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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.03.2024, RV/7100230/2024

Unterhaltsabsetzbetrag und halber Familienbonus Plus

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich jeweils datiert vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 und 2020, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben und es werden die angefochtenen Bescheide wie folgt abgeändert:

Die Einkommensteuer für das Jahr 2019 wird wie folgt berechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Stpfl. Bezüge (245)
***1*** GmbH
24.886,61 €
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht ber. konnte
-2.178,00 €
22.708,61 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
22.708,61 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988):
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Einkommen
22.648,61 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
0% für die ersten 11.000,00
0,00 €
25% für die weiteren 7.000,00
1.750,00 €
35% für die restlichen 4.648,61
1.627,01 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
3.377,01 €
Unterhaltsabsetzbetrag
-350,40 €
Familien Bonus Plus
-750,00 €
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
1.876,61
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0% für die ersten 620,00
0,00 €
6% für die restlichen 3.282,08
196,92 €
Einkommensteuer
2.073,53 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-3.140,06 €
-0,47 €
Festgesetzte Einkommensteuer 2019 (Gutschrift)
-1.067,00

Die Einkommensteuer für das Jahr 2020 wird wie folgt berechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Stpfl. Bezüge (245)
***1*** GmbH
21.600,40 €
Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte
-1.111,00 €
20.489,40 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
20.489,40 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG1988):
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
Einkommen
20.429,40 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
0% für die ersten 11.000,00
0,00 €
20% für die weiteren 7.000,00
1.400,00 €
35% für die restlichen 2.429,40
850,29 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
2.250,29 €
Unterhaltsabsetzbetrag
-350,40 €
Familienbonus Plus
-750,00 €
Verkehrsabsetzbetrag
-471,37 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
678,52 €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0,00% für die ersten 620,00 €
0,00 €
6% für die restlichen 3.282,08
196,92 €
Einkommensteuer
875,44 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-1.639,87 €
0,43 €
Festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift)
-764,00 €

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Einkommensteuer für die Jahre 2019und 2020:

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist als Servicetechniker im Außendienst tätig. Er arbeitet von Oberwart aus und betreut das Burgenland, Teile von Niederösterreich und Steiermark.

In den jeweils am erlassenen Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2019 und 2020 wurden die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege ermittelt, da der Bf. trotz Erinnerung keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung übermittelt hat, obwohl er dazu gem. § 42 EStG 1988 verpflichtet gewesen wäre. Begründend wurde ausgeführt, dass das Finanzamt zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 184 BAO berechtigt gewesen sei und die Veranlagung sei daher auf Basis der vorliegenden Informationen (Lohnzettel des Arbeitsgebers, Kontrollmitteilungen, automatisch übermittelte Sonderausgaben, etc) erfolgt.

Der Familienbonus Plus habe nicht berücksichtigt werden können, weil der Bf. keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung abgegeben und somit den Familienbonus Plus nicht beantragt habe. Es habe daher nicht überprüft werden können, ob dieser vom Arbeitgeber in der Lohnverrechnung zu Recht berücksichtigt wurde.

Mit Eingabe vom erhob der Bf. gegen die oa Bescheide Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass beide Bescheide ohne seine Einwilligung und ohne sein Zutun falsch berechnet worden seien.

Nach Durchführung eines Mängelbehebungsauftrages (datiert vom ) behob der Bf. innerhalb der Frist die Mängel und führte aus, dass der Kinderbonus falsch berechnet und seine Fahrtenbücher für 2019 und 2020 nicht berücksichtigt worden seien.

Mit Beschwerdevorentscheidungen jeweils datiert vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2019 und 2020 wurde den Beschwerden jeweils teilweise stattgegeben. Begründend wurde ausgeführt, dass Tagesgelder nur dann Werbungskosten darstellen würden, wenn kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werde. Mittelpunkt der Tätigkeit könne nicht nur ein einzelner Ort, sondern auch ein mehrere Orte umfassendes Einsatzgebiet sein. Personen, die ein Gebiet regelmäßig bereisen, würden in diesem Einsatzgebiet (Zielgebiet) einen Mittelpunkt der Tätigkeit begründen. Dieses Einsatzgebiet könne sich auch auf einen politischen Bezirk und an diesen Bezirk angrenzende Bezirke erstrecken. Da dieser Sachverhalt beim Bf. zutreffen würde, seien die Tagesgelder für Fahrten in den Bezirken Oberwart, Oberpullendorf, Güssing, Wiener Neustadt und Hartberg/Fürstenfeld nicht anerkannt worden. Die restlichen beantragten Tagesgelder wurden als Werbungskosten anerkannt (im Jahr 2019 € 2.178,00 und im Jahr 2020 € 1.111,00).

Im Formular LI k habe der Bf. angegeben, dass er die Familienbeihilfe für das Kind A B-C beziehe und keine Unterhaltsleistungen erhalten haben. Da diese Angaben nicht korrekt seien und weder er noch die Partnerin die Familienbeihilfe beziehe, habe der Familienbonus nicht berücksichtigt werden können.

Mit Eingaben jeweils datiert vom stellte der Bf. für die streitgegenständlichen Jahre jeweils einen Vorlageantrag. Begründend wurde jeweils ausgeführt:

"Da ich für meine Tochter die gemeinsame Obsorge trage und das, seit dem von Richter ***2*** beschlossenem Urteil von , habe ich auch den vollen Unterhalt als Realausgaben geleistet (Naturalunterhalt). Aus genanntem Grund, beantrage ich hiermit nachträglich, den Unterhaltsabsetzbetrag für das Jahr 2019! Weiters ersuche ich um Neuberechnung des Bescheides (Reisediät), weil ich Servicetechniker im Außendienst und kein Vertreter oder sonstiges bin.

So wie in allen Firmen stehen mir nach der dritten Stunde im Außendienst, 2,20 € Reisediät zu und das bis zu einer Höhe von 26,40 € pro Tag. Ich bekomme täglich meine Aufträge von meiner Firma, oder auch direkt von Kunden mitgeteilt und fahre anschließend von zuhause aus mit dem Firmenwagen meine Tour, um diese abzuarbeiten.

Es ist nicht verständlich, warum ich davon nur ein Drittel davon als Werbungskosten ausbezahlt bekomme, da diese keine Werbekosten sind, sondern der gesetzliche Anspruch meiner Reisediät, welche ich auch jährlich mittels Fahrtenbuch ordnungsgemäß bezeuge.

Auch das Streichen ganzer Bezirke kann nicht richtig sein. Sonst würde keinem Arbeiter mehr die Reisediät zustehen und das Gesetz wäre sinnlos, denn die meisten arbeiten mehr oder weniger immer in denselben Bezirken.

Als letzten Punkt bitte ich, den halben Familienbonus zu berücksichtigen, den ich über meine Firma mit meinem Lohn ausbezahlt bekomme. Leider ist es am Formular LIK nicht möglich, meine Situation der gemeinsamen, wöchentlich wechselnden Obsorge meiner Tochter zu beantragen, da die meisten Väter in dieser Situation Alimente zahlen müssen. Wir haben jedoch seit 2015 die gerichtliche Amtsbestätigung, dass A (meine Tochter) jeden Freitag den Elternteil wechselt. Sprich, sie ist eine Woche bei ihrer Mutter bis Freitag und anschließend eine Woche bei mir. Ebenfalls wieder bis Freitag. So findet das regelmäßig und seit Jahren, ohne Ausnahme statt.

Alle nötigen Unterlagen der gemeinsamen Obsorge, Meldedaten Nebenwohnsitz, Geburtsurkunde meiner Tochter, sowie Buchungsbestätigungen für Miete, Betriebskosten usw. lege ich bei. Ebenso die Buchungsbestätigung von 80 €, welche ich für die Nachmittagsbetreuung im Gymnasium ***3*** an die Mutter meiner Tochter regelmäßig überweise. Auch diese wurde gerichtlich angeordnet.

Die Meldung des Nebenwohnsitzes wurde bezüglich Nachnamensänderung (A B- C) erst 2018 durchgeführt, dies ändert jedoch nichts an dem Beschluss und der wöchentlichen Durchführung vom richterlichen Bescheid Juni 2015.

Sollten Sie weitere "Beweise" für meine Leistung des Naturalunterhalts an meine Tochter benötigen, zB.: Fahrrad-, Inlineskates-, Tretroller-, Eislaufschuhe, Gewand, oder sonstigen Kauf von alltäglichem, wie zB.: Lebensmittel, oder Spielzeug usw. kann ich diese gerne nachreichen. Aber ich denke, dass selbstverständlich ist, dass es meiner Tochter A bei mir an nichts fehlt und auch in Zukunft an nichts fehlen wird."

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Österreich die oa Beschwerden vor und beantragte die vollinhaltliche Abweisung des Beschwerdebegehrens. In der Stellungnahme führte das Finanzamt ergänzend aus, dass die Kindesmutter für die Tochter A die Familienbeihilfe bezieht.

Mit Eingabe vom schränkte der Bf. das Beschwerdebegehren auf den Punkt halben Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag ein. Weiters legte der Bf. ein Schreiben der Kindesmutter vom vor, in welchem diese bestätigte, dass der Bf. an den Tagen an denen er die gemeinsame Tochter bei sich hat, für den Naturalunterhalt aufkommt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Vorweg ist festzuhalten, dass der Bf. mit Eingabe vom die Beschwerde hinsichtlich Tagesdiäten außer Streit gestellt hat.

Strittig ist damit nunmehr, ob dem Bf. im Hinblick auf seine minderjährige Tochter in den Jahren 2019 und 2020 ganzjährig jeweils ein Unterhaltsabsetzbetrag sowie 50% des Familienbonus Plus zusteht.

Zwischen dem Kindesvater und der Kindesmutter wurde gemeinsame Obsorge vereinbart. Die Tochter lebt abwechselnd eine Woche beim Bf. und dann eine Woche bei der Kindesmutter. Dies geht auch aus der Kontaktregelungsvereinbarung vom hervor. Seit ist die Tochter mit Nebenwohnsitz beim Bf. gemeldet.

Die Familienbeihilfe wurde ganzjährig von der Kindesmutter bezogen (s. Vorbringen der belangten Behörde im Vorlagebericht).

Eine Bestätigung der Kindesmutter, dass der Naturalunterhalt tatsächlich in den Jahren 2019 und 2020 geleistet worden ist, konnte der Bf. zunächst nicht vorlegen, da er zur Kindesmutter keinen persönlichen Kontakt pflegt. Im Zuge des Verfahrens vor dem BFG legte der Bf. nunmehr eine Bestätigung datiert vom der Kindesmutter vor.

In freier Beweiswürdigung geht das BFG davon aus, dass es naheliegend ist, dass von beiden Elternteilen Naturalunterhalt geleistet wurde. Da die Tochter sowohl beim Bf. als auch bei der Kindesmutter wohnt, geht das BFG davon aus, dass der Bf. seinen Unterhalt in Form von Naturalunterhalt geleistet hat. Dies wurde nunmehr auch von der Kindesmutter bestätigt.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Unterhaltsabsetzbetrag 2019 und 2020:

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 € monatlich zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Wird bei getrennt lebenden Elternteilen die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung durch Naturalunterhalt (Sachleistung) erfüllt, steht der unterhaltsverpflichteten Person der Unterhaltsabsetzbetrag zu (siehe etwa ; , RV/7103423/2022).

Da vom Bf. bei nahezu gleichteiliger Betreuung der Tochter Naturalunterhalt geleistet wurde, ist der Bf. seinen gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen in vollem Umfang nachgekommen. Aufgrund der vorliegenden Voraussetzungen, ist der Unterhaltsabsetzbetrag für 12 Monate, das sind 12 x 29,20 € in Summe 350,40 € im Jahr 2019 und auch im Jahr 2020 zu berücksichtigen.

Familienbonus Plus 2019 und 2020

Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht ein Familienbonus Plus für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem FLAG 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

Z 1 lit.a: Der Familienbonus Plus beträgt bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro.

Z 3 EStG 1988 normiert: Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Da der Kindesmutter und dem Bf. somit jeweils die Hälfte des Familienbonus Plus zusteht, war den Beschwerden im eingeschränkten Umfang stattzugeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis war nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig. Die Frage, ob und in welcher Höhe von dem Bf. Unterhalt geleistet worden ist, war im Rahmen der freien Beweiswürdigung bezogen auf das konkret vorliegende tatsächliche Geschehen zu lösen. Eine Revision war daher in diesem Punkt nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100230.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at