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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.12.2024, RV/7103796/2023

Zuzugsbegünstigung; keine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Judith Daniela Herdin-Winter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Antrag auf Zuerkennung des Zuzugsfreibetrages gem. § 103 Abs. 1a EStG 1988 vom , zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Zuzugsfreibetrages gem. § 103 Abs. 1a EStG 1988 von der belangten Behörde abgewiesen. Zur Begründung führte diese aus, dass der Beschwerdeführer nicht dem Personenkreis gem. § 2 Abs. 2 Z 2 ZBV 2016 angehörte, da zum Zuzugszeitpunkt keine Habilitation nach österreichischem Vorbild vorlag.

Es sei daher eine materielle Einzelfallbeurteilung vorzunehmen gewesen. Der Beschwerdeführer habe durch Vorlage seiner Unterlagen nicht in einer nachvollziehbaren Weise darlegen können, dass seine Tätigkeiten überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV 2016 bestand. Überdies könne eine Lehrtätigkeit alleine keine Zuzugsbegünstigung vermitteln, weil dadurch Wissenschaft und Forschung nicht unmittelbar gefördert würden. Da die in § 2 Abs. 1 ZBV 2016 normierten Anspruchsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen, würden sich Ausführungen zum Vorliegen der übrigen Voraussetzungen erübrigen.

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer dagegen Beschwerde und führte aus, dass seine wissenschaftliche Tätigkeit systematisch, konstant und hauptberuflich ausgeübt werde. Die Berufsbezeichnung "Facharzt" entspreche nicht den Tätigkeiten, die er ausgeübt habe bzw. sei der wissenschaftliche Output, den er in den letzten 18 Monaten am K und an der L produziert habe, keine Standard-Leistung. Zudem sei er seit Datum habilitiert. Der wissenschaftliche Output der o Klinik habe sich seit 2020 mehr als verdreifacht.

Außerdem wies der Beschwerdeführer darauf hin, dass er in der Steuererklärung 2021 bereits die Berücksichtigung des Zuzugsfreibetrages beantragt habe und dass er dabei - in Bezug auf sein Gesamteinkommen - von wissenschaftlichen Aktivitäten im Ausmaß von 20% ausgegangen sei. Die Leistungen, die dadurch produziert worden seien, würden aber einem vollzeitbeschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter oder Professor entsprechen.

Auf Vorhalt der belangten Behörde zur Übermittlung von Nachweisen, in welchem prozentuellen Ausmaß sich seine Tätigkeit auf rein ärztliche Tätigkeiten, Forschung, Lehre sowie administrative Aufgaben verteile, führte der Beschwerdeführer aus, dass er seit Mai 2022 seine klinische Tätigkeit in G bzw. den Krankenhäusern der S ausübe, daneben aber auch weiterhin geringfügig an der L angestellt sei. Für 2021 habe er nur für die Tätigkeit an der L eine Begünstigung beantragt, für 2022 werde er die Begünstigung für 20% seines Einkommens - dies entspreche ca. seinen Arbeitsstunden - beantragen.

Mit BVE vom wurde die Beschwerde mit Verweis auf das mangelnde Überwiegen der wissenschaftlichen Tätigkeit als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom wurde ein als Vorlageantrag gewerteter Schriftsatz eingebracht. In diesem führte der Beschwerdeführer aus, dass offensichtlich ein Missverständnis im Begriff Wissenschaftler bestehe. Die klinische Phase werde durch Ärzte, die gleichzeitig Wissenschaftler seien, ausgeführt. Diese Tätigkeit sei nicht trennbar und somit überwiegend wissenschaftlich, denn nur so könne diese Person gleichzeitig Patienten behandeln und wissenschaftlichen Fortschritt erzielen.

Mit E-Mail vom übermittelte der Beschwerdeführer ein Schreiben an das BFG, in dem er erneut betonte, dass er sich als Arzt betrachte, der sich mit Wissenschaft beschäftige. Ein Arzt, der in der klinischen Forschung tätig sei, könne nicht im Labor sein. Seine wissenschaftlichen Leistungen würden seit 2020 bei einem Durchschnitt von über 20 pro Jahr halten. Außerdem sei er seit 2022 an der L habilitiert und in der Lehre sehr aktiv. Seine Leistungen seien nachweislich über dem Niveau eines Universitätsprofessors, bzw. Leiters einer ganzen Forschungseinheit.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer verlegte mit seinen Hauptwohnsitz von N nach Österreich. Davor hatte er Wohnsitze in H.

Mit Sondervertrag vom schloss der Beschwerdeführer einen Arbeitsvertrag mit dem K ab. In diesem wurde u.a. folgendes festgehalten:

"7. Dauer des Dienstverhältnisses: Das Dienstverhältnis wird befristet bis abgeschlossen.

8. Beschäftigt als: Facharzt für o

9. Beschäftigungsausmaß: vollbeschäftigt"

In der Beilage zum Sondervertrag findet sich folgende Bestimmung:

"7. Weiters verpflichtet sich der Dienstnehmer über Aufforderung durch den Dienstgeber beim Aufbau und Betrieb der L insbesondere im Bereich der Lehre mitzuwirken. Ein Anspruch auf Tätigwerden an der L besteht nicht."

Mit Arbeitsvertrag vom schloss der Beschwerdeführer einen Lektorenvertrag mit der L über eine Wochenarbeitszeit von 1,15 Stunden ab.

Der Beschwerdeführer war nach seinem Zuzug nach Österreich nicht überwiegend wissenschaftlich tätig.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen betreffend Zuzugszeitpunkt und Arbeitsverträge ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und sind insoweit unstrittig.

Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht überwiegend wissenschaftlich tätig war:

Der Beschwerdeführer gab im Rahmen seiner Steuererklärung betreffend das Jahr 2021 an, dass seine wissenschaftlichen Aktivitäten in Bezug auf sein Gesamteinkommen im Jahr 2021 20% betragen hätten. Mit Schreiben vom relativierte der Beschwerdeführer diese Aussage und führte unter Verweis auf sein Publikationsverzeichnis aus, dass in der Forschung die klinische Phase durch Ärzte, die gleichzeitig Wissenschaftler seien, ausgeführt werde. Diese Tätigkeit sei nicht trennbar und somit überwiegend wissenschaftlich. Konkrete Nachweise dazu, wie insbesondere eine Arbeitgeberbestätigung, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers am K überwiegend wissenschaftlich gewesen sei, unterblieben jedoch trotz mehrmaliger Vorhalte. Der Beschwerdeführer verwies lediglich wiederholt auf seine Publikationstätigkeit, die seine überwiegende wissenschaftliche Tätigkeit belegen sollte.

Gemäß dem vorliegenden Sondervertrag des Beschwerdeführers mit dem K wurde der Beschwerdeführer als in Vollzeit tätiger Facharzt für o beschäftigt. Der Arbeitsvertrag selbst enthält keine Hinweise auf eine wissenschaftliche Tätigkeit des Beschwerdeführers. Es wird daher insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer seine wissenschaftlichen Aktivitäten in Bezug auf sein Gesamteinkommen im Jahr 2021 selbst auf 20% entfallend angab, davon ausgegangen, dass keine überwiegende wissenschaftliche Tätigkeit des Beschwerdeführers vorlag.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die Bestimmung des § 103 EStG 1988 über die Zuzugsbegünstigung, BGBl. I Nr. 118/2015, idF BGBl. I Nr. 118/2015 lautet auszugsweise:

"(1 a) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft oder Forschung dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen, unabhängig von der Gewährung einer Begünstigung gemäß Abs. 1 aufgrund des Zuzugs für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Zuzugs einen Freibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit festsetzen. Wird der Freibetrag gewährt, können daneben keine weiteren Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Zuzug stehen, geltend gemacht werden.

§ 2 der Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 (ZBV 2016), BGBl. II Nr. 261/2016, lautet auszugsweise:

"Wissenschaft und Forschung

§ 2. (1) Der Zuzug hochqualifizierter Personen aus dem Ausland dient der Förderung von Wissenschaft und Forschung und ist aus diesem Grund im öffentlichen Interesse gelegen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Die Tätigkeit der zuziehenden Person im Bereich der Wissenschaft und Forschung besteht überwiegend in einer wissenschaftlichen Tätigkeit (einschließlich der universitären Erschließung und Entwicklung der Künste). Eine Tätigkeit ist als wissenschaftlich anzusehen, wenn sie auf systematische Weise unter Verwendung wissenschaftlicher Methoden mit dem Ziel durchgeführt wird, den Stand des Wissens zu vermehren sowie neue Anwendungen dieses Wissens zu erarbeiten (Forschung und experimentelle Entwicklung)."

Voraussetzung für die Gewährung einer Begünstigung gem. § 103 Abs. 1a EStG 1988 iVm § 2 Abs. 1 Z 1 ZBV ist daher, dass die Tätigkeit der zuziehenden Person überwiegend eine wissenschaftliche Tätigkeit darstellt.

Gemäß den Feststellungen schloss der Beschwerdeführer am einen Sondervertrag mit dem K ab, durch den dieser als Facharzt für o in Vollzeit beschäftigt wurde. Der Beschwerdeführer übermittelte keine Nachweise (wie z.B. eine entsprechende Arbeitgeberbestätigung), die eine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit im Rahmen seiner Beschäftigung als Facharzt an der K belegen würden. Gemäß dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt lag daher keine überwiegend wissenschaftliche Tätigkeit vor, weshalb die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Zuzugsbegünstigung gem. § 103 EStG schon aus diesem Grund nicht vorlagen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103796.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
KAAAF-43241