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VwGH vom 30.04.2014, Ro 2014/11/0021

VwGH vom 30.04.2014, Ro 2014/11/0021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Revision des T W in K, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier, Mag. Michael Pfleger und Mag. Jürgen Brandstätter, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Andreas Hoferstraße 8, gegen den Bescheid der Stellungskommission Niederösterreich vom , Zl. N/94/15/05/64, betreffend Feststellung der Tauglichkeit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Durchführung einer erstmaligen Stellung stellte die Stellungskommission Niederösterreich mit mündlich verkündetem Bescheid vom fest, dass der Revisionswerber für den Wehrdienst "Vorübergehend untauglich bis 11/2013" sei.

Mit mündlich verkündetem Bescheid vom stellte die Stellungskommission Niederösterreich nach einer (neuerlichen) Stellung des Revisionswerbers vom selben Tag dessen Eignung zum Wehrdienst mit dem Beschluss "Tauglich" fest.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage des Verwaltungsaktes durch das Bundesverwaltungsgericht, welches von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand nahm, in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146 in der Fassung BGBl. I Nr. 63/2012, lauten wie folgt:

"Aufnahmebedingungen

§ 9. (1) In das Bundesheer dürfen nur österreichische Staatsbürger einberufen werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die notwendige körperliche und geistige Eignung für eine im Bundesheer in Betracht kommende Verwendung besitzen.

...

Stellungskommissionen

Organisation

§ 15. (1) Die Militärkommanden haben sich zur Feststellung der notwendigen körperlichen und geistigen Eignung der Wehrpflichtigen zum Wehrdienst (Stellung) der Stellungskommission als zuständiger Behörde zu bedienen. Diese hat auf Verfahren nach diesem Bundesgesetz das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, anzuwenden.

... .

...

Aufgaben

§ 17. (1) Den Stellungskommissionen obliegt die Feststellung der Eignung der Personen, die sich der Stellung unterziehen, zum Wehrdienst. Hiebei haben die Stellungskommissionen auch Wünsche der angeführten Personen hinsichtlich der Zuteilung zu Waffen- und Truppengattungen und zu Truppenkörpern entgegenzunehmen sowie Erhebungen über die Ausbildung und besonderen Fachkenntnisse dieser Personen anzustellen.

(2) Die Stellungskommissionen haben die Eignung der Personen nach Abs. 1 zum Wehrdienst auf Grund der ärztlichen und psychologischen Untersuchungen mit einem der folgenden Beschlüsse festzustellen: 'Tauglich' oder 'Vorübergehend untauglich' oder 'Untauglich'. Zu den Beschlüssen der Stellungskommission bedarf es der Anwesenheit aller Mitglieder und der Mehrheit der Stimmen. Ein auf "Tauglich" lautender Beschluss bedarf jedenfalls der Zustimmung des Arztes. Erscheint für die Feststellung der Eignung eine fachärztliche Untersuchung erforderlich, so sind die Personen nach Abs. 1 von den Stellungskommissionen einer solchen Untersuchung zuzuführen. Gegen die Beschlüsse der Stellungskommission ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

...

Nachstellung und neuerliche Stellung

§ 18b.

...

(2) Wehrpflichtige, deren vorübergehende Untauglichkeit festgestellt wurde, sind nach Ablauf der von der Stellungskommission für die voraussichtliche Dauer ihrer vorübergehenden Untauglichkeit festgesetzten Frist vom Militärkommando aufzufordern, sich zu dem in der Aufforderung bestimmten Zeitpunkt einer neuerlichen Stellung zu unterziehen. Dies gilt hinsichtlich Wehrpflichtiger nach § 18a Abs. 1 Z 2 nur bei Vorliegen einer erneuten freiwilligen Meldung zur Stellung.

..."

2. Die Beschwerdefrist war am noch nicht abgelaufen. Die Revision ist gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG zulässig.

Die Revision ist auch begründet.

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. aus vielen die Erkenntnisse vom , Zl. 2007/11/0061, vom , Zl. 2005/11/0121, vom , Zl. 2004/11/0023, vom , Zl. 2011/11/0154, vom , Zl. 2011/11/0216, und vom , Zl. 2011/11/0089, jeweils mwN) sind die Bestimmungen des WG 2001 über die Eignung zum Wehrdienst so zu verstehen, dass ein Stellungspflichtiger, der auf Grund seines körperlichen und geistigen Zustandes keine militärische Ausbildung erfahren und demnach keinen militärischen Dienst verrichten kann, nicht zum Wehrdienst geeignet ist. Der Dienst im Bundesheer umfasst jedenfalls eine militärische Komponente im engeren Sinn, auf die sich auch die Ausbildung der Grundwehrdiener zu erstrecken hat. Dies bringt die Anforderung mit sich, dass der Betreffende jedenfalls eine Waffe bedienen und ein gewisses Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit entwickeln kann, um darüber hinaus auch die sonst bei der Leistung des Militärdienstes anfallenden Tätigkeiten und Übungen zu verrichten. Die einem auf "Tauglich" lautenden Beschluss der Stellungskommission zu Grunde liegende Beurteilung muss daher erkennen lassen, aus welchem Grund der zustimmende Arzt der Auffassung ist, der Stellungspflichtige besitze die notwendige körperliche und geistige Eignung, wie sie nach dem Gesagten beim Grundwehrdiener gegeben sein muss. Dies erfordert in Fällen, in denen Krankheitszustände oder Gebrechen festgestellt werden, die die erforderliche Leistungsfähigkeit - aus welchen Gründen immer - beeinträchtigen, begründete Ausführungen dazu, in welchem Ausmaß der Stellungspflichtige auf Grund des festgestellten Gesundheitszustandes in der Kraftanstrengung oder Beweglichkeit gehindert - oder trotz der behaupteten Leiden eben nicht gehindert - ist.

2.2. Derartige Ausführungen im dargestellten Sinn fehlen - worauf die Revision zutreffend hinweist - im vorliegenden Fall. Der angefochtene Bescheid enthält keine Begründung; dass er anlässlich seiner Verkündung begründet worden wäre, ist ebensowenig aktenkundig wie eine Gewährung von Parteiengehör zu den Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich allerdings, dass der Revisionswerber, jedenfalls was eine Pollenallergie und eine Oesophagitis anlangt, bei der neuerlichen Stellung am im Wesentlichen dieselben Beeinträchtigungen aufgewiesen hat wie bei seiner erstmaligen Stellung im Jahr davor.

Mangels Begründung entzieht sich der angefochtene Bescheid einer Überprüfung auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit. Da auch nicht notorisch ist, dass dem Revisionswerber die Eignung zum Wehrdienst im beschriebenen Sinn zukommt, ist der angefochtene Bescheid mit einem relevanten Feststellungs- und Begründungsmangel behaftet.

2.3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
XAAAE-91391