kalenderjahr steuerfreie Leistungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a, lit. c oder Leistungen aus der Grundversorgung oder Mindestsicherung bezogen wurden.

Dieser Betrag erhöht sich für jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um den Betrag von 250 Euro oder den an seine Stelle tretenden Betrag.

Außergewöhnliche Belastung

§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………………….……. 6%.

mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….…………………………… 8%.

mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro …………………………........................................... 10%.

mehr als 36 400 Euro ……………………………………………..………………………... 12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt

- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht

- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt

- für jedes Kind (§ 106).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

- Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, soweit sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).

- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

(7) Für Unterhaltsleistungen gilt folgendes:

1. Unterhaltsleistungen für ein Kind sind durch die Familienbeihilfe, den Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a, den Kindermehrbetrag gemäß § 33 Abs. 7 sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.

2. Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

4.Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs. 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen.

5. (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

Anwendung auf den Beschwerdefall:

1) Unterhaltsleistungen

Gemäß § 34 Abs 7 Z 4 wären Unterhaltleistungen nur dann absetzbar, wenn sie bei der Beschwerdeführerin selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.

Die Lebenshaltungskosten der Beschwerdeführerin können von ihr nicht als Ausgaben abgezogen werden.

Damit können von der Beschwerdeführerin die Unterhaltsleistungen (Lebenshaltungskosten) an ihre volljährige Tochter nicht von den Einkünften der Beschwerdeführerin abgezogen werden.

Der Beschwerdeführerin wurden ihre Unterhaltsleistungen an die Tochter im Rahmen der vom Einkommensteuergesetz bestehenden Bestimmungen gemäß § 34 Abs. 7 Z 1 durch die Familienbeihilfe, den Familienbonus Plus und dem Kinderabsetzbetrag berücksichtigt und abgegolten.

Die Unterhaltsleistungen können daher nicht anerkannt werden.

2) Alleinerzieherabsetzbetrag:

Ein Alleinerzieherabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG steht nur zu, wenn der Alleinerziehende mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt.

Die Beschwerdeführerin lebte im Jahr 2019 nicht in Gemeinschaft mit ihrer volljährigen Tochter. Wie aus dem Zentralen Melderegister ersichtlich haben die Beschwerdeführerin und ihre Tochter schon seit vielen Jahren nicht mehr in Gemeinschaft gelebt und hatten getrennte Wohnsitze.

Der Alleinerzieherabsetzbetrag wurde daher zu Unrecht gewährt und ist nicht zu berücksichtigen.

Da der Alleinerzieherbetrag nicht zusteht, ist der Selbstbehalt für die außergewöhnliche Belastung mit 9% und nicht mit 8% der Bemessungsgrundlage zu berechnen.

Die Berechnung ist der Beilage zu entnehmen.

3) Die gesamten geltend gemachten Krankheitskosten wurden aufgrund des Nachweises in der Beschwerde anerkannt und werden diese wie in der Beschwerdevorentscheidung auch vom Bundesfinanzgericht anerkannt und berücksichtigt.

Der Beschwerde ist daher teilweise stattzugeben.

Die Berechnung der Einkommensteuer ist dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen.

Beilagen: Berechnung des Selbstbehaltes der außergewöhnlichen Belastung

Berechnung der Einkommensteuer 2019

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung Sachverhaltsfeststellungen zu treffen hatte und die rechtlichen Schlussfolgerungen den eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen folgen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7102853.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
EAAAF-43927