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VwGH vom 20.02.2013, 2010/11/0111

VwGH vom 20.02.2013, 2010/11/0111

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und den Hofrat Dr. Schick sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des I K in H, vertreten durch Mag. Iris Alexandra Machtinger, Rechtsanwältin in 3300 Amstetten, Franz Kollmann-Straße 4/2/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-AB-09-0244, betreffend Austausch eines Nicht-EWR-Führerscheins (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte am einen Antrag auf Umschreibung seiner nicht in einem EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten. Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens legte er - jeweils samt durch gerichtlich beeidete Übersetzer verfasste deutsche Übersetzungen - seinen russischen Führerschein und ein Zeugnis über das Ausbildungsprogramm für Kraftfahrzeuglenker vor. Die Bezirkshauptmannschaft legte diese Unterlagen dem Landeskriminalamt des Landespolizeikommandos für Niederösterreich zur urkundentechnischen Untersuchung vor. Im Untersuchungsbericht dieser Dienststelle wird zum vorgelegten Führerschein ausgeführt, dass "entsprechendes authentisches Vergleichsmaterial" fehle, die bei der Untersuchung erhaltenen Befunde jedoch für ein Formular sprächen, "wie es von den russ. Behörden ausgegeben wurde". Auch der Untersuchungsbericht betreffend das Zeugnis über das Ausbildungsprogramm für Kraftfahrzeuglenker hält fest, dass "entsprechendes authentisches Vergleichsmaterial" fehle und die bei der Untersuchung erhaltenen Befunde "keine zweifelsfreie Aussage" zuließen. Aufgrund dieser Untersuchungsberichte wies die Bezirkshauptmannschaft den Antrag des Beschwerdeführers auf Austausch seines nicht von einem EWR-Staat ausgestellten Führerscheines ab.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Begründend zitierte die belangte Behörde § 23 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG) und führte aus, daraus ergebe sich, dass Voraussetzung der Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung der Besitz einer nicht in einem EWR-Staat ausgestellten Lenkberechtigung sei. Aufgrund der Untersuchungsberichte des Landeskriminalamtes sei jedoch anhand der vorgelegten Dokumente "nicht zweifelsfrei vom Vorliegen der behaupteten ausländischen Lenkberechtigung auszugehen".

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat. Der Beschwerdeführer hat darauf repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die gegenständlich maßgebenden Rechtsvorschriften des Führerscheingesetzes (FSG) in der Fassung BGBl. I Nr. 31/2008 lauten auszugsweise:

"Ausländische Lenkberechtigungen

§ 23. (1) Das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen von Anhängern auf Grund einer von einer Vertragspartei des Pariser Übereinkommens über den Verkehr von Kraftfahrzeugen, BGBl. Nr. 304/1930, des Genfer Abkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 222/1955, oder des Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr, BGBl. Nr. 289/1982, in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung durch Personen mit Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) im Bundesgebiet ist zulässig, wenn seit dessen Begründung nicht mehr als sechs Monate verstrichen sind und der Besitzer der Lenkberechtigung das 18. Lebensjahr vollendet hat. …

(3) Dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat oder sonstigem Gebiet erteilten Lenkberechtigung ist ab Vollendung des 18. Lebensjahres auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, wenn:

1. der Antragsteller nachweist, dass er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufhielt oder dort seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) hatte; dieser Nachweis entfällt, wenn der Antragsteller die Staatsbürgerschaft des Ausstellungsstaates des Führerscheines besitzt und bei Begründung des Wohnsitzes (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich die ausländische Lenkberechtigung bereits besessen hat und die Behörde keine Zweifel am tatsächlichen Vorliegen des Wohnsitzes (§ 5 Abs. 1 Z 1) oder sechsmonatigem Aufenthaltes in dem betreffenden Staat zum Zeitpunkt des Erwerbes der Lenkberechtigung hat.

2. der Antragsteller seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) nach Österreich verlegt hat oder während seines Auslandsaufenthaltes behalten hat,

3. keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen ist und

4. entweder die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs. 4 nachgewiesen wird oder

5. angenommen werden kann, daß die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit Verordnung festzulegen, in welchen Staaten für welche Lenkberechtigungen eine derartige Gleichartigkeit besteht.

…"

2. Die Beschwerde ist begründet.

Im angefochtenen Bescheid ging die belangte Behörde davon aus, der Beschwerdeführer habe den Nachweis des Besitzes einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung nicht erbracht, weil die kriminaltechnischen Untersuchungen der vorgelegten Unterlagen das Bestehen einer Lenkberechtigung nicht erwiesen hätten.

Richtig ist, dass die Erteilung einer Lenkberechtigung nach § 23 Abs. 3 FSG den Besitz einer ausländischen, nicht von einem EWR-Staat ausgestellten, Lenkberechtigung voraussetzt. Nur wenn das Ermittlungsverfahren ergibt, dass der Antragsteller Besitzer einer solchen Lenkberechtigung ist, kann ihm nach der letztzitierten Bestimmung die Lenkberechtigung erteilt werden. Daraus folgt, dass die Führerscheinbehörde in ihrer Beweiswürdigung nachvollziehbar darzulegen hat, ob sie auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon ausgeht, der Antragsteller sei im Besitz der genannten ausländischen Lenkberechtigung, oder ob dies ihrer Meinung nach nicht der Fall sei. Zu letztgenanntem Ergebnis kann die belangte Behörde in einem Fall, in dem ihr ein ausländischer Führerschein vorgelegt wird, insbesondere dann gelangen, wenn triftige Gründe gegen die Echtheit dieses Dokumentes sprechen. Bloße Zweifel reichen jedoch nicht aus, um davon auszugehen, die in Rede stehenden Tatbestandsvoraussetzungen lägen nicht vor (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/11/0272, und vom , Zl. 2009/11/0030, jeweils mwN). Insofern hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.

3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-76867