BILANZIERUNG | Folgebewertung von derivativen Firmenwerten (AFRAC 41)
Von ICON am
Hochreiter Barbara | Vrba Maria
Die AFRAC-Stellungnahme 41 vom März 2024 behandelt die Folgebewertung von entgeltlich erworbenen Geschäfts- bzw Firmenwerten und somit insbesondere deren planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen. Die neue AFRAC-Stellungnahme vertieft die gebotenen Verfahren für die Zuordnung und Bewertung derivativer Firmenwerte in Jahres- und Konzernabschlüssen nach österreichischen Rechnungslegungsvorschriften (UGB), welche essenziell für die finanzielle Transparenz und strategische Planung von Unternehmen sind. Im Folgenden fassen wir die Kerninhalte der AFRAC-Stellungnahme 41 zusammen.
Das Austrian Financial Reporting and Auditing Committee (AFRAC) ist die maßgebliche Institution für die Festlegung von Rechnungslegungsstandards in Österreich. Die Finalfassung der neuen AFRAC-Stellungnahme 41 “Die Folgebewertung von derivativen Firmenwerten in Jahres- und Konzernabschlüssen (UGB)” wurde im März 2024 veröffentlicht und ist als bilanzrechtliche Ergänzung zur zuletzt im Dezember 2022 überarbeiteten AFRAC-Stellungnahme 24 “Die Bewertung von Beteiligungen im Jahresabschluss nach dem UGB” anzusehen, womit die Folgebewertung von Beteiligungen (Unternehmensanteilen) und Firmenwerten (Unternehmen bzw Geschäftsfelder von Unternehmen) als gemeinsamer Bilanzierungsstandard für Einzel- und Konzernabschlüsse geregelt wurde (vgl zur letzten Überarbeitung von AFRAC 24 auch unseren NL-Beitrag “BILANZIERUNG | Aktuelle Hinweise für den Jahresabschluss 2022” vom ). AFRAC 41 umfasst jedoch keine Regelungen zum Erstansatz (Kaufpreisallokation), sondern wird dies für die Folgebewertung gleichsam vorausgesetzt.
Die der AFRAC-Stellungnahme 41 zugrunde liegenden Gesetzesbestimmungen sind die firmenwertrelevanten Rechtsnormen im Unternehmensgesetzbuch (insb. daher die Kernbestimmung zum Geschäfts- bzw Firmenwert (§ 203 Abs 5 UGB definiert den FW als Differenzbetrag zwischen der Gegenleistung für einen Betriebserwerb und den Werten für die einzelnen Vermögensgegenstände bzw Schulden im Übernahmezeitpunkt) und dessen Abschreibung (§ 204 UGB) samt Zuschreibungsverbot (§ 208 Abs 2 UGB), Darstellung im Anlagenspiegel (§ 226 Abs 4 UGB), außerplanmäßige Abschreibungen in der G&V (§ 232 Abs 5 UGB) sowie diesbezügliche Regelungen im Konzernabschluss (Kapitalkonsolidierung nach § 254 Abs 1 bis 3 UGB und FW-Abschreibung nach § 261 Abs 1 UGB).
Die daraus resultierenden Regelungsbereiche, die in der AFRAC-Stellungnahme 41 näher erläutert werden, betreffen die Zuordnung zu verschiedenen Geschäftsfeldern eines Unternehmens, die Grundsätze der Folgebewertung, planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen sowie deren Ausweis in der GuV und die erforderlichen Angaben im Anhang. Dazu die nachfolgenden Hinweise:
Zuordnung auf Geschäftsfelder
Ein “derivativer” (entgeltlich erworbener) Geschäfts- oder Firmenwert muss zum Zwecke der Folgebewertung bereits bei der erstmaligen bilanziellen Erfassung anteilig den einzelnen Geschäftsfeldern (Teilbereiche bzw Segmente eines Unternehmens) zugeordnet werden. Die gebotene Aufteilung erfolgt auf jene Geschäftsfelder, die voraussichtlich Nutzen aus den Komponenten des Geschäfts- oder Firmenwerts ziehen werden. Dies kann ggfs auch ein einziges (erworbenes) Geschäftsfeld als auch Gruppen von Geschäftsfeldern betreffen.
Die Aufteilung bzw Zuordnung erfolgt grundsätzlichauf die Geschäftsfelder bzw Geschäftsfeldgruppen des erworbenen Unternehmens, außer es gibt deutliche Belege dafür, dass bereits existierende Geschäftsbereiche bzw Gruppen im erwerbenden Unternehmen ebenfalls von den Bestandteilen des Geschäfts- oder Firmenwerts profitieren.
Eine Veränderung der Zuordnung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts nach Ablauf des Erwerbsjahres ist nur zulässig, wenn es dokumentierte Maßnahmen gibt, die zu einer Veränderung der für das Management des Unternehmens verwendeten Informationen führen. Bevor eine solche Umverteilung stattfindet, muss der Geschäfts- oder Firmenwert einer Überprüfung seiner Werthaltigkeit unterzogen werden.
Grundsätze der Folgebewertung
Die Folgebewertung des Geschäfts- oder Firmenwerts im Jahres- und im Konzernabschluss muss gemäß § 261 Abs 1 iVm § 203 Abs 5 UGB gleichartig angewendet werden. Bei der Aufteilung des Geschäfts- oder Firmenwerts auf verschiedene Geschäftsfelder sind diese Grundsätze für jedes Feld separat zu berücksichtigen. Die Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwerts erfolgt systematisch über den geschätzten Nutzungszeitraum, der beim erstmaligen Ansatz sorgfältig zu bestimmen und im Abschreibungsplan festzulegen ist. Kann die Nutzungsdauer nicht zuverlässig geschätzt werden, ist der Firmenwert gleichmäßig verteilt über einen Zeitraum von zehn Jahren abzuschreiben. Bei voraussichtlich dauerhafter Wertminderung ist eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren rechnerischen Vergleichswert zum Abschlussstichtag vorzunehmen, wobei Firmenwerte keiner späteren Wertaufholung zugänglich sind (Zuschreibungsverbot gemäß § 208 Abs 2 UGB!). Ein voll abgeschriebener Geschäfts- bzw Firmenwert ist als Abgang zu behandeln und zwingend auszubuchen (§ 226 Abs 4 UGB).
Planmäßige Abschreibung
Die planmäßige Abschreibung eines derivativen Firmenwerts beginnt mit dessen erstmaligem Ansatz, wobei im Falle eines unterjährigen Zugangs zeitanteilig abzuschreiben ist. Die Abschreibungsmethode sollte den Abnutzungsverlauf des Firmenwerts bestmöglich abbilden, wobei sowohl lineare als auch degressive Methoden zulässig sind. Die Nutzungsdauer wird anhand objektiv nachvollziehbarer Kriterien festgelegt. Im Zweifel ist bei bestehenden Schätzunsicherheiten ein kürzerer Zeitraum zugrunde zu legen (mit Dokumentation der Vorgangsweise). Unter anderem können folgende Anhaltspunkte bei der Feststellung der Nutzungsdauer berücksichtigt werden:
Voraussichtliche Bestandsdauer des erworbenen Betriebes bzw Unternehmens (unter Berücksichtigung der maßgeblichen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen und diesbezüglicher Befristungen);
Produktlebenszyklen der Erzeugnisse des erworbenen Betriebes bzw Unternehmens;
Auswirkung von Veränderungen in den Absatz- und Beschaffungsmärkten des erworbenen Betriebes bzw Unternehmens;
die prognostizierte Verweildauer des Schlüsselpersonals des erworbenen Betriebes bzw Unternehmens;
weiters: Branchenspezifika, Zeitraum für realisierte Synergieeffekte, Selbstherstellung erworbener Technologien uä.
Sollten zu späteren Bilanzstichtagen Anzeichen vorliegen, dass sich die ursprünglichen Annahmen zur Nutzungsdauer signifikant geändert haben, muss die verbleibende Restnutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwerts entsprechend neu beurteilt werden.
Außerplanmäßige Abschreibung
Um zu beurteilen, ob eine Überprüfung der Werthaltigkeit eines derivativen Geschäfts- oder Firmenwertes notwendig ist, können unter anderem folgende Indikatoren herangezogen werden:
Aus dem internen Berichtswesen ergeben sich signifikante Hinweise darauf, dass die zukünftige Ertrags- oder Kostenentwicklung des Geschäftsbereichs hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückbleiben könnte.
Im ursprünglichen Kaufpreis berücksichtigte Synergieeffekte bleiben hinter den Erwartungen zurück.
Schlüsselpersonen aus wichtigen Bereichen (zB Management, Forschung & Entwicklung) verlassen das Unternehmen früher als geplant.
Technologische Entwicklungen oder Änderungen im regulatorischen Umfeld verkürzen den Lebenszyklus der erworbenen Produktlinien.
Unerwartete Verluste von Teilsegmenten des Marktes haben das Marktpotenzial wesentlicher Produktlinien deutlich gemindert.
Die Überprüfung der Werthaltigkeit erfolgt durch den Vergleich des Buchwerts mit dem zum Bilanzstichtag ermittelten rechnerischen Vergleichswert des Geschäfts- oder Firmenwerts. Sollte der berechnete Vergleichswert unter dem Buchwert liegen, ist eine außerplanmäßige Abschreibung erforderlich. Der rechnerische Vergleichswert des Geschäfts- oder Firmenwerts resultiert aus der Differenz zwischen dem beizulegenden Wert des zugeordneten Geschäftsbereichs und dem Buchwert des korrespondierenden Nettovermögens.
Die Ermittlung des beizulegenden Werts des jeweiligen Geschäftsfeldes basiert auf den Grundsätzen der eingangs erwähnten AFRAC-Stellungnahme 24: Beteiligungsbewertung (UGB).
Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung
Sowohl planmäßige als auch außerplanmäßige Abschreibungen auf den Geschäfts- oder Firmenwert müssen in der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren im Posten „ Abschreibungen auf immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen“ ausgewiesen werden (§ 231 Abs 2 Z 7 lit a UGB).
In der G&V nach dem Umsatzkostenverfahren sind diese Abschreibungen im Posten „sonstige betriebliche Aufwendungen“ zu erfassen (§ 231 Abs 3 Z 7 UGB), sofern sie nicht einem spezifischen Funktionsbereich zugewiesen werden können.
Ein separater Ausweis der außerplanmäßigen Abschreibungen iS § 232 Abs 5 bzw § 251 Abs 1 UGB ist auch mittels Davon-Vermerk möglich.
Angaben im Anhang
Zuordnung auf Geschäftsfelder: Im Anhang muss die Zuordnung eines derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts zu den betreffenden Geschäftsfeldern beschrieben werden. Da die Anteile der einzelnen Geschäftsfelder bzw Geschäftsfeldgruppen an den verschiedenen Elementen des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts variieren können, ist eine möglichst genaue Zuordnung der Geschäfts- bzw Firmenwertkomponenten zu den relevanten Bewertungseinheiten notwendig, um eine korrekte bilanzielle Darstellung des Unternehmenserwerbs zu gewährleisten (wirtschaftlicher Gehalt iS § 196a UGB). Im Falle einer Neuzuordnung sind neben der Vorgangsweise auch Ergebnisse der Werthaltigkeitstests zu erläutern.
Planmäßige Abschreibung: Im Anhang ist weiters der Abschreibungszeitraum für den Geschäfts- oder Firmenwert zu erläutern. Darüber hinaus muss die verwendete Abschreibungsmethode beschrieben werden. Diese Informationen müssen für jeden Geschäfts- oder Firmenwert separat dargestellt werden. Sollte die Nutzungsdauer des Geschäfts- oder Firmenwerts nicht zuverlässig schätzbar sein, ist dies mit entsprechender Begründung ebenfalls im Anhang zu vermerken.
Außerplanmäßige Abschreibung: Falls im laufenden Geschäftsjahr eine außerplanmäßige Abschreibung auf einen derivativen Geschäfts- oder Firmenwert erfolgt ist, müssen die Indikatoren, die zu einer Überprüfung der Werthaltigkeit führten, im Anhang aufgeführt werden. Außerdem ist die Methode zur Berechnung der außerplanmäßigen Abschreibung zu erläutern, einschließlich der wesentlichen Parameter, die zur Bestimmung des beizulegenden Werts des Geschäftsfeldes und des Werts des korrespondierenden Nettovermögens herangezogen wurden.
FAZIT
Die neue AFRAC-Stellungnahme 41 bietet nunmehr ein ausführliches Rahmenwerk für die Folgebewertung derivativer Geschäfts- oder Firmenwerte in Jahres- und Konzernabschlüssen nach den Vorschriften des österreichischen UGB. Sie befasst sich eingehend mit den planmäßigen und außerplanmäßigen Abschreibungen sowie der korrekten Zuordnung und Erläuterung dieser speziellen Bilanzwerte.
Es ist insbesondere zu beachten, dass AFRAC 41 NICHT für Firmenwerte in Konzernabschlüssen gilt, die nach internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) erstellt werden. Vollständigkeitshalber sei an dieser Stelle auch noch darauf hingewiesen, dass für steuerliche Firmenwertabschreibungen die speziellen Regelungen des Ertragsteuerrechts zu beachten sind (insb. § 8 Abs 3 EStG; § 9 Abs 7 KStG für die ehemalige Firmenwertabschreibung im Rahmen der Gruppenbesteuerung).
Die AFRAC-Stellungnahme 41 ist erstmalig anzuwenden für Geschäftsjahre, die nach dem beginnen, wobei jedoch bereits eine frühere Anwendung empfohlen wird.
Für weitere Fragen zu diesen oder auch anderen Rechnungslegungsthemen stehen Ihnen die Verfasserinnen sowie auch die übrigen MitarbeiterInnen unserer Service Line “Audit” gerne zur Verfügung!
Fundstelle(n):
TAAAF-37494