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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.07.2024, RV/2100405/2024

Familienbonus Plus; Begrenzung mit der nach dem Tarif gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 errechneten Steuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023, Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer [in Folge: Bf.] brachte elektronisch über FinanzOnline am seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 ein. Darin beantragte der Bf. u.a. für das erste Kind Kind1 den halben Familienbonus Plus, für das zweite Kind Kind2 den ganzen Familienbonus Plus und für das dritte Kind Kind3 den ganzen Familienbonus Plus.

Die belangte Behörde erließ den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 am und setzte die Einkommensteuer iHv. -5.300,00 Euro (Gutschrift) fest. In der Begründung wurde ausgeführt, dass nach den vorgelegten Unterlagen betreffend Unterhaltszahlungen für das Kind mit der Sozialversicherungsnummer Kind1 [Anm. BFG: Kind1] für 11 volle Monate Unterhalt geleistet worden sei, deshalb habe der Familienbonus Plus sowie der Unterhaltsabsetzbetrag nur für 11 Monate gewährt werden können.

Gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 brachte der Bf. mit Eingaben vom Beschwerde ein. Zur Begründung führte der Bf. aus, dass er im Jahr 2023 Familienbeihilfe für Kind4 bezogen habe, jedoch den Familienbonus Plus in seiner Arbeitnehmerveranlagung 2023 vergessen habe einzutragen. Er habe ebenfalls alle seine Unterhaltspflichten geleistet, da er letztes Jahr eine Unterhaltsanhebung per Gericht gehabt habe und nicht für ein Kind nur 11 Monate, sondern alle 12 bezahlt habe.

Die belangte Behörde erließ am ein Ergänzungsersuchen, in welchem für die Tochter Kind1 Nachweise btr. des beantragten Unterhaltsabsetzbetrags (Gerichtsurteil oder gerichtlicher oder behördlichen Vergleich / schriftlicher Vertrag / Bestätigung der empfangsberechtigten Person und Zahlungsnachweise in schriftlicher Form) angefordert wurden.

Der Bf. erklärte mit Antwortschreiben vom , dass er bis zum aufgrund einer Einigung mit der Kindesmutter monatlich 350,00 Euro statt der festgesetzten Alimente von 250,00 Euro bezahlt habe. Aufgrund eines Schreibens der BH müsse er Alimente nachzahlen und beginne er in diesem Jahr mit der Rückzahlung. Er ersuche auch den Familienbonus Plus für Kind4 nachzubringen [Anm. BFG: Gemeint: zu berücksichtigen], da er in diesem Jahr Familienbeihilfe bezogen habe und Kind4 seinen ständigen Wohnsitz bei ihm habe.
Der Bf. legte als Beilagen vor: Aufforderungsschreiben des BG Leoben zur Äußerung btr. Kind1; Schreiben der BH Leoben vom : Antrag auf Unterhalt; Niederschrift der BH Leoben vom über die Unterhaltsvereinbarung; Schreibe der BH Leoben an den Rechtsanwalt des Bf. vom btr. Ratenzahlung; Schreiben des Rechtsanwaltes an den Bf. vom btr. Ratenzahlung.

In einem weiteren Ergänzungsersuchen vom wurden vom Bf. nochmals die Zahlungsnachweise in schriftlicher Form abverlangt.

Der Bf. reichte im Antwortschreiben vom Ablichtungen der monatlichen Überweisungen an Frau Y. (Kindesmutter) für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2023 nach.

Die belangte Behörde erließ am die Beschwerdevorentscheidung und setzte die Einkommensteuer in gleicher Höhe wie im Erstbescheid fest. Aus der Beschwerdevorentscheidung ist auf Seite 2 ersichtlich, dass der Unterhaltsabsetzbetrag von 889,00 Euro laut Erstbescheid auf nunmehr 936,00 Euro erhöht wurde. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Beschwerde teilweise stattgegeben worden sei. Der Familienbonus Plus für Sohn Kind4 sei bereits im Einkommensteuerbescheid vom berücksichtigt worden. Der Familienbonus Plus sei ein Absetzbetrag in der Höhe von 2.000,00 Euro pro Kind und Jahr. Das bedeute, dass sich die Steuerlast um bis zu 2.000,00 Euro pro Jahr reduziere. Begrenzt sei der Familienbonus Plus nur durch die Höhe der eigenen Einkommensteuer und die absolute Höhe des Familienbonus Plus von jährlich 2.000,00 Euro pro Kind bis zum 18. Geburtstag sowie 650,00 Euro jährlich pro Kind nach dem 18. Geburtstag. Die Steuerlast habe im Veranlagungsjahr 4.572,07 Euro betragen und sei zur Gänze reduziert worden. Der Unterhaltsabsetzbetrag für Tochter Kind1 sei antragsgemäß zuerkannt worden.

Am brachte der Bf. den Vorlageantrag gem. § 264 Abs. 1 BAO ein. Zur Begründung führte der Bf. aus, dass die belangte Behörde den Familienbonus für Kind4 übersehen habe und ersuche er um Berücksichtigung des Familienbonus Plus für Kind4.

Die belangte Behörde legte am die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte im Vorlagebericht unter Punkt "Stellungnahme" u. a. aus, dass die Steuerlast (Einkommensteuer) des Bf. im Veranlagungsjahr 2023 insgesamt 4.572,07 Euro betragen habe und diese im Zuge des berücksichtigten Familienbonus Plus zur Gänze reduziert worden sei. Eine Erstattung unter null sei nicht vorgesehen, sodass dem Begehren des Bf. nicht Folge geleistet werden könne.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist Vater von vier Kinder: Kind1 (SVNR Kind1), Kind2 (SVNR Kind2), Kind3 (SVNR Kind3) und Kind4 (SVNR Kind4).
Die Kinder Kind4 und Kind3 waren im Beschwerdejahr 2023 beim Bf. wohnhaft. Die Kinder Kind1 und Kind2 waren im Beschwerdejahr nicht dem Haushalt des Bf. zugehörig und leistete der Bf. für diese Kinder Unterhalt.
Für die Kinder Kind2 und Kind3 beantragte der Bf. in seiner Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) den ganzen Familienbonus Plus und wurde der Familienbonus Plus in beantragter Höhe berücksichtigt [BFG-Akt OZ 17: FinanzOnline ANV-Erklärung 2024].

Für das Kind Kind1 wurde der halbe Familienbonus Plus und der Unterhaltsabsetzbetrag für 12 Monate beantragt [vgl. BFG-Akt OZ 17: FinanzOnline ANV-Erklärung 2024]. Nach einem Vorhalteverfahren wurden die beiden Absetzbeträge mit Beschwerdevorentscheidung vom im beantragten Umfang berücksichtigt und wurde der Unterhaltsabsetzbetrag von 889,00 Euro auf 936,00 Euro erhöht [s. BFG-Akt OZ 3: Beschwerdevorentscheidung, Seite 2].
Diese Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig [vgl. BFG-Akt OZ 5: Vorlageantrag].

Für das Kind Kind4 wurden in der Einkommensteuererklärung vom Bf. keine Angaben eingegeben und entsprechend kein Familienbonus Plus beantragt [s. BFG-Akt OZ 17: FinanzOnline ANV-Erklärung 2024 und die leeren "Erklärt"-Zeilen im unten stehenden Screenshot].
Wie allerdings aus der elektronischen Datenbank der Finanzverwaltung ersichtlich - siehe "Korrektur"-Zeilen im Screenshot -, wurde für das Kind Kind4 im Zuge der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung der Familienbonus Plus zur Gänze berücksichtigt [BFG-Akt OZ 18: Jahresveranlagung Privat-Daten 2024]:

[...]

Die "Tarifsteuer", also jene Steuer vor Abzug der Absetzbeträge (im Erstbescheid und in der Beschwerdevorentscheidung als "Steuer vor Abzug der Absetzbeträge " ausgewiesen), hat im Beschwerdejahr 4.572,07 Euro betragen [BFG-Akt OZ 1: ESt-Bescheid (ANV) 2023, Seite 2].

Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die im Akt einliegenden Unterlagen (insbes. Einkommensteuererklärung, Daten Steuerakt aus FinanzOnline, Datenbankauszug der Finanzverwaltung Jahresveranlagung Privat). Die genannten Unterlagen stellen Beweismittel gem. § 166ff BAO dar und liegen diese der rechtlichen Würdigung des Bundesfinanzgerichts zugrunde.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gem. § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird, auf Antrag ein Familienbonus Plus zu.
Nach § 33 Abs. 3a Z 1 EStG 1988 beträgt der Familienbonus Plus im Beschwerdejahr bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro, d.s. jährlich 2.000,16 Euro.

Nach § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt die Einkommensteuer jährlich
"für die ersten 11 000 Euro 0%
für Einkommensteile über 11 000 Euro bis 18 000 Euro 20%,
für Einkommensteile über 18 000 Euro bis 31 000 Euro 30% ...
"

§ 33 Abs. 2 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"Von dem sich nach Abs 1 ergebenden Betrag sind Absetzbeträge in folgender Reihenfolge abzuziehen:
1.
Der Familienbonus Plus gemäß Abs 3a; der Familienbonus Plus ist insoweit nicht abzuziehen, als er jene Steuer übersteigt, die auf das gemäß Abs 1 zu versteuernde Einkommen entfällt ..."

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 190 BlgNR XXVI. GP, 8, wird zum Familienbonus Plus ausgeführt:
"Der Familienbonus Plus ist als erster Absetzbetrag von der auf Grund des Einkommensteuertarifs errechneten Steuer abzuziehen. Er kann jedoch maximal bis zum Betrag der tarifmäßigen Steuer in Ansatz gebracht werden. Durch den Familienbonus Plus kann somit kein Steuerbetrag unter null zu Stande kommen. Dies entspricht der Logik, dass es sich beim Familienbonus Plus um eine Steuerentlastung handelt und nicht um eine davon unabhängige Förderung. Durch andere Absetzbeträge - etwa den Verkehrsabsetzbetrag oder den Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag - kann es weiterhin zu einer Einkommensteuer unter null und zu einer SV-Rückerstattung oder einer Erstattung des Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrages gemäß § 33 Abs. 8 kommen."

Der Familienbonus Plus ist daher nicht negativsteuerfähig und ist die Wirkung mit der Höhe der Tarifsteuer begrenzt.

Da im Beschwerdefall die Tarifsteuer vor Abzug der weiteren Absetzbeträge nur 4.572,07 Euro betrug, konnte auf Grund der gesetzlichen Beschränkung nicht mehr als dieser Betrag als Familienbonus Plus abgezogen werden.

Die Beschwerde war daher - wie im Spruch ersichtlich - abzuweisen.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (, mwN). Da sich die Nichterstattungsfähigkeit des Familienbonus Plus aufgrund der gesetzlichen Konzeption als (erster) Absetzbetrag, der nicht negativsteuerfähig ist, klar und eindeutig aus dem Gesetz ergibt, liegt eine solche Rechtsfrage nicht vor, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100405.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at