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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.09.2024, RV/2100109/2024

Alleinerzieherabsetzbetrag: fehlender Nachweis der Voraussetzungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache von Frau ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zu der Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am reichte die Beschwerdeführerin (in der Folge mit "Bf" abgekürzt) die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung ein, in der sie geringe Werbungskosten, Sonderausgaben und Krankheitskosten erklärte. Der Einkommensteuerbescheid wurde erklärungsgemäß (die Werbungskosten wurden auf das Pauschale von 132,00 Euro erhöht) am erlassen. Dagegen richtete sich die Beschwerde vom , wonach der Familienbonus nicht berechnet worden sei. Als Beilage wurde ein in kroatischer Sprache abgefasstes Dokument betreffend das Kind der Bf von einem Standesamt vorgelegt.

Die Beschwerde wurde vom Finanzamt Österreich mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen, da der Familienbonus plus bereits im Erstbescheid berücksichtigt worden sei. Im dagegen eingereichten Vorlageantrag vom ersuchte die Bf um Erläuterung, wieso die Vorberechnung der Einkommensteuer eine Gutschrift aufweise, der Bescheid hingegen aber eine Nachforderung. Als Beilage wurden das Berechnungsblatt für das Jahr 2021 sowie der Bescheid vorgelegt.

Im Ersuchen um Ergänzung vom wurde die Bf aufgefordert, darzulegen, ob sie im Jahr 2021 mehr als 6 Monate in einer Partnerschaft lebte, weil im Probebescheid der Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt war. Dieses Ersuchen blieb unbeantwortet.

Am legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte in der Stellungnahme aus, dass der Bf die Möglichkeit gegeben wurde, zu ihren Eheverhältnissen Stellung zu nehmen, da sie laut Aktenlage im Jahr 2021 in einer aufrechten Ehe gewesen sei. Da sie auf diesen Vorhalt nicht reagierte und auch sonst keine neuen Fakten vorbrachte, beantragte das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht brachte der Bf nochmals - unter Ausführung der rechtlichen Grundlagen für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages - mittels Vorhalt vom das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes zur Kenntnis und ersuchte um eine Stellungnahme binnen 4 Wochen. Eine nachweisliche Zustellung (durch Hinterlegung am ) erfolgte, jedoch blieb auch dieser Vorhalt unbeantwortet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf war von bis verheiratet (vgl OZ 9, OZ 15 und OZ 16 des BFG-Beschwerdeaktes: Daten der elektronischen Finanzdokumentation sowie Auszüge der Ehegatten aus dem Zentralen Melderegister).

Eine aufrechte Wohnsitzmeldung der Bf in Graz besteht seit (OZ 16 des BFG-Beschwerdeaktes). Der Ehegatte der Bf war seit mit Hauptwohnsitz in Graz gemeldet (OZ 15 des BFG-Beschwerdeaktes). Die Bf hat ein im Jahr 2014 geborenes Kind, für das sie bis einschließlich März 2019 Differenzzahlungen an Familienbeihilfe (Aufenthaltsort Kroatien) und ab April 2019 die volle Familienbeihilfe auf Grund des Aufenthaltes in Österreich bezieht (vgl OZ 17 des BFG-Beschwerdeaktes; Daten der elektronischen Finanzdokumentation).

Der Umstand der nochmaligen Zustellung des Vorhaltes des Finanzamtes durch das Gericht ist durch den Zustellnachweis dokumentiert (siehe OZ 14 des BFG-Beschwerdeaktes).

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur aufrechten Ehe der Bf im Streitjahr gründen sich auf die vom Finanzamt vorgelegten Unterlagen sowie aus den Einträgen im Zentralen Melderegister. Die melderechtlichen Daten ergeben sich aus dem Zentralen Melderegister. Der Umstand, dass die Bf ein Kind hat und für dieses zunächst Differenzzahlungen (Aufenthaltsland Kroatien) und dann ab April 2019 bis laufend volle Familienbeihilfe auf Grund des Aufenthaltes in Österreich bezog (bzw bezieht) ergibt sich aus den Daten der elektronischen Finanzdokumentation (OZ 17 des BFG-Beschwerdeaktes).

Die für den Verfahrensgang wesentlichen Feststellungen ergeben sich aus dem Beschwerdeakt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist gegenständlich, ob der Bf für das Jahr 2021 ein Alleinerzieherabsetzbetrag gem § 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988 zusteht.

Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält. […]. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben (§ 33 Abs 4 Z 2 EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung). (Ehe-)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - EPG eingetragen ist.

Verheirateten steht der Absetzbetrag zu wenn sie von ihrem Ehepartner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr dauernd getrennt leben (vgl. Herzog in Doralt/Kirchmayer/Mayr/Zorn, EStG22 § 33 Rz 49). Das (umgekehrte) Tatbestandsmerkmal des "nicht dauernd getrennt Lebens" ist erfüllt, wenn der Steuerpflichtige mit seinem (Ehe)Partner in Lebensgemeinschaft steht ().

Maßgebend für das Tatbestandsmerkmal "nicht dauernd getrennt zu leben" ist ausschließlich die Sachverhaltsfrage, ob der Steuerpflichtige, der den Alleinerzieherabsetzbetrag beantragt, bei an sich aufrechter Ehe tatsächlich in Gemeinschaft mit seinem Ehegatten lebt oder nicht (vgl ). Die nach der Rechtsprechung für ein Leben in Gemeinschaft geforderte "Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft" kann durchaus unterschiedlich ausgeprägt sein. Es kann sogar eines dieser Merkmale zur Gänze fehlen, ohne dass eine Gemeinschaft nicht mehr vorliegen würde.

Im Zuge der Veranlagung muss die Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den Alleinerzieherabsetzbetrag durch entsprechende Angaben im Rahmen der Einkommensteuererklärung oder der Arbeitnehmerveranlagung abgegeben werden. Der Absetzbetrag ist dann von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2024, § 33 Rz 59, 69).

Gem § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Im übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (vgl Abs 2 leg cit).

Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung (§ 138 Abs 1 BAO). Speziellere Bestimmung für Abgabenerklärungen ist § 161 BAO.

§ 138 Abs 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung nähersteht als die Abgabenbehörde (vgl Ritz/Koran, BAO7 § 138 Rz 1). Ist ein Beweis nach den Umständen nicht zumutbar, so genügt die Glaubhaftmachung; die Glaubhaftmachung setzt die schlüssige Behauptung der maßgeblichen Umstände durch den Abgabepflichtigen voraus (; Ritz/Koran, BAO7 § 138 Rz 5, 6).

Dass die Bf möglicherweise den Alleinerzieherabsetzbetrag im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung berücksichtigt gewusst hätte wollen, ist nur durch die Gegenüberstellung des Berechnungsblattes 2021 sowie des Bescheides vom erkennbar.

Der Bf wurde im Beschwerdeverfahren sodann mehrmals die Möglichkeit eingeräumt - im Sinne der Wahrung des Parteiengehörs gem § 115 Abs 2 BAO - zu der Ausgestaltung der Ehegemeinschaft, die, wenn sie mehr als 6 Monate im strittigen Jahr nicht vorliegt, Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages ist, Stellung zu nehmen. Diesem Ersuchen kam die Bf nachweislich nicht nach und muss das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von der festgestellten Aktenlage, nämlich einer aufrechten ehelichen Gemeinschaft mehr als 6 Monate im Jahr 2021 ausgehen.

Im Übrigen kommt es im Abgabenverfahren auf die Meldung eines Wohnortes im Sinne der melderechtlichen Bestimmungen nicht an. Meldedaten stellen zwar ein Indiz dar, von ausschlaggebender Bedeutung sind jedoch die tatsächlichen Verhältnisse (vgl allgemein für die Betrachtungsweise im Steuerrecht mit weiterführenden Hinweisen auf die Rechtsprechung Ritz/Koran, BAO7 (2021) § 26 Rz 7). Dem Umstand, dass der Ehegatte der Bf im Jahr 2021 in Österreich gemeldet war, für die Bf jedoch kein Eintrag im österreichischen Zentralen Melderegisters vorliegt, ist daher nicht weiter Gewicht beizumessen, insbesondere, weil ein Aufenthalt der Bf in Österreich auf Grund der Gewährung der vollen Familienbeihilfe für ihr minderjähriges Kind ab April 2019 mit Aufenthaltsland Österreich naheliegend ist.

Auf Grund des Umstandes der aufrechten Ehe im streitgegenständlichen Jahr, steht der Bf der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zu und war die Beschwerde daher abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Fall die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht vor (vgl ).Die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, sodass diesbezüglich ebenfalls keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100109.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at