Parkometer; Verwendung der Kopie eines Behindertenausweises
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/246700707309/2024, zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 des Gesetzes über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG zweiter Fall eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/246700707309/2024, hat der Magistrat der Stadt Wien als belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei ***Bf1*** angelastet, sie habe die Parkometerabgabe verkürzt, indem sie das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 13:13 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1150 Wien, Dadlergasse 6, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.
Dadurch habe die beschwerdeführende Partei die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die beschwerdeführende Partei gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 200,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag und 23 Stunden verhängt.
Ferner wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG ein Betrag von € 20,00, das sind 10% der Strafe, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) belief sich daher auf € 220,00.
Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:
"Sie haben das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 13:13 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1150 Wien, Dadlergasse 6 abgestellt, ohne die Parkometerabgabe entrichtet und dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet zu haben. Im Fahrzeug befand sich lediglich die Kopie des Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nr. ***2***.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Anzeige, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde, in die, von diesem, angefertigten Fotos sowie in die erteilte Lenkerauskunft.
Die Übertretung wurde Ihnen mittels einer Aufforderung zur Rechtfertigung gemäß § 42 VStG angelastet und wurde Ihnen die Möglichkeit geboten, dazu Stellung zu nehmen sowie die Ihrer Verteidigung dienenden Tatsachen und Beweise vorzulegen.
In Ihrer Rechtfertigung brachten Sie im Wesentlichen vor, dass Sie Frau ***3*** mit dem Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** befördert hätten und das Fahrzeug nahe zu Ihrem Wohnort abgestellt hätten. Die Behauptung, dass es sich um eine Kopie des Ausweises handelt, sei nicht nachvollziehbar.
Es ist im Zuge des Ermittlungsverfahrens hervorgekommen, dass die Parkometerabgabe nicht vorsätzlich - wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung angelastet - hinterzogen, sondern im gegenständlichen Fall lediglich fahrlässig verkürzt wurde. Da die Behörde verpflichtet ist, den Sachverhalt richtig festzustellen bzw. in der Folge innerhalb der gemäß § 31 Abs. 1 VStG bestimmten 12-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist (ab Tatdatum) auch korrekt und konkret anzulasten, wurde nunmehr die Tatanlastung hinsichtlich des Tatbestandes im gegenständlichen Straferkenntnis entsprechend geändert.
Unbestritten blieb somit Ihre Lenkereigenschaft, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war sowie die Nichtentrichtung der Parkometerabgabe.
Im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist Folgendes festzuhalten:
Die erkennende Behörde schenkt der Anzeige des Meldungslegers, welche als taugliches Beweismittel anzusehen ist ( ZI. 90/18/0079), Glauben, denn es bestand kein Anlass, an den gemachten Angaben zu zweifeln, waren diese doch klar, nachvollziehbar und auch widerspruchsfrei.
Aus dem Akt ergab sich außerdem kein Anhaltspunkt dafür, dass er eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig belasten und leichtfertig einem Verwaltungsstrafverfahren aussetzen hätte wollen.
Sie hatten hingegen sehr wohl Interesse daran, eine Gegendarstellung abzugeben, die geeignet ist, Sie von dem gegen Sie erhobenen Tatvorwurf zu entlasten.
In Ihrer Rechtfertigung gaben Sie an, dass der Tatvorhalt, es würde sich um eine Ausweiskopie handeln, nicht nachvollziehbar sei, jedoch haben Sie Ihre Ausführungen weder konkret untermauert, noch trotz schriftlicher Aufforderung durch geeignete Beweismittel glaubhaft gemacht. Das von Ihnen anlässlich Ihrer Stellungnahme übermittelte Foto beweist nicht, dass es sich beim hinterlegten Ausweis nicht um eine Kopie handelt.
Ihre bloße Erklärung, der Vorhalt der Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretung sei nicht richtig, ist nicht ausreichend, diese zu widerlegen. Vielmehr ist es Ihre Aufgabe, konkreten Erhebungsergebnissen nicht nur Behauptungen entgegen zu setzen, sondern auch entsprechende Beweise anzubieten. Geschieht dies nicht, ist die Behörde nicht gehalten, auf Grund unbestimmter und allgemein gehaltener Einwendungen weitere Beweiserhebungen durchzuführen (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zahl 89/02/0188 und vom , Zahl 85/03/0074).
Den Beschuldigten trifft im Verwaltungsstrafverfahren eine Mitwirkungspflicht, welche es erfordert, die Verantwortung nicht darauf zu beschränken, die vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen entsprechende Beweise entgegenzusetzen. Unterlässt er dies, so bedeutet es keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Beweiserhebungen durchführt.
Ihre Einwendungen waren somit nicht geeignet, Sie vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten. Sie haben Sie sich lediglich darauf beschränkt, die Ihnen angelastete Übertretung zu bestreiten, jedoch keine entscheidungsrelevanten Sachverhalte vorgelegt.
Der Meldungsleger unterliegt auf Grund seines Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und muss bei deren Verletzung mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen rechnen, hingegen treffen den Beschuldigten keine derartigen Pflichten bzw. Sanktionen.
Bei Abwägung der Angaben des anzeigelegenden Organes und Ihrer Rechtfertigung als Beschuldigter, der in der Wahl seiner Verteidigung völlig frei ist, kann die Übertretung als erwiesen angesehen werden.
Dazu wird Folgendes festgestellt:
Gemäß § 1 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 iVm § 1 Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten. Beim festgestellten Abstellort handelt es sich um eine ausgewiesene Kurzparkzone. Jede*r Lenker*in eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der*die ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).
§ 6 der Parkometerabgabeverordnung zählt jene Fälle, für die die Abgaben nicht zu entrichten ist, taxativ auf.
Die Abgabe ist nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhaberinnen eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind (§ 6 lit. g Parkometerabgabeverordnung, ABI. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung).
Diese Kennzeichnung des Fahrzeuges mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 wirkt sohin ausschließlich dann abgabenbefreiend, wenn das Originaldokument zur Kennzeichnung verwendet und die Ausweisinhaberin*der Ausweisinhaber das Fahrzeug selbst lenkt oder mit diesem befördert wird.
Im Fahrzeug befand sich jedoch lediglich die Farbkopie des Ausweises gern. § 29b StVO Nr. ***2***. Die Verwendung einer Kopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO fällt nicht unter die zitierte Ausnahmebestimmung, sodass die Parkometerabgabe zu entrichten war.
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.
Sie haben sohin den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach der im Spruch zitierten Bestimmung verwirklicht und ist die angelastete Übertretung daher als erwiesen anzusehen. Aufgrund Ihres vorwerfbaren Verhaltens haben Sie die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit verkürzt.
Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).
Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Jedes Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe zu entrichten, schädigt in nicht unerheblichem Maße das öffentliche Interesse sowohl an der Entrichtung von Abgaben als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.
Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gering.
Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.
Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.
Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal weitere Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.
Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."
In der Beschwerde vom wurde ausgeführt:
"Bezugnehmend auf die Straferkenntnis vom zu GZ MA67/246700707309/2024 teile ich mit, dass die darin gegen mich vorgebrachten Anschuldigungen nicht den Tatsachen entsprechen. Diese beruhen auf Behauptungen, die offenbar auf der falschen Wahrnehmung des Prüforgans beruhen. Ich stelle daher den Antrag, meine Beschwerde an die nächsthöhere Instanz weiterzuleiten."
In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde seitens der Vertreterin der belangten Behörde vorgebracht, dass bereits im Jahr 2023 zwei Verfahren anhängig gewensen seien, die die Verwendung des gegenständlichen Behindertenausweises zum Gegenstand gehabt hätten. Das KFZ sei damals in einem kennzeichenbezogenen Halte- und Parkverbot, abgestellt worden, damals sei ebenfalls eine Kopie des Behindertenausweises verwendet worden. Der Strafbescheid in der Parkometerstrafsache sei damals rechtskräftig geworden, der Strafbescheid wegen der Verletzung des Halte- und Parkverbotes sei vom Verwaltungsgericht Wien bestätigt worden. Weitere Verfahren seien anhängig und noch nicht abgeschlossen.
Die beschwerdeführende Partei hielt fest, dass in dem Umstand, dass der Strafbescheid in der Parkometerstrafsache im Jahr 2023 rechtskräftig geworden sei, kein Eingeständnis zu erblicken sei, dass damals ein kopierter Behindertenausweis verwendet worden sei. Da lediglich eine Strafe von € 60 verhängt worden sei, habe man aus wirtschaftlichen Gründen von einem Rechtsmittel Abstand genommen.
Die Vertreterin der belangten Behörde wies über Vorhalt des von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten, originalen Parkausweises für Behinderte mit der Nummer ***2*** darauf hin, dass auf dem vom Kontrollorgan angefertigten Fotos des Ausweises am oberen und unteren Rand schmale weiße Streifen ersichtlich seien, dass der Hintergrund des Rollstuhls einen anderen Farbton aufweise und dass der Stempel der ausstellenden Behörde noch gut ersichtlich sei, während der auf dem Original schon stark ausgebleicht sei.
Die beschwerdeführende Partei gab dazu an, dass ihre Mutter im Sommer 2024 viel mit dem Bruder der beschwerdeführenden Partei unterwegs gewesen sei und sie daher annehme, dass der Stempel des Ausweises dabei ausgebleicht sei. Die weißen Ränder könnten auch eine Spiegelung sein, die Folierung des Originalausweises sei aufgegangen und offenbar sei Feuchtigkeit eingedrungen.
Die Vertreterin der belangten Behörde brachte dazu vor, dass auf dem anlässlich der Verfahren aus dem Jahr 2023 angefertigten Fotos (Tatzeit ) der Stempel ebenfalls bereits ausgebleicht sei, und legte die diesbezügliche Anzeige samt Fotos vor.
Die beschwerdeführende Partei entgegnete, dass auf den vom Kontrollorgan angefertigten Fotos der Stempel kaum sichtbar und offenbar eine Spiegelung aufgetreten sei.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Sachverhalt:
Die beschwerdeführende Partei hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am gelenkt und um 13:13 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1150 Wien, Dadlergasse 6, abgestellt und zum Beanstandungszeitpunkt eine Farbkopie eines auf ihre Mutter ausgestellten Parkausweises für Behinderte nach § 29b StVO hinterlegt gehabt. Weder war ein ausgefüllter Papierparkschein hinterlegt, noch war ein elektronischer Parkschein aktiviert.
Beweiswürdigung:
Dass die beschwerdeführende Partei das verfahrensgegenständliche, mehrspurigen Kraftfahrzeug gelenkt hat, ergibt sich aus der im Verfahrensakt befindlichen Lenkererhebung.
Ebenfalls aktenkundig und unbestritten sind Abstellort und- zeitpunkt sowie die Tatsache, dass weder ein Papierparkschein ausgefüllt noch ein elektronischer Parkschein aktiviert war.
Dass eine Farbkopie eines auf die Mutter der beschwerdeführenden Partei ausgestellten Behindertenparkausweises hinterlegt war, ergibt sich insbesondere aus den im Zuge der mündlichen Verhandlung abgegeben und als glaubwürdig erachteten Ausführungen des Parkraumüberwachungsorgans (Zeugin ***Z***), welches unter Wahrheitspflicht stand. Die Zeugin hat insbesondere angegeben, dass sie den im Fahrzeug hinterlegten Behindertenausweis aufgrund der schmalen weißen Ränder als Farbkopie identifiziert hat. Diese Ränder sind auch auf den von der Zeugin angefertigten Fotos ersichtlich. Der in der mündlichen Verhandlung vom vorgewiesene Originalausweis weist derartige Ränder nicht auf. Auf einen weiteren, von der Zeugin auf ihrem PDA vorgewiesenen und dem Gericht noch während der Verhandlung auch per E-Mail übermittelten Foto sind zudem auf dem blauen Hintergrund des Rollstuhl-Logos waagerechte Streifen zu erkennen, wie sie bisweilen bei einer Kopie bzw. einem Ausdruck entstehen (das Original weist derartige Streifen nicht auf). Weiters ist auf den von der Zeugin angefertigten Fotos der Stempel der ausstellenden Behörde deutlich sichtbar, während er auf dem Originalausweis bereits stark ausgebleicht ist. Dass dies nicht erst nach dem Tatzeitpunkt () im Sommer 2024 passiert sein konnte, ergibt sich daraus, dass der Stempel auf den von der belangten Behörde als Bestandteil der Anzeige vom vorgelegten, am angefertigten Fotos ebenfalls ausgebleicht ist. Dies bedeutet, dass - unabhängig davon, ob am das Original oder eine Kopie verwendet wurde - das Original zum damaligen Zeitpunkt jedenfalls bereits ausgebleicht war und am eine Kopie verwendet worden sein musste, die vor dem angefertigt wurde, als der Stempel noch nicht ausgebleicht war.
Rechtliche Würdigung:
§ 22 Abs. 1 VStG 1991 normiert:
"(1) Soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, ist eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet."
Dieser Vorrang des Kriminalstrafrechts besteht immer schon dann, wenn der in Rede stehende Sachverhalt einem gerichtlichen Straftatbestand subsumierbar ist (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 22 Rz 3).
Durch das Einlegen einer Farbkopie eines Behindertenparkausweises wurde gemäß § 5 Abs. 2 iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 die Parkometerabgabe hinterzogen. Gleichzeitig steht damit aber auch die mögliche Täuschung eines kontrollierenden Organs über die Berichtigung zur kostenlosen Nutzung des Parkplatzes und eine Vermögensschädigung der Gemeinde Wien im Raum.
Nach der Rechtsprechung des OGH (vgl. , Rz 9), ist die gegenständliche Tat sowohl unter "[...] § 146 StGB als auch § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006 subsumierbar. Aufgrund des tateinheitlichen Zusammentreffens der gerichtlich strafbaren Handlung mit der Verwaltungsübertretung ist Letztere (ungeachtet der Herkunft konkurrierender Normen von unterschiedlichen Gesetzgebern [Bund/Land]) gemäß § 22 Abs 1 VStG nicht strafbar und darf die Tat nur wegen des gerichtlichen Tatbestands verfolgt werden".
Der Magistrat Wien war daher zur Erlassung des beschwerdegegenständlichen Straferkenntnisses nicht zuständig (vgl. auch Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 22 Rz 6).
§ 45 VStG normiert:
"(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat […] keine Verwaltungsübertretung bildet"
Keine Verwaltungsübertretung liegt vor, wenn eine an sich bestehende verwaltungsbehördliche Strafbarkeit hinter eine gerichtliche zurücktritt, sodass im Ergebnis auch keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist (vgl. Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3 § 45 Rz 3, mwN).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.
Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass das gegenständliche Straferkenntnis auch dann aufzuheben gewesen wäre, wenn die Beschwerdeführerin den Originalausweis im Fahrzeug hinterlegt hätte: Sollte sie am ihre Mutter befördert haben, wäre die Parkometerabgabe nicht zu entrichten gewesen (§ 6 lit. g Wr. Parkometerabgabeverordnung) und wäre demnach der Tatbestand der Verkürzung nicht erfüllt; sollte sie ihre Mutter nicht befördert haben, wäre die Verwendung des Ausweises unzulässig gewesen und stünde demnach wiederum eine Täuschung und Vermögensschädigung der Gemeinde Wien und damit eine gerichtliche Strafbarkeit im Raum, welche die verwaltungsbehördliche Strafbarkeit verdrängen würde. Eine Strafbarkeit nach § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung i.V.m. § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 ist daher in derartigen Fällen grundsätzlich nicht denkbar.
§ 78 StPO normiert:
"(1) Wird einer Behörde oder öffentlichen Dienststelle der Verdacht einer Straftat bekannt, die ihren gesetzmäßigen Wirkungsbereich betrifft, so ist sie zur Anzeige an Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft verpflichtet."
Da dem Bundesfinanzgericht in amtlicher Eigenschaft der Verdacht von Straftaten bekannt geworden ist, wird das gegenständliche Erkenntnis samt Sachverhaltsdarstellung und Kopie des Verwaltungsaktes an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.
Kostenentscheidung
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision durch die belangte Behörde zulässig. Der gegenständlichen Rechtsfrage kommt deswegen grundsätzliche Bedeutung zu, weil Rechtsprechung des VwGH zur Zuständigkeitsfrage im konkreten Fall fehlt.
Die Revision des Beschwerdeführerin ist hingegen unzulässig. Nach § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 € und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 € verhängt wurde.
Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor, ist in § 4 Abs. 1 des (Wiener) Parkometergesetzes 2006 doch lediglich eine Geldstrafe bis zu 365 € vorgesehen und muss es sich bei der in § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen "Freiheitsstrafe" um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. , Rz 3f; , Ra 2021/16/0020, mwN).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7500495.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAF-43916