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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 03.12.2024, RV/7103201/2024

Kein Vorlageantrag, wenn über FinanzOnline nicht richtiger Button angeklickt wurde und inhaltlich kein Antrag auf Vorlage vorliegt

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7103201/2024-RS1
Eine Eingabe, aus der kein Antrag auf Vorlage hervorgeht, die nicht unter dem Titel "Vorlageantrag" sondern als neuerliche Beschwerde - die nach FinanzOnline technisch nicht nochmal gegen den Erstbescheid eingegeben, sondern gezwungenermaßen nur gegen den Zweitbescheid (die Beschwerdevorentscheidung) gerichtet werden kann - ohne diese zu bezeichnen, ist kein Vorlageantrag iSd § 264 BAO.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid/die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer beschlossen:

Die Parteien werden gemäß § 281a BAO formlos in Kenntnis gesetzt, dass nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts in Bezug auf die gegenständliche Beschwerde vom gegen den Bescheid vom ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde.

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Begründung

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge als Bf bezeichnet) reichte seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 am ein.

Er beantragte Alleinerzieherabsetzbetrag, Kindermehrbetrag, Mehrkindzuschlag, weiters als Werbungskosten eine Pendlerpauschale iHv € 2.400,00, den Pendlereuro iHv € 1.500,00, Gewerkschaftsbeiträge iHv € 600,00, Pflichtbeiträge aufgrund einer geringfügigen Beschäftigung iHv € 4.080,00, andere Arbeitsmittel iHv € 1.200,00 sowie als außergewöhnliche Belastungen Krankheitskosten iHv 500,00 und Begräbniskosten iHv € 709,00 etc.

Am erging ein Ergänzungsersuchen an den Steuerpflichtigen. Er wurde darum ersucht, Lohnzettel bzw. Bestätigungen seiner Dienstgeber vorzulegen, da die Jahreslohnzettel seiner Dienstgeber bis zum damaligen Zeitpunkt nicht eingelangt waren. Weiters wurde er darum ersucht einen Auszug aus dem Pendlerrechner, eine Bestätigung der Österreichischen Gesundheitskasse bezüglich der Pflichtbeiträge, eine Bestätigung über den Gewerkschaftsbeitrag sowie Aufstellungen über sämtliche anderen Werbungskosten und außergewöhnliche Belastungen zu übermitteln.

Das Ersuchen blieb im Wesentlichen unbeantwortet und die belangte Behörde wies in der Folge mangels Vorhaltsbeantwortung und Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung mit Bescheid vom ab.

Der am gestellte Antrags des Steuerpflichtigen auf Wiederaufnahme gemäß § 303 BAO inklusive Versicherungsdatenauszug wurde von der belangten Behörde als neuerlicher Antrag auf Veranlagung gewertet und am ein weiteres Ergänzungsersuchen an den Steuerpflichtigen geschickt wegen des nach wie vor ausständigen Lohnzettels eines Dienstgebers.

Da dieses ebenfalls unbeantwortet blieb, erging am der gegenständliche Einkommensteuerbescheid auf Grundlage der aufliegenden Unterlagen und wurde elektronisch über FinanzOnline am selben Tag zugestellt. Es gibt keinerlei Vorbringen dahingehend, dass der Bf zu dieser Zeit ortsabwesend gewesen wäre.

Am erhob der Steuerpflichtige dagegen Beschwerde und beantragt den Alleinerzieherabsetzbetrag.

Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als verspätet zurückgewiesen.

Am richtete der Steuerpflichtige ein weiteres Schreiben an die Abgabenbehörde mit dem Ersuchen um eine erneute Überprüfung mit folgendem Einzeiler-Text:

"Ich bitte um eine erneute Überprüfung. Können Sie mir bitte helfen?"

Dieses Schreiben wurde von der belangten Behörde als Vorlageantrag gewertet.

Per Ergänzungsersuchen vom wurde der Steuerpflichtige darum ersucht, bekannt zu geben, warum die Beschwerde vom als rechtzeitig erachtet werden sollte. Er wurde weiters darum ersucht, bekannt zu geben, welche Änderungen zum Erstbescheid gewünscht seien und entsprechende Nachweise vorzulegen. Das Ergänzungsersuchen blieb unbeantwortet und der Akt wurde dem Bundesfinanzgericht am vorgelegt.

Gemäß § 245 BAO beträgt die Frist zur Einbringung einer Beschwerde einen Monat ab Bekanntgabe des Bescheides. Die Zustellung an den Bf erfolgte elektronisch per FinanzOnline am selben Tag der Erstellung, also am . Da die Frist von einem Monat bei Einlangen der Beschwerde am daher bereits abgelaufen war, wurde die Beschwerde gemäß § 260 BAO zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Vielmehr war für den gegenständlichen Fall aber zu prüfen, ob ein Vorlageantrag überhaupt vorliegt.

Im Zuge der diesbezüglichen Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes in Hinblick auf den oben genannten, im elektronischen Akt lediglich als Freitext ersichtlichen Satz des Bf, in dem er - wortgleich wie in der gegenständlichen Beschwerde - um Überprüfung und Hilfe bittet, kontaktierte die zuständige Richtern am die belangte Behörde, um zu erfragen, ob es in FinanzOnline einen Nachweis gibt, dass der Bf einen Vorlageantrag stellen wollte, wie zB einen eigenen Button zum Anklicken für Vorlageanträge etc.

Die belangte Behörde bestätigte, dass es einen Button für Vorlageanträge gibt, dieser aber vom Bf nicht gedrückt wurde, weil er den Einzeiler unter dem Button "Beschwerde" nochmals eingegeben hatte, führte aber auch aus, dass die belangte Behörde auf den FinanzOnline Verlauf im Detail nicht zugreifen könne und bot an, zu diesem Zweck, mit dem Bundesministerium für Finanzen diesbezüglich Kontakt aufzunehmen, um die Daten aus FinanzOnline für den gegenständlichen Akt auswerten zu können.

Die Richterin ersuchte darum und in der Folge um Übermittlung der diesbezüglichen Ergebnisse zum gegenständlichen Akt.

Am übermittelte die belangte Behörde eine Nachreichung zum gegenständlichen Akt und einen Teilauszug aus Finanzonline.

Die belangte Behörde hätte nach Auswertung durch das Bundesministerium für Finanzen festgestellt, dass die Beschwerde vom sich gegen den Zurückweisungsbescheid vom gerichtet hätte und somit nicht als Vorlageantrag zu werten sei.

Laut IT wäre via Finanzonline mit eine Beschwerde eingebracht worden und als Datum wogegen die Beschwerde sich richtet, hätte technisch nur das Datum vom ausgewählt werden können - technisch sei es anscheinend nicht möglich, zweimal eine Beschwerde gegen denselben Erstbescheid einzubringen. Ob es technisch überhaupt möglich gewesen wäre, einen Vorlageantrag einzubringen, hätte daher nicht 100%ig festgestellt werden können.

Die Beschwerde vom richte sich somit gegen den Zurückweisungsbescheid und sei somit vom Finanzamt Österreich zu entscheiden.

Das Bundesfinanzgericht teilt die Ansicht der belangten Behörde, dass kein Vorlageantrag vorliegt, allerdings nicht die Begründung dafür.

Im Zusammenhang damit, dass der Einzeiler des Bf nachweislich als Beschwerde eingebracht wurde, aber technisch nur das Datum der Beschwerdevorentscheidung ausgewählt werden konnte, ist zu beachten, dass es keinen gesonderten Zurückweisungsbescheid gibt, sondern dass dieser gleichzeitig die Beschwerdevorentscheidung ist:

Die Beschwerdevorentscheidung hat lediglich mit Zurückweisung abgesprochen.

Trotzdem haben die Ermittlungen ergeben, dass kein Vorlageantrag vorliegt:

Auf Grund der technischen Auswertungen im Zuge der Ermittlungen und der aus den Finanzanwendungen ablesbaren Anmerkung des Einzeilers als Beschwerde steht nunmehr fest, dass der Bf den Button "Vorlageantrag" in FinanzOnline nicht angeklickt hat, sondern die Eingabe erneut nach Klicken des Buttons "Beschwerde" gemacht hat.

Der Bf hat lediglich ein zweites Mal denselben Text wie in der Bescheidbeschwerde verwendet, die Beschwerdevorentscheidung aber überhaupt nicht erwähnt. Dem Text ist auch nichts zu entnehmen, das auf eine gewünschte Vorlage an das Gericht Rückschlüsse zulässt. Die Beschwerdevorentscheidung wird nicht einmal erwähnt.

Diese Ansicht wird noch verstärkt durch die technischen IT-Auswertungen des Bundesministeriums für Finanzen, die die belangte Behörde übermittelt hat und die besagen, dass via Finanzonline mit zwar eine Beschwerde eingebracht wurde, diese jedoch überhaupt nur gegen den 2. Gegenständlichen Bescheid vom - die Beschwerdevorentscheidung - technisch eingebracht werden konnte, weil es technisch anscheinend nicht möglich ist, zweimal eine Beschwerde gegen denselben Erstbescheid einzubringen. Es ist technisch auch nicht feststellbar, ob überhaupt der Button Vorlageantrag anklickbar gewesen wäre.

Es ist daher auf Grund der Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes augenscheinlich, dass der Bf eine 2. Beschwerde (gezwungenermaßen durch die Anwendung von FinanzOnline "nur" gegen die Beschwerdevorentscheidung und nicht den Erstbescheid) gestellt hat, weil er technisch nicht anders konnte - und keinen Vorlageantrag. Offensichtlich wollte er so erreichen, dass das Finanzamt ihm seine steuerlichen Anträge zuerkennt, daher auch derselbe Text wie in der gegenständlichen Beschwerde.

Da der Bf scheinbar nicht über versierte Rechts- oder Deutschkenntnisse verfügt, kann nicht erwartet werden, dass er weiß, dass es keine 2. Beschwerde gegen denselben Erstbescheid gibt, zumal nicht einmal sicher ist, ob er den Button Vorlageantrag überhaupt hätte anklicken können.

Demzufolge war in der Gesamtbetrachtung der Einzeiler de facto kein Vorlageantrag. Daher war auch die fehlende Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung gem. § 264 BAO in dem Text nicht mit Mängelbehebungsauftrag zu rügen.

Im Ergebnis sind daher die Parteien formlos gemäß § 281a BAO über den nicht vorhandenen Vorlageantrag zu informieren.

Da die Frist für die Stellung dieses Vorlageantrages bereits im August 2019 abgelaufen ist, kann dieser auch nicht mehr nachgeholt werden, und ist überdies das Beschwerdeverfahren einzustellen.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gem. Art 133 Abs 4 und Abs 9 B-VG iVm § 25a Abs 1 VwGG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen, ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Demzufolge ist die Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103201.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
GAAAF-43666