VwGH vom 14.12.2010, 2010/22/0183
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der D, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom , Zl. E1/19250/2010, betreffend Ausweisung nach § 53 Abs. 1 FPG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, eine georgische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 und § 66 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, dass die Beschwerdeführerin am eingereist sei und am einen Asylantrag gestellt habe. Das Asylverfahren sei "mit gemäß den §§ 7, 8 Asylgesetz 1997, ohne Ausweisung, rechtskräftig negativ abgeschlossen worden". Die Beschwerdeführerin habe die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 43 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) beantragt. Sie sei bisher als Asylwerberin grundversorgt gewesen. Nach ihren Angaben hätte sie Einstellungszusagen als Haushaltshilfe.
Die Beschwerdeführerin halte sich zwar seit achteinhalb Jahren im Bundesgebiet auf, ihr Aufenthalt als Asylwerberin sei aber "von vornherein nicht auf Dauer angelegt" gewesen. Ihre privaten oder familiären Interessen am Verbleib im Bundesgebiet wögen nicht so schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung einer Ausweisung. Ein Familienleben in Österreich bestehe nicht. Nach ihren Angaben im Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sei sie ledig, nach ihren Angaben im Asylverfahren sei sie in Georgien verheiratet. In Österreich habe sie gemeinsam mit einem Lebensgefährten gelebt, wobei diese Lebensgemeinschaft nicht mehr aufrecht sei.
Durch den langen Aufenthalt im Bundesgebiet habe sich "naturgemäß" ein Privatleben entwickelt und die Beschwerdeführerin spreche gut deutsch. Sie sei aber am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert.
Sie habe bis zu ihrem 42. Lebensjahr in Georgien gelebt. Ihre Abwesenheit von ihrem Heimatland dauere noch nicht so lange, dass sie sich mit den dortigen Gegebenheiten nicht mehr zurechtfinden könnte.
Ihr Privatleben in Österreich sei zu einer Zeit entstanden, in der sie sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus zumindest hätte bewusst sein müssen. Dem öffentlichen Interesse, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen zu verhindern, komme aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Es überwögen somit die privaten Interessen der Beschwerdeführerin nicht die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass ihr Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde. Da keine Hinweise für eine Rechtmäßigkeit ihres inländischen Aufenthalts ersichtlich sind, hegt der Gerichtshof keine Bedenken gegen die Heranziehung des Ausweisungstatbestandes des § 53 Abs. 1 FPG durch die belangte Behörde. Der nach ihren Angaben anhängige "Bleiberechtsantrag" hindert die Ausweisung nicht (vgl. § 44b Abs. 3 NAG sowie § 44 Abs. 5 leg. cit. jeweils idF BGBl. I Nr. 122/2009, in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom , 2010/18/0211).
Die Beschwerde bekämpft das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung nach § 66 FPG.
§ 66 FPG lautet auszugsweise:
"§ 66. (1) Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Ausweisung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;
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2. | das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; |
3. | die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; |
4. | der Grad der Integration; |
5. | die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; |
6. | die strafgerichtliche Unbescholtenheit; |
7. | Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; |
8. | die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren. |
(3)…" | |
Zu Gunsten der Beschwerdeführerin spricht der lange inländische Aufenthalt von über acht Jahren. Da sie jedoch beruflich nicht integriert ist und in Österreich über keine familiären Bindungen verfügt, sind ihre Interessen an einem Verbleib in Österreich nicht so hoch zu werten, dass das große öffentliche Interesse an der Einhaltung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund treten müsste. Dieses Interesse fordert grundsätzlich, dass Fremde nach Abweisung ihres Asylantrages den rechtmäßigen Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet herstellen. Jedenfalls nach erstinstanzlicher Abweisung ihres Asylantrages hatte die Beschwerdeführerin zudem von der Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus auszugehen. | |
Die in der Beschwerde - ohne nähere Bezugnahme auf die konkrete Situation der Beschwerdeführerin - angesprochenen "tiefgreifenden politischen und gesellschaftlichen Änderungen" in deren Heimatland führen nicht dazu, eine Rückkehr dorthin als unzumutbar werten zu müssen. | |
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. | |
Wien, am |
Fundstelle(n):
ZAAAE-82288