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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.07.2024, RV/7200074/2023

Festsetzung einer Zahlungsfrist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH, Währinger Straße 2-4, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Wien (nunmehr Zollamt Österreich) vom , 100000/65031/2016/01, betreffend Einfuhrumsatzsteuer zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid Spruchpunkt I. des Zollamtes Wien vom , Zl. 100000/65031/2016/01, wurden die in den unter den CRN (Customs Registration Numbers) laut der Anlage dieses Bescheides ergangenen Abgabenmitteilungen enthaltenen Entscheidungen über die Einhebung der Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 26 Abs.3 Z.2 Umsatzsteuergesetz 1994 (UStG) durch das für ***1*** zuständige Finanzamt gemäß Art. 27 Zollkodex der Union (UZK) iVm § 26 Abs.1 UStG und § 2 Abs.1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) zurückgenommen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Waren seien nicht für das Unternehmen des ***1*** eingeführt worden. ***1*** habe nur seinen Namen, seine Steuernummer, seine UID- und EORI-Nummer zur Verfügung gestellt, weshalb ihm vernünftigerweise bekannt hätte sein müssen, dass die Voraussetzungen des § 26 Abs.3 Z.2 UStG nicht erfüllt waren, der Anmelder übernehme die Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.

Im Spruchpunkt II wurde die Beschwerdeführerin (Bf) aufgefordert, die bereits buchmäßig erfassten und gemäß Art. 221 ZK mitgeteilten Beträge an Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von € 66.726,20 gemäß § 108 UZK iVm § 26 Abs.1 und 3 Z.1 UStG binnen 10 Tagen zu entrichten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass in Folge der Zurücknahme der Entscheidung unter Bescheid I die Einhebung der Einfuhrumsatzsteuer in den verfahrensgegenständlichen Fällen durch das Zollamt Wien zu erfolgen habe. Die Bf sei als indirekter Vertreter Zollschuldner gemäß § 201 Abs.3 ZK. Das Zollamt Wien verwies weiters darauf, dass die Einstellung des Finanzstrafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft keine Auswirkungen auf den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt hätte. Bei der Heranziehung der Bf als Zollschuldnerin liege auch keine fehlerhafte Ermessensübung vor, da die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld beim Vertretenen nicht Voraussetzung der Heranziehung des Vertreters sei. Zu § 26 Abs.5 lit.e UStG wurde bemerkt, dass die Bf in weiteren drei Fällen als Vertreter fiktiver Zwischenhändler tätig geworden sei. Es seien Mitarbeiter der Bf gewesen, die Zwischenhändler instruiert hätten, was diese zu tun hatten. Dabei sei der einzige Grund der Zwischenschaltung der Zwischenhändler in Österreich die Nichtentrichtung der Einfuhrumsatzsteuer gewesen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom . Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bereits die Staatsanwaltschaft Wien festgestellt habe, dass es sich um die grundsätzlich steuerrechtlich zulässige und nicht unübliche Konstruktion des "Reihengeschäftes" handle. Es liege somit kein Scheingeschäft vor, da reale Warenlieferungen erfolgten. Ein Unternehmen umfasse die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Das Handelsgewerbe des ***1*** berechtige zum Handel mit Speiseöl. Die Waren seien zudem physisch bei jeder Gestellung in Wien vorhanden gewesen. Es sei daher nicht zu einer Direktlieferung von ***2*** zu ***3*** gekommen, sondern zu einer Lieferung von ***2*** an ***1*** und von ***1*** an ***3***. Schließlich habe die belangte Behörde zu Unrecht die Gutglaubensregel des § 26 Abs.5 lit.e UStG nicht angewendet. ***1*** habe gegenüber der Bf ausdrücklich bestätigt, dass er Käufer der angemeldeten Waren und zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sei. Die Frachtbriefe, Rechnungen und das Vorpapier T 1 seien völlig unbedenklich gewesen. Die UID-Nummer des ***1*** sei von der Bf überprüft worden. Es habe für die Bf somit keinen Grund gegeben auch nur im Entferntesten daran zu zweifeln, dass ***1*** unrichtige Angaben im Zusammenhang mit der Zollanmeldung getätigt hätte oder die Verzollung der Waren nicht für sein Unternehmen erfolgt war. Im Übrigen sei auch die Ermessensübung fehlerhaft erfolgt, da zunächst ein in Österreich ansässiger Vertretener in Anspruch zu nehmen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 100000/65031/2016-5, hat das Zollamt Wien die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ***1*** nicht die Verfügungsmacht am eingeführten Öl übertragen worden sei, da er nicht selbst die Bestellungen des Endabnehmers entgegennahm und keine Bestellungen beim Lieferanten vornahm, da er Art, Menge und Qualität der Handelswaren nicht selbst festgelegt hat, die Waren nur mit einem pauschalen Aufschlag weiterverrechnete, keinerlei Haftung bei Zahlungsausfällen übernommen hat und auch nicht für Produktmängel haftete. Die Waren seien zwar physisch in Österreich gewesen und wurden in 10 Fällen Dokumentenkontrollen durchgeführt, dabei sei die erklärte Vorsteuerabzugsberechtigung des Empfängers von den Zollbehörden aber nicht überprüft worden. Zur Ermessensübung sei darauf zu verweisen, dass der Abgabenbetrag beiden Gesamtschuldnern, der Bf und ***1***, vorgeschrieben wurde. Zu § 26 Abs.5 lit.e UStG wurde bemerkt, dass die Bf in weiteren drei Fällen als Vertreter fiktiver Zwischenhändler tätig geworden sei. Es seien Mitarbeiter der Bf gewesen, die Zwischenhändler instruiert hätten, was diese zu tun hatten. Dabei sei der einzige Grund der Zwischenschaltung der Zwischenhändler in Österreich die Nichtentrichtung der Einfuhrumsatzsteuer gewesen. Die Bf hätte daher wissen müssen, dass den Anmeldungen falsche Angaben zugrunde lagen.

Mit Eingabe vom stellte die Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Sachverhalt unrichtig festgestellt sei, da sich ein anderer Zwischenhändler bei seiner Steuerberaterin nach der Unbedenklichkeit der geschlossenen Verträge erkundigt habe. Eine andere Zwischenhändlerin, Frau ***4***, habe sich beim Finanzamt und beim Zollamt bestätigen lassen, dass sie die ihr für den Wareneinkauf vorgeschriebene EUSt als Vorsteuer geltend machen könne. Für die Bf hätte es daher keinen Grund gegeben, an der Rechtmäßigkeit der Geschäftsbeziehungen zu zweifeln. ***1*** sei zudem über die Waren verfügungsberechtigt gewesen, da er die Waren, wie von Frau ***4*** bestätigt, auch an andere Personen hätte verkaufen können. Weiters gebe es keinen Beweis, dass ***1*** nicht für Produktmängel gehaftet hätte. Schließlich hätten die slowakischen Behörden bestätigt, dass die ***3*** die Umsätze ordnungsgemäß gemeldet habe und somit kein Umsatzsteuerbetrug vorliege. Die Bf sei zudem nur zur direkten Vertretung beauftragt und bevollmächtigt gewesen und habe die Zollanmeldung irrtümlich unrichtig ausgefüllt, was keine umsatzsteuerrechtlichen Folgen haben könne. Es gebe auch keine gesetzliche Grundlage für die erfolgte Abgabenvorschreibung, da die Rechtsfolge davon, dass ***1*** nicht über die Waren verfügungsberechtigt war, nur die Versagung des Vorsteuerabzuges sein könne. Im Übrigen liege ein Sorgfaltsverstoß der Bf nicht vor. Auch seitens ihrer Mitarbeiter hätte kein Verdacht bestanden, dass die verfahrensgegenständlichen Waren nicht für das Unternehmen des ***1*** eingeführt worden seien. Die Bf hafte daher gemäß § 26 Abs.5 lit.e UStG nicht für die Einfuhrumsatzsteuer, die überdies nicht zu erheben sei, wenn die Ware nicht in Österreich in den Wirtschaftskreislauf gelangt ist, sondern in einen anderen Mitgliedstaat befördert wurde. Letztlich sei auch das Ermessen durch die belangte Behörde unrichtig geübt worden, da die Abgabenschuld erst dann dem Vertreter vorzuschreiben wäre, wenn der Vertretene unauffindbar ist oder Einbringungsmaßnahmen erfolglos geblieben sind. Die Bf beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

In der mündlichen Verhandlung vom wurde zum Bescheidcharakter der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides Stellung bezogen.

Mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7200043/2017, hat das Bundesfinanzgericht Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides mangels Rechtsgrundlage ersatzlos aufgehoben und die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. gemäß § 260 Abs.1 lit.a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Erläuterung "5EV…EUSt-Anwendung von § 26 Abs.3 Z.2 UStG" und die Hinweise auf den Regelungsinhalt des § 26 Abs.5 UStG seien kein normativer Bestandteil eines Bescheidspruches und stellen keine begünstigende Entscheidung im Sinne des Art. 8 ZK bzw. Art. 27 UZK dar. Spruchpunkt II. wiederum enthalte lediglich eine Aussage über die Zahlungsfrist des Art. 108 UZK bereits mitgeteilter Abgabenbeträge, es handle sich daher um eine Zahlungsaufforderung, der keine normative Qualität zukommt.

Gegen dieses Erkenntnis hat die Bf mit Eingabe vom Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. E 961/2020-9, wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit Eingabe vom hat die Bf eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. Ra 2020/16/0141-6, wurde die Revision betreffend den Spruchpunkt I. als unzulässig zurückgewiesen, betreffend den Spruchpunkt II. wurde das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/7200043/2017, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Setzen einer Zahlungsfrist gemäß Art. 222 ZK könne sehr wohl mit Beschwerde bekämpft werden. Dabei könne auch eingewendet werden, der indirekt vertretende Anmelder sei gemäß § 26 Abs.5 lit.e UStG nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde das Zollamt Österreich um die Vernehmung von ***5***, der Steuerberaterin des ***6***, ***7***, nunmehrige ***7*** und ***8*** als Zeugen ersucht. ***5*** erklärte in der Niederschrift vom die Verträge zwischen ***6*** und den Firmen ***2*** und ***3*** vor Beginn der Aufnahme der Geschäftstätigkeit geprüft und für steuerlich einwandfrei erachtet zu haben. Die schriftliche Bestätigung der Rechtmäßigkeit der Speiseölgeschäfte sei erst nach Beendigung der steuerlichen Tätigkeit für ***6*** über Ersuchen seines Vertreters erfolgt. ***7***, die Buchhalterin von ***4***, erklärte am die geschlossenen Verträge nicht zu kennen und sich nur über die Umsatzsteuerpflicht und Verbuchung der Einfuhrumsatzsteuer erkundigt zu haben. Die von ***7*** kontaktierte Finanzbeamtin ***8*** konnte sich an das konkrete Gespräch nicht mehr erinnern.

Bereits am wurde ***9*** von einem Richter des Bundesfinanzgerichtes in der Rechtssache betreffend ***4*** als Zeuge einvernommen. ***9***, der nur der englischen Sprache mächtig ist, erklärte dabei, nicht in die Gestaltung der Verträge mit ***2*** und ***3*** eingebunden gewesen zu sein. Er erklärte weiters mit ***4*** über ***10*** in Kontakt gekommen zu sein. Er habe sie gefragt, ob sie eine EORI- und eine UID-Nummer zur Verfügung stellen könne und ihr gesagt, dass sie diese Dokumente vorher überprüfen solle. Er bestritt, ***4*** gesagt zu haben, sie solle € 200,00 auf die Rechnung aufschlagen. Bei einer Verzollung in Österreich mit dem Verfahrenscode 4200 hätte die Beschwerdeführerin das gesamte finanzielle Risiko tragen müssen.

In der Eingabe vom beantragte die Bf die Zeugenprotokolle von ***5*** und ***8*** als unzulässig zurückzuweisen, da deren Befragung durch eine Verfahrenspartei gegen den Grundsatz des "fair trial" und die EU-Grundrechtecharta verstoße. Die Bf stellte die Beweisanträge auf ergänzende Einvernahme von ***5*** zum Beweis dafür, dass sie nicht erst nachträglich, sondern bereits im Vorfeld informiert und befragt wurde und zuvor mündlich bereits dieselbe Auskunft, wie sie nachträglich schriftlich bestätigt hat, erteilt hat, sowie zum Nachweis dafür, dass ihre Ansicht, der Umstand, welches Volumen an Sonnenblumenöl von ***1*** bzw. ***4*** und ***6*** zwischengehandelt wird, aus rechtlichen Gründen irrelevant ist und ein höheres als von ihr möglicherweise angenommenes Volumen keine Änderung ihrer rechtlichen Beurteilung zur Folge gehabt hätte. Die Bf beantragte weiters eine ergänzende Anfrage an die slowakische Abgabenbehörde zum Beweis dafür, dass alle verfahrensgegenständlichen Sendungen vom Empfänger ***3*** den slowakischen Abgabenbehörden zur Erwerbsbesteuerung angemeldet wurden. Die Relevanz der Frage wurde darin erblickt, dass diesfalls die Waren nicht in Österreich in den Wirtschaftskreislauf gelangt seien, weshalb in Österreich keine Einfuhrumsatzsteuer vorgeschrieben werden könne (vgl. EuGH C-26/18). Die Bf verwies weiters auf den gestellten Antrag nach Art. 78 ZK, die Änderung des Anmelders sei gemäß der Judikatur des EuGHs zu C-97/19 sowie der Kommentierung von Witte, Art. 78 Rz.5, zulässig.

In der mündlichen Verhandlung vom beantragte die Bf neuerlich, die Zeugenprotokolle von ***5***, ***8*** und ***7*** nicht zum Akt zu nehmen, da ein Verstoß gegen Art. 6 EMRK, Art. 41 EU-Grundrechtecharta sowie Art. 47 EU-Grundrechtecharta vorliege. Die Bf beantragte, sollte dem Antrag nicht Folge geleistet werden, die Einholung eines EU-Vorabentscheidungsverfahrens. Der Antrag, die Zeugenprotokolle als unzulässig zurückzuweisen, wurde in der mündlichen Verhandlung abgewiesen. Inhaltlich brachte die Bf vor, die Waren seien in der Slowakei zur Erwerbsbesteuerung angemeldet worden. Der Vertreter des Zollamtes Österreich legte die Antwortschreiben der bereits erfolgten Amtshilfeersuchen an die slowakische Zollverwaltung zur Beweiswürdigung vor. Aus der Gesamtschau der Unterlagen ergebe sich für das Zollamt Österreich, dass die Waren in der Slowakei nicht zur Erwerbsbesteuerung angemeldet wurden. Zum bereits in der Eingabe vom gestellten Beweisantrag, beantragte die Bf zusätzlich die Einvernahme von ***11*** von der slowakischen Abgabenbehörde als Zeugin. Die Bf verwies weiters auf die irrtümlich erfolgte Vertreterindikation, welche allenfalls zollrechtliche, nicht aber umsatzsteuerliche Folgen nach sich ziehen könne. Der Vertreter des Zollamtes Österreich verwies auf die Rechtsprechung des VwGH. Zur vorgelegten Zollvollmacht vom führte die Bf aus, dass diese ein Auftrag im Sinne des § 26 Abs.3 Z.2 UStG sei. ***1*** werde darin als Auftraggeber bezeichnet und werde im letzten Satz ausdrücklich der Auftrag erteilt. Zu einem allfälligen Verschulden der Bf verwies die Bf darauf, dass die UID-Nummer und die EORI-Nummer der Zwischenhändler auf ihre Richtigkeit und deren aufrechtem Bestand geprüft worden sei. Die Bf verwies weiters auf die schriftliche Bestätigung von ***5*** vom , wonach der "Contract of Assignment of Obligations" zwischen der ***2***., ***6*** und ***3*** von ihr geprüft und für steuerlich einwandfrei erachtet worden sei. Die Bf sei von dieser steuerlichen Beurteilung vor Aufnahme ihrer Tätigkeit informiert gewesen und habe auf die Richtigkeit des UID-Registers vertraut, die Bf habe daher keinesfalls fahrlässig gehandelt, auch durchgeführte Warenkontrollen anlässlich der Verzollungen hätten keine Beanstandungen ergeben. Der Vertreter des Zollamtes führte dazu aus, dass ***9*** über Vermittlung des ***10*** aktiv an ***4***, ***6*** und ***1*** herangetreten sei und das Geschäftsmodell erklärt habe. ***9*** sei mit ***12*** von der Firma ***3*** in Geschäftsbeziehungen gestanden, die Bf habe daher schuldhaft gehandelt. Die Bf verwies auf die wechselnden Verantwortungen der ***4*** und darauf, dass ***9*** die Aussagen von ***4*** bestritten hat. Der Vertreter der Bf beantragte, zu den vorgelegten Amtshilfeersuchen eine Stellungnahme abgeben zu können. Dieser Antrag und die von der Bf in der Eingabe vom und in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge wurden abgewiesen.

Mit Erkenntnis vom , GZ. RV/7200019/2021, hat das Bundesfinanzgericht den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ***1*** kein Vorsteuerabzug zu gewähren sei. Die Zollvollmacht sei aber ein Auftrag zur Anwendung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG. Da der Bf kein schuldhaftes Verhalten anzulasten sei, werde sie nicht Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer.

Gegen dieses Erkenntnis hat das Zollamt Österreich mit Eingabe vom eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. Ra 2022/16/0010-6, wurde das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei der vorliegenden Zollvollmacht handle es sich nicht um einen Auftrag zur Anwendung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG.

In der Stellungnahme vom führte die Bf aus, dass nach dem Erkenntnis des EuGH C-714/20 der indirekte Zollvertreter nach Art. 77 Abs.3 ZK nur für die geschuldeten Zölle, nicht aber auch für die Einfuhrmehrwertsteuer hafte oder diese schulde. Weder § 2 Abs.1 ZollR-DG noch § 26 Abs.1 UStG würden zudem ausdrücklich und eindeutig aussprechen, dass der indirekte Vertreter auch für die EUSt haften solle. Im Übrigen sei es übereinstimmender Wille der Bf als auch aller Vollmachtgeber gewesen, dass die Einfuhrumsatzsteuer statt beim Zollamt beim Finanzamt entrichtet werden müsse, und sie damit über das jeweilige Konto der Auftraggeber der Bf mit der Vorsteuer verrechnet werde. Zum Nachweis, dass es Absicht aller Parteien, von Beginn der Abwicklung dieser Reihengeschäfte, somit auch zum Zeitpunkt der Erteilung der Zollvollmachten an die Bf war, dass die Anmeldung, Abwicklung und Verrechnung der EUSt gemäß § 26 Abs.3 Z.2 iVm § 26 Abs.5 lit.e UStG erfolgen sollte, wurde die ergänzende Einvernahme von ***4***, ***10***, ***6***, Steuerberaterin ***5*** und von ***9*** beantragt.

Mit Schreiben vom vom übermittelte der Bf eine weitere Stellungnahme an das Bundesfinanzgericht. Betreffend die Rechtsnachfolge wurde bestätigt, dass die "nunmehr unter "***Bf1***" firmierende Gesellschaft die Rechtsnachfolgerin der ***13***" sei. In der äußerst umfangreichen Stellungnahme verwies die Bf auf die ihr erteilten Vollmachten und brachte vor, es sei nicht beabsichtigt gewesen, dass die Bf das Einfuhrumsatzsteuerrisiko trage; die Verrechnung der Einfuhrumsatzsteuer sollte über das Steuerkonto der Warenempfänger erfolgen. Betreffend den fehlenden Hinweis auf die erteilte Vollmacht in den Zollanmeldungen wurde vorgebracht, die Zollanmeldungen seien angenommen worden und das Fehlen der Vermerke sei rechtlich irrelevant. Die Einfuhrumsatzsteuer sei durch die Verrechnung mit der Vorsteuer bezahlt worden und betreffend eine Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer durch den Warenempfänger könnten nur beim entsprechenden Finanzamt oder Zollamt Auskünfte eingeholt werden. Die Waren seien in Österreich nicht in den Wirtschaftskreislauf eingegangen, eine Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer in Österreich daher nicht zulässig. Bei den Sendungen habe es sich um reale Wareneinkäufe und Lieferungen gehandelt, es seien keine Scheingeschäfte vorgelegen. Das Ermessen sei fehlerhaft geübt worden und eine nachträgliche Berichtigung der erklärten indirekten Vertretung auf direkte Vertretung sei zulässig. Die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer an die Beschwerdeführerin sei mit der Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht vereinbar.

In der mündlichen Verhandlung vom verwies die Bf auf ein Gutachten eines Fachexperten für Steuer- und Wirtschaftsfragen; nach diesem sei durch die Angabe der EORI Nummer der Warenempfängerin zum Ausdruck gebracht worden, dass die Anmeldungen in direkter Vertretung abgegeben worden seien. Es werde bestritten, dass die Waren nicht für das Unternehmen der Warenempfängerin eingeführt worden seien. Es habe sich laut Gutachten um übliche Streckengeschäfte und nicht um Scheinlieferungen gehandelt, sodass tatsächlich von einer entsprechenden Vorsteuerabzugsberechtigung auszugehen sei.

Mit Schreiben vom gab die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zu der Aussage des Bundesfinanzgerichtes in der mündlichen Verhandlung ab, wonach es für eine direkte Vertretung eines vom Zollamt dem Warenempfänger bewilligten Zahlungsaufschubkontos bedurft hätte, oder ein Schuldbeitritt erforderlich gewesen wäre.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Gemäß § 323b Abs.1 BAO tritt das Zollamt Österreich am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

Die ***13*** wurde mit Generalversammlungsbeschluss vom gemäß § 5 Umwandlungsgesetz (UmwG) in die ***Bf1*** umgewandelt. Letztere ist daher Gesamtrechtsnachfolgerin der ***13*** (§ 1 UmwG). Mit Unternehmenskaufvertrag vom wurde der Betrieb "***14***" zum in die ***15*** übertragen, dabei wurde gemäß § 38 UGB vereinbart, dass die bis zum begründeten Schulden, Verbindlichkeiten und Haftungen aller Art nicht von der ***15*** übernommen werden. Mit Beschluss vom wurde der Firmenwortlaut der ***Bf1*** auf ***Bf1*** geändert.

Im Zeitraum zwischen und erklärte die Bf als Anmelder und indirekter Vertreter des Warenempfängers ***1*** in den in der Anlage des angefochtenen Bescheides genannten Zollanmeldungen anlässlich der Überführung von Sonnenblumenöl der Fa. ***2*** in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr, von der Regelung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG Gebrauch machen zu wollen. Entsprechend dieser in den jeweiligen Zollanmeldungen gestellten Anträge erfolgte die Verbuchung der gemäß Art. 221 ZK mitgeteilten Zollbeträge am Abgabenkonto des Zollamtes und die Verbuchung der Einfuhrumsatzsteuerbeträge am Abgabenkonto des Finanzamtes. Die Mitteilungen des Abgabenbetrages nach Art. 221 ZK sind gemäß § 74 Abs.1 ZollR-DG Abgabenbescheide und weisen mit der codierten Abgabenart "A00" auf die Einhebung (Verbuchung) des Zolles auf einem Zollamtskonto der Bf und mit der codierten Abgabenart (5EV) auf die Einhebung (Verbuchung) der Einfuhrumsatzsteuer in der Gesamthöhe von € 66.726,20 auf einem Finanzamtskonto des ***1*** hin.

Am wurde zwischen ***1***, der Firma ***3*** und der ***2*** ein Vertrag ("Contract of Assignment of Obligations") geschlossen. Laut Punkt 1. dieses Vertrages wurde zwischen der ***2*** und ***1*** als Käufer der Kaufvertrag ("Agreement I") über nicht näher bezeichnetes Öl geschlossen. Laut Punkt 2. dieses Vertrages wurde zwischen ***1*** und der ***3*** der Vertrag "Agreement II" über den Transport der Waren und den Eigentumsübergang auf die ***3*** geschlossen. Unter Punkt 3. des Vertrages verpflichtete sich die ***3*** zur Zahlung des Kaufpreises direkt an ***2***. Im Gegenzug dafür, verpflichtete sich ***2*** zur Beförderung der Waren und zur Eigentumsverschaffung an ***1***. Gemäß Punkt. 4. des Vertrages wird die Zahlung des Kaufpreises bei Übergabe der Waren von ***1*** an ***3*** fällig. Gemäß Punkt 5. des Vertrages wurde vereinbart, dass die Forderungen des ***1*** an ***2*** ebenso wie die Verbindlichkeiten des ***1*** aus dem "Agreement I" an die ***3*** übertragen werden und alle Ansprüche der ***2*** im Zusammenhang mit der Zahlung dieser Verbindlichkeiten an ***3*** zu richten sind. Die ***2*** und ***1*** kamen überein, dass die Gegenleistung für die Übertragung der abgetretenen Forderungen der Höhe der genannten Verbindlichkeiten entspricht.

Mit Zollvollmacht vom beauftragte ***1*** die Bf als direkter Stellvertreter die für ihn einlangenden Importsendungen zollamtlich abzufertigen und erklärte als Käufer der Waren zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Er bevollmächtigte die Bf alle Zollanmeldungen abzugeben, Zollerklärungen zu stellen und alle mit der Zollabwicklung zusammenhängenden Handlungen vorzunehmen. Ein schriftlicher Auftrag zur Anwendung der Regelung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG findet sich darin nicht.

Die slowakische Firma ***3*** bestellte in der Folge bei der zypriotischen Firma ***2*** das verfahrensgegenständliche Speiseöl, welches von ***2*** bei der serbischen Firma ***16***, der Produzentin des Öls, erworben wurde. ***2*** verkaufte die Waren mit gesonderter Rechnung an ***1***, Österreich und beauftragte die Bf mit dem Transport der Ware in die Slowakei. Die Ware wurde im Versandverfahren T1 bis Österreich transportiert, wobei im CMR-Frachtbrief bereits "***17***" in der Slowakei genannt wurde. Das Versandverfahren wurde in Österreich ordnungsgemäß beendet und die Ware beim Zollamt Wien in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr (Verfahren 4000) überführt. Als Warenempfänger scheint in den Zollanmeldungen ***1***, als Anmelder die Bf auf.

Die Bf erklärte in den Zollanmeldungen als Vertretungsverhältnis die indirekte Vertretung, obwohl sie laut Vollmacht des ***1*** vom nur zur direkten Vertretung bevollmächtigt war, und erklärte von der Regelung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG Gebrauch machen zu wollen. Die Richtigkeit der UID-Nummer von ***1*** wurde von der Bf überprüft.

Sodann wurde jeweils ein zweiter CMR-Frachtbrief ausgestellt, in welchem als Versender ***1*** aufscheint. Die Rechnung der Firma ***2*** wurde gemeinsam mit der Ware in die Slowakei befördert. Die Rechnungen wurden von ***12*** von der ***3*** nach Wien an ***1*** übermittelt. Dieser erstellte eine Rechnung mit einem pauschalen Aufschlag von € 200,00 an den slowakischen Empfänger, wobei ***1*** ein Dienstleistungsentgelt von € 114,00 an die Bf bezahlte und ihm selbst € 86,00 verblieben. Die Ware wurde von der ***3*** direkt an die ***2*** bezahlt, die € 200,00 wurden an ***1*** überwiesen.

Mit Bescheid des Zollamtes Wien vom Zl. 100000/65031/2016, wurde die verfahrensgegenständliche Einfuhrumsatzsteuer auch ***1*** zur Entrichtung vorgeschrieben. Die Einfuhrumsatzsteuer haftet zur Gänze aus. ***1*** hat die Einfuhrumsatzsteuer weder beim Finanzamt entrichtet, noch bestand eine Berechtigung, die geschuldete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß Abs.2 leg. cit. hat im Übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt des vom Zollamt Wien vorgelegten Abgabenaktes, die Niederschrift des Bundesfinanzgerichtes mit ***9*** vom , die über Beschluss des Bundesfinanzgerichtes von vom Zollamt Österreich durchgeführten ergänzenden Vernehmungen und die Ausführungen in den mündlichen Verhandlungen vom und .

Zum Antrag die Zeugenniederschriften von ***5***, ***8*** und ***7*** als unzulässig zurückzuweisen, ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach im Abgabenverfahren der Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht gilt und Beweise gemäß § 269 Abs.2 BAO über Anordnung des Verwaltungsgerichtes auch durch eine Abgabenbehörde aufgenommen werden können (, , Ra 2014/15/0031). In der BAO ist auch ein Recht der Partei auf Gegenüberstellung mit den Zeugen und auf persönliche Befragung eines Zeugen durch eine Partei nicht vorgesehen ().

Zum Antrag auf Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens ist zu bemerken, dass für Verwaltungsgerichte keine Verpflichtung für die Stellung von Vorabentscheidungsersuchen besteht. Es besteht auch kein Rechtsanspruch der Parteien des Beschwerdeverfahrens, dass Verwaltungsgerichte Vorabentscheidungsersuchen stellen (Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner Abgabenverfahren § 290 BAO, Rz.2). Art. 267 AEUV normiert, dass einem Gericht im Sinne dieser Bestimmung, dessen Entscheidungen mit einem Rechtsbehelf des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, die Berechtigung zukommt, eine Vorabentscheidung des EuGHs einzuholen. Entscheidungen der Verwaltungsgerichte können durch Revisionen oder Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bekämpft werden (vgl. Art. 133 und Art. 144 BB-VG). Es ist ausgeschlossen, dass das Verwaltungsgericht, indem es unterlässt, eine Frage der Auslegung des Unionsrechtes dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen, Verfahrensvorschriften verletzt (vgl. ). Aufgrund der gesicherten Rechtsprechung des VwGH teilt das Bundesfinanzgericht die Zweifel an der Konformität des § 269 Abs.2 BAO mit dem Unionsrecht nicht, der Anregung der Bf auf Einholung eines Vorabentscheidungsverfahrens, ein diesbezügliches Antragsrecht steht den Parteien nicht zu, war daher nicht Folge zu leisten.

Zu den abgelehnten Beweisanträgen der Bf ist zu bemerken, dass die Tatsache, dass ***5*** nicht erst nachträglich die Ordnungsmäßigkeit der gewählten Vorgangsweise bestätigt hat, sondern schon im Vorfeld informiert und befragt wurde und zuvor mündlich bereits dieselbe Auskunft, wie sie sie nachträglich schriftlich bestätigt hat, erteilt hat, wurde gemäß § 183 Abs.3 BAO als richtig anerkannt. Vom Antrag auf ihre ergänzende Einvernahme zum Beweis dafür, dass ihre Ansicht, der Umstand, welches Volumen an Sonnenblumenöl zwischengehandelt wird, aus rechtlichen Gründen irrelevant ist und ein höheres als möglicherweise von ihr angenommenes Volumen keine Änderung ihrer rechtlichen Beurteilung zur Folge gehabt hätte, wurde gemäß § 183 Abs.3 BAO abgesehen, da die unter Beweis zu stellende Tatsache unerheblich ist. Für die rechtliche Beurteilung der Vorgangsweise ist die Menge des eingeführten Sonnenblumenöls nicht von Relevanz, ***5*** hat auch nicht behauptet, dass sie eine größere Menge anders rechtlich beurteilt hätte.

Vom Antrag, eine ergänzende Anfrage an die slowakischen Abgabenbehörden zu stellen und auf vom Antrag auf Ladung von ***11*** als Zeugin zum Nachweis dafür, dass alle verfahrensgegenständlichen Sendungen vom Empfänger ***3*** den slowakischen Abgabenbehörden zur Erwerbsbesteuerung angemeldet wurden, wurde gemäß § 183 Abs.3 BAO abgesehen, da die unter Beweis zu stellende Tatsache unerheblich ist. Verfahrensgegenständlich handelt es sich um eine Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr (Verfahren 4000) mit einer Zollschuldentstehung nach Art. 201 ZK, wobei die Einfuhrumsatzsteuer bereits buchmäßig erfasst und gemäß Art. 221 ZK rechtskräftig mitgeteilt wurde. Die Relevanz des diesbezüglichen Antrages, der mit dem Eingang der Waren in den Wirtschaftskreislauf in der Slowakei und dem Urteil des EuGHs in der Rechtssache C-26/18 (FedEx) begründet wurde, ist daher nicht gegeben.

Von der beantragten ergänzenden Einvernahme von ***4***, ***10***, ***6***, Steuerberaterin ***5*** und von ***9*** zum Nachweis, dass es Absicht aller Parteien von Beginn der Abwicklung dieser Reihengeschäfte, somit auch zum Zeitpunkt der Erteilung der Zollvollmachten an die Bf, war, dass die Anmeldung, Abwicklung und Verrechnung der EUSt gemäß § 26 Abs.3 Z.2 iVm § 26 Abs.5 lit.e UStG erfolgen sollte, wurde gemäß § 183 Abs.3 BAO abgesehen, da die unter Beweis zu stellende Tatsache unerheblich ist. Gleiches gilt für die in der Eingabe vom beantragte Einvernahme des ehemaligen Geschäftsführers der Bf, ***18***. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2022/16/0010-6, ausgeführt hat, reicht es für die Annahme, der Bf sei ein Auftrag zur Anwendung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG erteilt worden mit der Konsequenz, dass die Bf nicht Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer wurde, ohne weitere Anknüpfungspunkte im Wortlaut und ohne Auseinandersetzung mit der Parteiabsicht im Zeitpunkt der Erteilung der Zollvollmacht vom nicht aus, dass von den Parteien der Zollvollmacht vom beabsichtigt war, die Einfuhrumsatzsteuer nicht beim Zollamt entrichten zu müssen. Dieses Ziel hätte sich nämlich im Wege der direkten Stellvertretung auch verwirklichen lassen. Würde man den Zweck, dem Käufer der Waren den Vorsteuerabzug und die Verrechnung über das Finanzamtskonto zu sichern, im Sinne der Parteienabsicht zur Begründung eines Auftrages nach § 26 Abs.5 lit.e UStG in Konstellationen ohne Anknüpfungspunkt im Wortlaut genügen lassen, wäre dem Erfordernis des Vorliegens eines schriftlichen Auftrages der Anwendungsbereich entzogen. Dies würde aber dem vom U.I. Srl., C-714/20, hervorgehobenen Grundsatz der Rechtssicherheit in Form von klaren, bestimmten und in ihren Auswirkungen vorhersehbaren Rechtsvorschriften zuwiderlaufen. Zudem kann ein Auftrag nur durch ein zweiseitiges Rechtsgeschäft begründet werden.

Von der in der Eingabe vom beantragten Vernehmung von ***18***, dass die Bf zu einem Schuldbeitritt "2ESB" bereit gewesen wäre, wurde gemäß § 183 Abs.3 BAO abgesehen, da ***1*** von der Bf indirekt vertreten wurde und die unter Beweis zu stellende Tatsache somit unerheblich ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 26 Abs.1 UStG gelten für die Einfuhrumsatzsteuer, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß.

Gemäß § 26 Abs.3 Z.1 UStG sind für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer die Zollämter zuständig.

Gemäß Z.2 leg. cit. sind abweichend davon für die Einhebung und zwangsweise Einbringung der Einfuhrumsatzsteuer unter folgenden Voraussetzungen die Finanzämter zuständig.

- Die Einfuhrumsatzsteuerschuld ist nach Art. 201 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften entstanden und es handelt sich um keine nachträgliche Berichtigung,

- der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist Unternehmer (§ 2), im Inland zur Umsatzsteuer erfasst und die Gegenstände werden für sein Unternehmen eingeführt und

- der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer erklärt in der Zollanmeldung, dass er von dieser Regelung Gebrach macht.

Gemäß § 26 Abs.5 lit.e UStG ist im Falle der indirekten Vertretung der Anmelder nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer, wenn dem Anmelder ein schriftlicher Auftrag des Vertretenen zur Anwendung der Regelung des Abs.3 Z.2 vorliegt. Dies gilt nicht, wenn der Zollanmeldung unrichtige Angaben zugrunde liegen und der Anmelder wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Angaben unrichtig sind.

Gemäß § 12 Abs.1 Z.2 lit.a UStG kann der Unternehmer die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Weiters kann der Unternehmer in den Fällen des § 26 Abs.3 Z.2 UStG die geschuldete und auf dem Abgabenkonto verbuchte Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen eingeführt worden sind, gemäß § 12 Abs.1 Z.2 lit.b UStG abziehen.

Gemäß § 2 Abs.1 ZollR-DG gelten das im § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen (Zollrecht im Sinn des Artikels 1 des Zollkodex) weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.

Gemäß Art.201 Abs.1 Buchstabe a ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wird.

Gemäß Abs.2 leg. cit. entsteht die Zollschuld in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird.

Gemäß Abs.3 leg. cit. ist der Anmelder Zollschuldner. Im Falle der indirekten Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird.

Mit Spruchpunkt II des bekämpften Bescheides erfolgte die Festsetzung der Zahlungsfrist für die Bf als Anmelderin. Spruchpunkt II bildet einen Teil des Spruches der ausdrücklich als Bescheid bezeichneten Erledigung des Zollamtes. Die Pflichten begründende normative, rechtsgestaltende Kraft dieses Spruchteils liegt in der Setzung einer Zahlungsfrist gemäß Art. 222 ZK. Eine solche bescheidmäßige Festsetzung der Zahlungsfrist ist mit Beschwerde bekämpfbar ().

Im verfahrensgegenständlichen Fall ist die Frage strittig, ob die Bf Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer ist und somit, ob die Festsetzung der Zahlungsfrist der Bf gegenüber zu Recht erfolgt ist.

Wie bereits festgehalten ist gemäß Art. 201 Abs.3 ZK der Anmelder Zollschuldner. Im Falle der indirekten Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird. Die Bf war in allen verfahrensgegenständlichen Fällen Anmelderin, sie hat den in den Warenanmeldungen angegebenen Warenempfänger indirekt vertreten. Die Bf und ***1*** sind somit in allen verfahrensgegenständlichen Fällen Zollschuldner.

§ 26 Abs.1 UStG bestimmt für die Einfuhrumsatzsteuer die sinngemäße Anwendung der Rechtsvorschriften für Zölle, sofern im Umsatzsteuergesetz nichts anderes geregelt ist. Zur Bestimmung des Schuldners der Einfuhrumsatzsteuer enthält das Umsatzsteuergesetz keine eigenständige Regelung, es verweist in § 19 Abs.5 UStG in Verbindung mit § 26 UStG insoweit auf das Zollrecht. Gemäß § 19 Abs.5 UStG in Verbindung mit § 26 Abs.1 UStG in Verbindung mit Art. 201 ZK ist der Anmelder Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer (). Die Bf ist (neben Herrn ***1***) auch Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer (Gesamtschuldverhältnis).

Zum Vorsteuerabzug des Vertretenen ist zu bemerken:

Entscheidend für den strittigen Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer ist somit, ob Gegenstände für das Unternehmen des Abgabepflichtigen eingeführt wurden. Der eingeführte Gegenstand muss dabei entweder zum Gebrauch, zum Verbrauch oder zum Verkauf bestimmt sein (vgl. , mwN). Artikel 168 Buchstabe e der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den Abzug der vom Beförderer der betreffenden Waren, der nicht deren Einführer oder Eigentümer ist, sondern sie lediglich befördert und die Zollabfertigung ihres Versands im Rahmen seiner mehrwertsteuerpflichtigen Beförderungstätigkeit vorgenommen hat, geschuldeten Einfuhrumsatzsteuer ausschließt ( DSV Road, C-187/14).

Entscheidend ist demnach, ob die eingeführten Gegenstände für die Zwecke der besteuerten Umsätze des Steuerpflichtigen verwendet wurden. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Kosten der Eingangsleistungen Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze oder in den Preis der Gegenstände oder Dienstleistungen finden, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten liefert bzw. erbringt (vgl. neuerlich DSV Road, C-187/14, Rn. 49).

Hiefür ist wiederum maßgeblich, wie die vom Vertretenen erbrachten Leistungen umsatzsteuerlich zu beurteilen sind. Steuerobjekt der Umsatzsteuer ist die einzelne Leistung. Der Umfang der einzelnen Leistung ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu bestimmen. Ist eine Leistungseinheit anzunehmen, so ist umsatzsteuerlich nur eine (einzige) Leistung gegeben. Die steuerlichen Folgen richten sich einheitlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Gesamtleistung bzw. der Hauptleistung (vgl. ).

Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile als die Hauptleistung, andere Teile aber als Nebenleistungen anzusehen sind, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. , mwN).

Im vorliegenden Fall hatte der Vertretene Vereinbarungen sowohl mit der ***2*** ("Agreement I") als auch mit der ***3*** ("Agreement II") sowie einen Vertrag zwischen allen drei Beteiligten ("Contract of Assignment of Obligations") geschlossen.

Nach diesen Vereinbarungen sollte die Zahlung des Rechnungsbetrags (für die Waren) unmittelbar vom Endabnehmer an ***2*** erfolgen; der Vertretene übernahm hiefür keine Haftung. Der Vertretene würde hingegen nur für seinen Aufwand ein Entgelt an die ***3*** verrechnen. Die Leistungen des Vertretenen beschränken sich auf die Bevollmächtigung der Bf zur Zollabwicklung und die Erstellung einer Rechnung an ***3***.

Vor diesem Hintergrund bestand der wirtschaftliche Gehalt des Vorganges darin, dass der Vertretene Leistungen im Zusammenhang mit der Abwicklung des grenzüberschreitenden Transports erbringt, während die Lieferung der Ware als unmittelbar vom zypriotischen Lieferanten an den slowakischen Kunden erfolgt zu werten ist. Es liegt somit eine sonstige Leistung des Vertretenen vor.

Der Wert der beförderten Waren gehört nicht zu den Kosten, die in diese vom Vertretenen erbrachte Leistung einfließen, sodass die darauf entfallende Vorsteuer nicht abgezogen werden kann (vgl. ).

Dementsprechend bestand keine Berechtigung, die geschuldete Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen.

Strittig war in weiterer Folge, ob die Voraussetzungen für eine Entbindung der Bf von der Einfuhrumsatzsteuerschuld gemäß § 26 Abs.5 lit.e UStG gegeben waren.

Zu der zuletzt genannten Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits genannten Erkenntnis vom , Ra 2022/16/0010, ausgeführt (auszugsweise):

"13 Nach der durch BGBl. I Nr. 134/2003 in Abs.5 angefügten lit.e des § 26 UStG ist im Fall der indirekten Vertretung der Anmelder (idR der Spediteur) dann nicht Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer, wenn ihm ein schriftlicher Auftrag des Vertretenen zur Anwendung der Regelung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG vorliegt. Die Materialien (325 BlgNR. 22 GP) begründen dies damit, dass im Fall des Abs.3 Z.2 die gesamte Gebarung auf das Finanzamtskonto übergeht, sodass der Anmelder keine Kontrollmöglichkeit über die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer mehr hat. Die Schuldnerschaft des Anmelders wird daher gemäß § 26 Abs.5 lit.e UStG ausgeschlossen, sofern er nicht schuldhaft bei der unrichtigen Anmeldung mitgewirkt hat (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 26 Tz 13).

(…)

17 Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit Urteil vom , U.I. Srl., C-714/20, zunächst auf seine Rechtsprechung hingewiesen, wonach die Mehrwertsteuer, die auf die Einfuhr von Gegenständen zu erheben ist, nicht zu den Einfuhrabgaben gehört (Rn. 49). Der EuGH legte in diesem Urteil Art. 77 Abs.3 UZK (vormals: Art. 201 Abs.3 ZK) dahingehend aus, dass der indirekte Zollvertreter allein nach dieser Bestimmung nur die für die von ihm angemeldeten Waren geschuldeten Zölle und nicht auch die Einfuhrmehrwertsteuer für diese Waren schuldet. In Anbetracht des den Mitgliedstaaten durch Art. 201 der Mehrwertsteuerrichtlinie eingeräumten Ermessens steht es ihnen zwar frei, zur Durchführung dieses Artikels vorzusehen, dass auch die Zollschuldner die Einfuhrmehrwertsteuer schulden und dass insbesondere der indirekte Zollvertreter mit der Person, die ihm eine Vertretungsvollmacht erteilt hat und die er vertritt, gesamtschuldnerisch für die Zahlung dieser Steuer haftet (, Rn. 57). Hiezu ist es unerlässlich, dass die Rechtslage, die sich aus den nationalen Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie ergibt, ausreichend bestimmt und klar ist, um es den betroffenen Einzelnen zu ermöglichen, Kenntnis vom Umfang ihrer Rechte und Pflichten zu erlangen (, Rn. 60, mit Verweis auf das Flachglas Torgau, C-204/09, Rn. 60).

18 Außerdem gebietet es der Grundsatz der Rechtssicherheit u.a., dass Rechtsvorschriften vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sein müssen ( U.I. Srl., C-714/20, Rn. 61, mit Hinweis auf Italien/Rat [Fangquoten für Schwertfisch im Mittelmeer], C-611/17, Rn. 111, und vom , Hungeod u. a., C-496/18 und C-497/18, Rn. 93 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Unter diesen Umständen ist es Sache der Mitgliedstaaten, zur Umsetzung von Art. 201 der Mehrwertsteuerrichtlinie unter Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit die Person oder die Personen, die die Einfuhrmehrwertsteuer zu entrichten haben, durch hinreichend klare und genaue nationale Rechtsvorschriften zu bestimmen oder anzuerkennen. Daraus folgt, dass eine etwaige Haftung des indirekten Zollvertreters für die Zahlung der von einem Mitgliedstaat vorgesehenen Einfuhrmehrwertsteuer gesamtschuldnerisch mit der Person, die ihm eine Vertretungsvollmacht erteilt hat und die er vertritt, ausdrücklich und eindeutig durch solche nationalen Bestimmungen vorgeschrieben werden muss (, Rn. 62 und 63).

19 Daraus folgt zunächst, dass die Beurteilung, ob in der Zollvollmacht vom (…) auch ein die Schuldnerschaft der Mitbeteiligten für die Einfuhrumsatzsteuer ausschließender Auftrag zur Anwendung der Regelung des § 26 Abs.5 lit.e UStG enthalten war, anhand der Auslegung dieser nationalen Bestimmung erfolgt.

20 Die Option des § 26 Abs.3 UStG ist durch eine Erklärung in der Zollanmeldung auszuüben. Dabei genügt der Hinweis, dass der Unternehmer von dieser Regelung Gebrauch machen will (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 26 Rz 14). § 26 Abs.5 lit e UStG enthält abgesehen von dem Erfordernis der Schriftlichkeit keine weiteren, insbesondere keine inhaltlichen Anforderungen an die Ausgestaltung eines Auftrages zur Anwendung der Regelung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG.

21 Aus der zitierten Rechtsprechung des EuGH ergibt sich, dass § 26 Abs.5 lit.e UStG die Voraussetzungen des Ausschlusses der Schuldnerschaft des indirekten Vertreters eindeutig festlegen muss, damit für den indirekten Vertreter vorhersehbar ist, ob er Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer wird oder nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es Fälle geben kann, in denen die Anwendung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG insbesondere im Hinblick auf den in den Materialien zu dieser Bestimmung angesprochenen Verlust des Anmelders über die Kontrollmöglichkeit über die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer gerade nicht intendiert ist. Ob ein Auftrag mit diesem Mindestinhalt einer Zollvollmacht oder einer anderen Vereinbarung zu entnehmen ist, ist durch Auslegung der schriftlichen Vereinbarung im Einzelfall zu ermitteln.

22 Gemäß § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Die Angaben der Parteien über ihre Absicht im Rahmen des Vertragsabschlusses zählen zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, welche gemäß § 167 Abs.2 BAO bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind (vgl. , )."

Zur Auslegung der Zollvollmacht vom führte der Verwaltungsgerichtshof aus:

24 …Es trifft zwar zu, dass die Erklärung des Käufers ***1***, zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt zu sein, als Indiz für die Anwendung der Regelung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG verstanden werden kann. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Mitbeteiligte als direkte Stellvertreterin des ***1*** bevollmächtigt wurde. Die Konstellation der Zollanmeldung durch die Mitbeteiligte als indirekte Stellvertreterin und die damit verbundene Konsequenz, dass die Mitbeteiligte als Anmelderin Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer gemäß Art. 201 Abs.3 ZK iVm § 26 Abs.1 UStG in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung wurde, ist der Zollvollmacht vom hingegen nicht zu entnehmen. Bei der direkten Vertretung mussten die Parteien aber nicht davon auszugehen, dass die Mitbeteiligte selbst Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer werden würde, weshalb diesem - eindeutigen - Wortlaut die Absicht der Parteien, damit auch die Konstellation des Auftrages zur Anwendung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG im Fall der Anmeldung in indirekter Stellvertretung regeln zu wollen, gerade nicht entnommen werden kann.

25 …Dass von den Parteien der Zollvollmacht vom beabsichtigt war, die Einfuhrumsatzsteuer nicht beim Zollamt entrichten zu müssen, reicht für die Annahme, der Mitbeteiligten sei ein Auftrag zur Anwendung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG mit der Konsequenz, dass die Mitbeteiligte nicht Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer wurde, ohne weitere Anknüpfungspunkte im Wortlaut und ohne Auseinandersetzung mit der Parteiabsicht im Zeitpunkt der Erteilung der Zollvollmacht vom nicht aus. Dieses Ziel hätte sich nämlich im Wege der direkten Stellvertretung auch verwirklichen lassen.

26 Würde man den Zweck, dem Käufer der Waren den Vorsteuerabzug und die Verrechnung über das Finanzamtskonto zu sichern, im Sinne der Parteienabsicht zur Begründung eines Auftrages nach § 26 Abs.5 lit.e UStG in Konstellationen ohne Anknüpfungspunkt im Wortlaut genügen lassen, wäre dem Erfordernis des Vorliegens eines schriftlichen Auftrages der Anwendungsbereich entzogen. Dies würde aber dem vom EuGH in dem genannten Urteil vom , U.I. Srl., C-714/20, hervorgehobenen Grundsatz der Rechtssicherheit in Form von klaren, bestimmten und in ihren Auswirkungen vorhersehbaren Rechtsvorschriften zuwiderlaufen.

Da die Voraussetzungen für die Anwendung des § 26 Abs.5 lit.e UStG nicht vorgelegen sind, war die Bf Schuldnerin der Einfuhrumsatzsteuer. Für die Einhebung der von der Bf geschuldeten Einfuhrumsatzsteuer war das Zollamt zuständig, denn der indirekte Vertreter kann, selbst wenn er Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist, von der Regelung des § 26 Abs.3 Z.2 UStG nicht Gebrauch machen, weil er die Gegenstände nicht für sein Unternehmen einführt (Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz5, § 26 Tz 13).

Gibt es für eine Zollschuld mehrere Zollschuldner, so sind diese gemäß Art. 213 ZK gesamtschuldnerisch zur Erfüllung dieser Zollschuld verpflichtet. Im verfahrensgegenständlichen Fall waren ***1*** und die Bf Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer. Das Wesen der Gesamtschuld besteht darin, dass die Zollbehörden die Abgaben zwar nur einmal fordern können, dass aber jeder Schuldner die gesamte Leistung zu bewirken verpflichtet ist (Witte in Witte, Zollkodex6, Art. 213 Rz.3). Bei der Entscheidung, einen der Zollschuldner in Anspruch zu nehmen, müssen die Zollbehörden die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhalten (Witte in Witte, Zollkodex6, Art. 213 Rz.4).

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Das Zollrecht setzt hinsichtlich der Inanspruchnahme der Gesamtschuldner keine Grenzen. Bei Auslegung des § 20 BAO ist somit in diesem Zusammenhang dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung von "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei" und dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" "das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses bedeutet das Recht der Ausnützung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen ().

Im Rahmen des Auswahlermessens war zu berücksichtigen, dass ***1*** die geschuldete Einfuhrumsatzsteuer bis dato nicht entrichtet hat. Ebenso wenig erfolgte eine unbare Verrechnung der Einfuhrumsatzsteuer, da diese vom Finanzamt nicht als Vorsteuer anerkannt worden ist. Aus Zweckmäßigkeitsgründen war daher die Bf in Anspruch zu nehmen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass sich die Bf durch ihre eigene Erklärung in den Anmeldungen, nämlich ***1*** indirekt zu vertreten, selbst in die Position des Schuldners der Einfuhrumsatzsteuer gebracht hat. Die belangte Behörde hat daher zu Recht (auch) die Bf als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen.

Die mit Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vorgenommene Festsetzung der Zahlungsfrist erfolgte daher zu Recht.

Betreffend die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom bedurfte es keiner Erwägungen. Denn in den vorliegenden Fällen hat die Beschwerdeführerin - wie bereits mehrfach ausgeführt - die in den Warenanmeldungen angegebene Warenempfängerin indirekt vertreten. Ausführungen betreffend eine etwaige direkte Vertretung erübrigten sich somit.

Die EORI-Nummer dient der Registrierung und Identifizierung der Wirtschaftsbeteiligten, die Angabe einer solchen trifft keine Aussage über das Vertretungsverhältnis.

Zum Antrag gemäß Art. 78 ZK auf Berichtigung der Vertreterindikation ist zu bemerken, dass über diesen Antrag von der belangten Behörde bislang im gegenständlichen Fall nicht explizit erstinstanzlich abgesprochen wurde. Die damit verbundene Rechtsfrage ist jedoch durch den Verwaltungsgerichtshof entschieden, die Berichtigung der Vertreterindikation ist nicht zulässig.

In einem vergleichbaren Fall hat der VwGH zum Antrag nach Art. 78 ZK im Erkenntnis vom , Ra 2020/16/0144-6, Folgendes ausgeführt:

"34. Der EuGH hat in dem von der Revisionswerberin für sich in Anspruch genommenen Urteil (, Pfeifer & Langen GmbH & Co KG) zu Recht erkannt: "Art. 78 Abs.3 (des Zollkodex) ist dahingehend auszulegen, dass die Zollbehörden einem Antrag auf Überprüfung einer Zollanmeldung stattgeben können, der darauf abzielt, dass das Bestehen eines indirekten Vertretungsverhältnisses zwischen einem Bevollmächtigten, der, obwohl er über eine Vollmacht des Inhabers der Einfuhrlizenz verfügte, irrtümlich angegeben hat, ausschließlich im eigenen Namen und für eigene Rechnung zu handeln, und dem Vollmachtgeber, für dessen Rechnung die Anmeldung abgegeben wurde, kenntlich gemacht wird."

35 Diesem Urteil lag der Sachverhalt zu Grunde, dass die Anmelderin keine Vertretung in der Anmeldung angeführt hatte, allerdings über eine Vollmacht ihrer Tochtergesellschaft, der Käuferin der Waren, verfügt hatte und diese Vollmacht der Zollanmeldung angeschlossen hatte. (Rz. 16 und 26 des Urteils) Die für die Einfuhr der dort in Rede stehenden Waren erforderliche Einfuhrlizenz war auf die Käuferin der Waren ausgestellt worden, nicht auf die Anmelderin. Die begehrte Berichtigung sollte die Anmelderin deshalb als indirekten Vertreter ausweisen, sohin von "Handeln auf eigene Rechnung" auf "Handeln auf fremde Rechnung" erfolgen. Der EuGH hob hervor, dass ein Widerspruch zwischen den vorgelegten Unterlagen (Vollmacht) und den Angaben in der Anmeldung (keine Vertretung) bestand, welche nach Art. 78 Abs. 3 ZK zu einer Berichtigung führen kann (Rz 47 des Urteils). Der EuGH sah das Erfordernis der Offenlegung der Vertretung (Art. 5 Abs.4 ZK) als erfüllt an (Rz 57 des Urteils), aus der Sicht der Zollschuld komme mit der Berichtigung ein weiterer Zollschuldner als Gesamtschuldner hinzu (Rz 50 des Urteils) und vor diesem Hintergrund sah der EuGH die begehrte Berichtigung als zulässig an.

36 Die Revisionswerberin beruft sich auch auf die Ausführungen des Generalanwalts, vernachlässigt dabei aber, dass dessen Aussagen unter der Einschränkung "unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens" getroffen wurden (Rz 73 der Schlussanträge).

37 Jedenfalls hat der EuGH zusätzlich ausdrücklich angeführt, Art. 78 ZK könne nicht dahin ausgelegt werden, dass damit über Art. 5 Abs.4 ZK und insbesondere über das darin vorgesehene Gebot der ausdrücklichen Offenlegung der Vertretungsmacht hinweggegangen würde (Rz 56 des Urteils)."

In den vorliegenden Fällen besteht kein Widerspruch zwischen den Angaben in den Zollanmeldungen und den vorgelegten Unterlagen; eine Vollmacht wurde anlässlich der Abfertigungen nicht vorgelegt. Damit verbietet die vom EuGH aufgezeigte Grenze, dass über Art. 5 Abs.4 ZK nicht hinweggegangen werden darf, die begehrte Berichtigung ().

Auch mit den Hinweisen der Bf auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union war für die Bf nichts gewonnen. Im Gegensatz zu dem, dem Urteil vom , C-26/18, zugrundeliegenden Fall hat sich in den verfahrensgegenständlichen Fällen die Ware in Österreich im zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr befunden, denn es wurde in allen Fällen eine Überführung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr beantragt. Die Waren haben sich in Österreich im zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr befunden und Art. 61 der Mehrwertsteuerrichtlinie war daher nicht einschlägig. Es war nicht entscheidend, ob die Waren nach der Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr in die Slowakei geliefert worden sind und dort ordnungsgemäß als innergemeinschaftliche Erwerbe angemeldet worden sind.

Nach der Rechtsprechung in der Rechtssache U.l.Srl (Urteil vom , C-714/20) kann der indirekte Zollvertreter für die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer nicht gesamtschuldnerisch mit dem Einführer haftbar gemacht werden, wenn es keine nationalen Vorschriften gibt, in denen er ausdrücklich und eindeutig als Schuldner dieser Steuer bestimmt oder anerkannt wird. In Österreich bestehen - wie vorstehend auch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt - nationale Vorschriften, nach denen der indirekte Vertreter auch Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. Denn mit dem Verweis in § 26 Abs.1 UStG auf die zollrechtlichen Vorschriften hat der nationale Gesetzgeber von der Befugnis des Art. 201 Mehrwertsteuerrichtlinie Gebrauch gemacht, wonach bei der Einfuhr die Mehrwertsteuer von der Person oder den Personen geschuldet wird, die der Mitgliedstaat der Einfuhr als Steuerschuldner bestimmt oder anerkennt. § 26 Abs.1 UStG ist inhaltlich hinreichend bestimmt, weil durch die Inbezugnahme der Zollvorschriften und damit auch der zollrechtlichen Vorschriften der Kreis der möglichen Steuerschuldner eindeutig festgelegt ist (vgl. BFH , VII R 10/21 zur vergleichbaren deutschen Regelung).

Aus den dargestellten Erwägungen war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht stützt seine Entscheidung auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften, auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union und insbesondere die zum gegenständlichen Fall ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 201 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
§ 26 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 26 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 26 Abs. 5 lit. e UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7200074.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at