VwGH vom 14.06.2012, 2010/10/0174
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Marktgemeinde Gunskirchen, vertreten durch Dr. Josef Kaiblinger, Rechtsanwalt in 4623 Gunskirchen, Marktplatz 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. BGD- 072641/2-2010-Lm, betreffend Schulerhaltungsbzw. Gastschulbeiträge für das Kalenderjahr 2008 (mitbeteiligte Partei: Stadt Wels, 4600 Wels, Stadtplatz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom wurden die von der mitbeteiligten Partei der beschwerdeführenden Partei zu entrichtenden Schulerhaltungs- bzw. Gastschulbeiträge für das Kalenderjahr 2008 mit EUR 32.739,62 für 17 Schülerinnen und Schüler der Volksschule Gunskirchen und mit EUR 21.551,42 für 11 Schülerinnen und Schüler der Hauptschule Gunskirchen festgesetzt.
Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die von der beschwerdeführenden Partei getätigten Sanierungsarbeiten für die Volks- und Hauptschule Gunskirchen fielen unter den auf die beteiligten Gebietskörperschaften umlegbaren laufenden Schulerhaltungsaufwand. Zu beachten sei allerdings, dass die beschwerdeführende Partei im Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die im Finanzierungsplan aufscheinenden Darlehen in der Gesamthöhe von EUR 580.000,-- mit Bedarfszuweisungen und Landeszuschüssen ausfinanziert würden. Für die Berechnung der Schulerhaltungs- bzw. Gastschulbeiträge seien daher von den für die Schulsanierung der beschwerdeführenden Partei entstandenen Aufwendungen neben sonstigen Einnahmen die Bedarfsmittelzuweisungen und Landeszuschüsse in der Höhe von EUR 580.000,-- abzuziehen gewesen. Die darauf gestützte Berechnung der Kopfquote für die Volksschule Gunskirchen und für die Hauptschule Gunskirchen führe zu den von der mitbeteiligten Partei spruchgemäß zu entrichtenden Schulerhaltungs- bzw. Gastschulbeiträgen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligte Partei beteiligte sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des OÖ Pflichtschulorganisationsgesetzes 1992, LGBl. Nr. 35/1992 in der Fassung LGBl. Nr. 52/2007, (OÖ POG 1992) - zur Zeitraumbezogenheit der Festsetzung von Beiträgen zum laufenden Schulerhaltungsaufwand vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/10/0018 - lauten auszugsweise wie folgt:
"Erhaltung der öffentlichen Pflichtschulen
§ 48
Begriffe
(1) Unter Erhaltung einer öffentlichen Pflichtschule ist zu verstehen:
1. die Bereitstellung und Instandhaltung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften sowie deren Reinigung, Beleuchtung und Beheizung,
2. die Anschaffung und Instandhaltung der Einrichtung und der Lehrmittel,
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3. | die Deckung des sonstigen Sachaufwandes, |
4. | die Beistellung des zur Betreuung des Schulgebäudes und der übrigen Schulliegenschaften allenfalls erforderlichen Hilfspersonals, |
5. | die Vorsorge für eine allfällige Verpflegung der Schüler und |
6. | die Übernahme des Aufwandes für eine allenfalls eingerichtete Beaufsichtigung der Schüler im Bereich der Schulliegenschaften außerhalb der Unterrichtszeit. |
(2) Die Kosten der Erhaltung einer öffentlichen Pflichtschule gliedern sich in den Bau- und Einrichtungsaufwand (§ 49) und in den laufenden Schulerhaltungsaufwand (§ 50).
…
§ 50
Laufender Schulerhaltungsaufwand
Als Kosten des laufenden Betriebes gehören zum laufenden
Schulerhaltungsaufwand insbesondere die Kosten für
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1. | die Instandhaltung der Schulliegenschaften, |
2. | die Instandhaltung und Erneuerung der Schuleinrichtung, |
… | |
§ 51 | |
Laufende Schulerhaltungsbeiträge für öffentliche Volks-, Haupt- und Sonderschulen sowie für öffentliche Polytechnische Schulen |
(1) Sofern eine Gemeinde mit ihrem gesamten Gebiet oder einem Teil ihres Gebietes zu einem Schulsprengel einer öffentlichen Volks-, Haupt- oder Sonderschule oder einer Polytechnischen Schule gehört, ohne selbst gesetzlicher Schulerhalter der jeweiligen Schule zu sein, hat sie an den gesetzlichen Schulerhalter Beiträge zum laufenden Schulerhaltungsaufwand zu leisten (laufende Schulerhaltungsbeiträge).
(2) Die laufenden Schulerhaltungsbeiträge sind in der Weise zu berechnen, daß der nicht durch Zuwendungen von anderer Seite oder durch sonstige mit dem Schulbetrieb zusammenhängende Einnahmen gedeckte laufende Schulerhaltungsaufwand des vorausgegangenen Kalenderjahres durch die Gesamtzahl der Schüler dieser Schule geteilt wird (Kopfquote). Die Kopfquote ist mit der Zahl der im eingeschulten Gebiet der gemäß Abs. 1 jeweils verpflichteten Gemeinden wohnenden und diese Schule rechtmäßig besuchenden Schüler zu vervielfachen; dabei sind aber jene Schüler, die zum Zwecke des Schulbesuchs in einer anderen Gemeinde als der Wohnsitzgemeinde ihrer Eltern wohnen, der Wohnsitzgemeinde ihrer Eltern zuzuzählen, wenn sie ihren Hauptwohnsitz bei ihren Eltern haben und dieser im eingeschulten Gebiet liegt. Stichtag für die Ermittlung der Schülerzahlen ist jeweils der 15. Oktober des vorausgegangenen Kalenderjahres.
(3) Haben die beteiligten Gebietsköperschaften über die Leistung der laufenden Schulerhaltungsbeiträge keine Vereinbarung getroffen, so haben die gesetzlichen Schulerhalter jeweils bis zu dem auf das der Berechnung zugrunde liegende Kalenderjahr folgenden 1. Juni den eingeschulten Gemeinden die auf sie entfallenden Schulerhaltungsbeiträge mittels schriftlicher Zahlungsaufforderung bekanntzugeben. Gegen die Zahlungsaufforderung kann von den beitragspflichtigen Gemeinden binnen zwei Wochen, vom Tag der Zustellung an gerechnet, beim gesetzlichen Schulerhalter Einspruch erhoben werden. Wird kein Einspruch erhoben, so sind die Schulerhaltungsbeiträge der Zahlungsaufforderung entsprechend an den gesetzlichen Schulerhalter zu entrichten. Der rechtzeitig eingebrachte Einspruch hat die Wirkung, daß die laufenden Schulerhaltungsbeiträge von der nach der Schulsitzgemeinde zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde, bzw. wenn das Land gesetzlicher Schulerhalter ist, von der Landesregierung bescheidmäßig festzusetzen sind. Die laufenden Schulerhaltungsbeiträge sind zwei Wochen nach Zustellung der Zahlungsaufforderung bzw. des Bescheides fällig, wenn aus Billigkeitsrücksichten nicht andere Zahlungsbedingungen festgesetzt sind. Nach Ablauf des Fälligkeitstages können gesetzliche Verzugszinsen berechnet werden.
…"
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der für die Ermittlung der Kopfquote im Sinne des § 51 Abs. 2 OÖ POG 1992 maßgebliche laufende Schulerhaltungsaufwand der beschwerdeführenden Partei sei unter Berücksichtigung von Einnahmen aus Bedarfszuweisungen und Landeszuschüssen in der Höhe von insgesamt EUR 580.000,-- anzunehmen. Die beschwerdeführende Partei habe nämlich selbst darauf hingewiesen, dass für die Schulsanierung aufgenommene Darlehen in der Gesamthöhe von EUR 580.000,-- durch Bedarfsmittelzuweisungen und Landeszuschüsse ausfinanziert würden.
Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf gesetzmäßige Festsetzung der Schulerhaltungs- bzw. Gastschulbeiträge insofern verletzt, als nicht nur Bedarfszuweisungen und Sonderzuschüsse in Höhe von insgesamt EUR 400.000,-- als Einnahmen berücksichtigt worden seien, sondern auch eine Darlehensaufnahme in der Höhe von EUR 180.000,--. Die beschwerdeführende Partei habe im Ermittlungsverfahren zwar auf eine Darlehensaufnahme in der Höhe von insgesamt EUR 580.000,-- hingewiesen, in der Folge jedoch ausgeführt habe, dass davon lediglich das Zwischenfinanzierungsdarlehen in der Höhe von EUR 400.000,-- mit Bedarfszuweisungen und Landeszuschüssen ausfinanziert werde. Das Darlehen in der Höhe von EUR 180.000,-- habe eine "normale" Darlehensaufnahme betroffen. Es hätte daher in diesem Zusammenhang lediglich ein Betrag in der Höhe von EUR 400.000,-- als Einnahme berücksichtigt werden dürfen.
Die beschwerdeführende Partei zeigt mit diesem Vorbringen eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:
Für die Berechnung der Schulerhaltungsbeiträge kommt es gemäß § 51 Abs. 2 OÖ POG 1992 darauf an, inwieweit der laufende Schulerhaltungsaufwand des vorangegangenen Kalenderjahres durch Zuwendungen von anderer Seite oder durch sonstige mit dem Schulbetrieb zusammenhängende Einnahmen gedeckt ist. Soweit dem Schulerhalter daher durch Kreditaufnahme Geldmittel zugeflossen sind, handelt es sich dabei nicht um Einnahmen in diesem Sinne.
Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat die beschwerdeführende Partei ihren Berechnungen über die den beteiligten Gemeinden vorzuschreibenden Schulerhaltungs- bzw. Gastschulbeiträgen für das Kalenderjahr 2008 zunächst unterschiedliche Annahmen betreffend ihre Einnahmen im Sinne des § 51 Abs. 2 OÖ POG 1992 zu Grunde gelegt. Dieser Umstand hat die Erstbehörde zum Vorhalt an die beschwerdeführende Partei veranlasst, aus welchen Gründen bei der Auflistung vom die Darlehensaufnahme für die Schulsanierung mit EUR 180.000,-- und die Bedarfszuweisungen sowie der Landeszuschuss mit EUR 400.000,--, in Summe mit EUR 580.000,-- dargestellt worden, diese Beträge bei der Auflistung vom jedoch nicht mehr berücksichtigt worden seien. Über diesen Vorhalt führte die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom aus, dass bei der Berechnung der Schulerhaltungs- und Gastschulbeiträge 2008 für Darlehensaufnahmen insgesamt EUR 580.000,-- vorgesehen gewesen seien. Diese Darlehensaufnahme betreffe "eine normale im Finanzierungsplan aufscheinende Darlehensaufnahme in Höhe von EUR 180.000,-- und eine Zwischenfinanzierungsdarlehensaufnahme in der Höhe von EUR 400.000,--, welche mit später einlangenden Bedarfszuweisungsmittel und Landeszuschüsse ausfinanziert werden".
Während die Erstbehörde daraufhin die der beschwerdeführenden Partei gewährten Bedarfszuweisungen und Landeszuschüsse mit EUR 400.000,-- annahm und als Einnahmen berücksichtigte, ging die belangte Behörde - wie dargelegt - unter Hinweis auf das erwähnte Schreiben ohne weiteres davon aus, dass Bedarfszuweisungen und Landeszuschüsse in der Höhe von EUR 580.000,-- als Einnahmen zu berücksichtigen seien.
Nun ist - aus objektiver Sicht - dem Schreiben der beschwerdeführenden Partei aber keineswegs zweifelsfrei zu entnehmen, dass die gesamte Darlehenssumme von EUR 580.000,-- durch Bedarfszuweisungen und Landeszuschüsse gedeckt werde. Im Zusammenhang mit dem erstbehördlichen Vorhalt ist dieses Schreiben vielmehr dahin zu verstehen, dass lediglich die durch das Zwischenfinanzierungsdarlehen aufgebrachten EUR 400.000,-- durch Bedarfsmittelzuweisungen und Landeszuschüsse finanziert würden. Dennoch ist die belangte Behörde, ohne weitere Schritte zur Klärung des Sachverhaltes in Ansehung der Höhe der zu berücksichtigenden Einnahmen der beschwerdeführenden Partei zu unternehmen, von Einnahmen in Form von Bedarfszuweisungen und Landeszuschüssen in der Höhe von EUR 580.000,-- ausgegangen.
Indem sie es solcherart unterlassen hat, den für die Erledigung der Sache maßgeblichen Sachverhalt in einem mängelfreien Verfahren festzustellen, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Ergebnis des Verfahrens hätte gelangen können. Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-76484