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VwGH vom 17.11.2010, 2008/23/0276

VwGH vom 17.11.2010, 2008/23/0276

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2008/23/0278

2008/23/0277

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall sowie den Hofrat Dr. Hofbauer und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde 1. des K A (geboren 1968), 2. der Z A (geboren 1971), 3. der N A (geboren 1992), 4. der S A (geboren 1996) und 5. der Z A (geboren 2005), alle vertreten durch Mag. Wolfgang Auner, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft KG in 8700 Leoben, Parkstraße 1/I, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenates jeweils vom , 1.) Zl. 249.438/0- V/14/04 (ad 1., protokolliert zur hg. Zl. 2008/23/0276), 2.) Zl. 249.533/0-V/14/04 (ad 2. bis 4., protokolliert zur hg. Zl. 2008/23/0277) und 3.) Zl. 265.529/0-V/14/05 (ad 5., protokolliert zur hg. Zl. 2008/23/0278), betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (ad 1.) bzw. §§ 10, 11 Asylgesetz 1997 (ad 2. bis 4.) bzw. §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (ad 5.) (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Der fünftangefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Ausweisung der Fünftbeschwerdeführerin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Fünftbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Ein Aufwandersatz hinsichtlich der erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien findet nicht statt.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer ist der Vater, die Zweitbeschwerdeführerin die mit dem Erstbeschwerdeführer verheiratete Mutter der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführerinnen. Alle sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, stammen aus der Teilrepublik Dagestan und gehören der kumykischen Volksgruppe an.

Am beantragte der Erstbeschwerdeführer Asyl, die Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen die Erstreckung des ihm zu gewährenden Asyls. Die in Österreich am geborene Fünftbeschwerdeführerin beantragte durch ihre Mutter am die Gewährung von Asyl. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der Erstbeschwerdeführer zusammengefasst an, er sei von einer Wahabitengruppe in seinem Heimatort verfolgt worden.

Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und stellte gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit der Zurückschiebung, Zurückweisung oder Abschiebung des Erstbeschwerdeführers in die Russische Föderation fest. Mit Bescheid vom selben Tag wies das Bundesasylamt auch die Erstreckungsanträge der Zweit- bis Viertbeschwerdeführerinnen gemäß §§ 10, 11 AsylG ab. Der Asylantrag der Fünftbeschwerdeführerin wurde mit erstinstanzlichem Bescheid vom gemäß § 7 AsylG abgewiesen, die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fünftbeschwerdeführerin in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig erklärt und die Fünftbeschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen wurden mit den angefochtenen Bescheiden jeweils zur Gänze abgewiesen. Die im fünftangefochtenen Bescheid ausgesprochene Ausweisung wurde nicht näher begründet.

Über die gegen diese Bescheide gemeinsam erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

zu I.:

Die belangte Behörde hat bei der im fünftangefochtenen Bescheid erfolgten Bestätigung der erstinstanzlichen Ausweisung die Rechtslage verkannt. In Folge der (lediglich im Fall der Fünftbeschwerdeführerin verfügten) asylrechtlichen Ausweisung erscheint es möglich, dass die Fünftbeschwerdeführerin das Bundesgebiet ohne ihre Eltern zu verlassen hat. Die Ausweisung stellt somit einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben der Fünftbeschwerdeführerin dar, welcher einer Rechtfertigung bedürfte. Für diesen Eingriff ist keine ausreichende Rechtfertigung zu erkennen, zumal die belangte Behörde auch nicht dargelegt hat, warum öffentliche Interessen es erfordern würden, dass die Fünftbeschwerdeführerin Österreich schon vor einer allfälligen Entscheidung der zuständigen Fremdenbehörde über die Ausweisung der übrigen Familienmitglieder verlassen müsste (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/19/1054, und ihm folgend etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2008/23/0308 bis 0312, mwN).

Der fünftangefochtene Bescheid war daher insoweit, als damit die Ausweisung der Fünftbeschwerdeführerin in die Russische Föderation verfügt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

zu II.:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft - soweit sie sich nicht auf die Ausweisung der fünftbeschwerdeführenden Partei bezieht - keine für die Entscheidung dieser Fälle maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde im angeführten Umfang abzulehnen.

Den Verfahrensaufwand vor dem Verwaltungsgerichtshof haben die erst- bis viertbeschwerdeführenden Parteien in diesem Fall selbst zu tragen (§ 58 Abs. 1 VwGG).

Wien, am

Fundstelle(n):
AAAAE-85782