VwGH vom 16.11.2012, 2012/02/0191
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des Dr. G H, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS-1-417/E7-2012, betreffend Übertretung der StVO 1960 (weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer schuldig erachtet, er habe sich am um 17.32 Uhr in F, Polizeiinspektion F, nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei habe vermutet werden können, dass er kurz nach 17.00 Uhr in F auf der L 53 auf Höhe Km 0,1 in Fahrtrichtung B-Kreuzung, ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.
Er habe dadurch § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 übertreten, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- verhängt wurde.
In der Begründung stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei zur angegebenen Zeit mit seinem PKW gegen einen vor ihm in der Kolonne stehenden PKW gestoßen. Im Zuge der nachfolgenden Unfallaufnahme habe eine Polizeibeamtin festgestellt, dass die Atemluft des Beschwerdeführers deutlich nach Alkohol gerochen habe und sein Gang schwankend und seine Sprache lallend gewesen seien. An Ort und Stelle habe sie den Beschwerdeführer zur Durchführung des Alkotests mittels Alkomaten aufgefordert. Der Alkotest sei dann von 17.24 Uhr bis 17.32 Uhr in der Polizeiinspektion F durchgeführt worden. Dadurch, dass der Beschwerdeführer den geeichten Alkomaten nicht ordnungsgemäß beblasen habe (sechs Fehlversuche), sodass kein verwertbares Messergebnis zustande gekommen sei, habe er die Untersuchung der Atemluft verweigert. Die Atemluftuntersuchung sei mit einem Alkomaten der Bauart M der Firma S durchgeführt worden. Der Alkomat sei am geeicht worden und die Nacheichfrist ende am . Am sei der Alkomat vom Hersteller gewartet (technisch überprüft) worden; die nächste Wartung sei für den vorgemerkt worden. Mit dem Messvorgang sei begonnen worden, nachdem der Beschwerdeführer mindestens 15 Minuten unter Beobachtung gewesen sei, was jedenfalls seit etwa 17.06 Uhr der Fall gewesen sei. In dieser Zeit habe der Beschwerdeführer keine Speisen, Getränke oder Medikamente zu sich genommen und nicht geraucht. Nach dem Messprotokoll habe der Beschwerdeführer von 17.24 Uhr bis 17.32 Uhr sechs Blasversuche unternommen. Alle Versuche seien vom Gerät als Fehlversuche gewertet worden, wobei als Fehlerursache beim ersten, zweiten und fünften Versuch jeweils "Blaszeit zu kurz" und beim dritten, vierten und sechsten Versuch jeweils "Atmung unkorrekt" angegeben worden sei. Gemäß der Betriebsanleitung des Alkomaten habe die Anzeige "Atmung unkorrekt" und die Anzeige "FLS" (Fehlerstrom) nichts damit zu tun, ob das Mindestatemvolumen von 1,5 l und die Mindestblaszeit von drei Sekunden erreicht worden seien. Diese Fehlermeldung resultiere vielmehr daraus, dass der Ausatmungsvorgang nicht den festgelegten Bedingungen zur zuverlässigen Bestimmung der Atemalkoholkonzentration entsprochen habe. Ob dieses messtechnische Kriterium für eine gültige Messung erfüllt sei, könne nur das Gerät feststellen. Der Polizeibeamte R habe dem Beschwerdeführer gesagt, wie man hineinblasen müsse und insbesondere, dass man mindestens fünf Sekunden durchgehend blasen solle, weil das Gerät dann einen Pfeifton gebe, wenn man richtig blase. Bei den ersten zwei Blasversuchen sei die Blaszeit zu kurz gewesen. Dann habe der Polizeibeamte gesagt, dass wenn man den Blasvorgang unterbreche, auch wenn dies nur kurz sei, das Gerät sofort den Versuch abbreche. Beim dritten Versuch sei zwar auch die Zeit nicht ausreichend gewesen, aber das Gerät habe den Fehler "Atmung unkorrekt" angezeigt. Der Polizeibeamte habe auf dem Display das Wort "Fehlerstrom" (FLS) abgelesen. Beim dritten Versuch sei es dem Polizeibeamten so vorgekommen, als ob die Atmung gegen Schluss zu flach geworden sei. Nach dem dritten Versuch habe er dem Beschwerdeführer gesagt, dass er ihn unterstütze, indem er mitzähle und dass der Beschwerdeführer versuchen solle, kräftig und gleichmäßig zu blasen. Beim vierten Versuch sei auch wieder die Atmung unkorrekt gewesen. Es sei ihm so vorgekommen, als ob das Blasvolumen zu wenig gewesen wäre, aber dieses habe gepasst. Er könne nur vermuten, dass die Atmung flach gewesen sei. Am Display sei sofort die Meldung "Fehlerstrom" aufgeschienen. Der Polizeibeamte habe dann dem Beschwerdeführer einen weiteren Versuch gewährt. Er sei eigentlich der Meinung gewesen, dass der Beschwerdeführer blasen wolle. Dann sei aber wiederum die Blaszeit zu kurz gewesen mit einem Absetzer. Anschließend sei ein sechster Blasversuch durchgeführt worden. Hier sei wiederum die Fehlerstromanzeige gewesen. Die Atmung sei so unkorrekt gewesen, dass das Gerät in dieser Zeit offensichtlich keinen messbaren Alkoholgehalt feststellen habe können. Es sei ihm so vorgekommen, dass die Atmung gegen Schluss hin eher sehr abgeflacht sei. Das Alkomatgerät habe davor und danach einwandfrei funktioniert. Die Fehlermeldung "unkorrekte Atmung" komme öfters vor. Es sei schwierig das Ergebnis "Atmung unkorrekt" zu deuten, weil dies ein technischer Vorgang sei.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, dass den Anträgen auf Einholung einer technischen Stellungnahme bzw. Erklärung der Firma S und eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet des Betriebes von Alkomaten nicht stattzugeben seien, weil ein geeichter und gewarteter Alkomat unter Einhaltung der Wartefrist von 15 Minuten und dem Vorliegen eines Messprotokolls mit Dokumentation der Ergebnisse der sechs Blasversuche sowie keinerlei Hinweis auf einen technischen Effekt des Alkomaten vorgelegen seien. Der Einwand des Beschwerdeführers, dass seine Atemluft auf Grund des Arbeitens im Atelier mit lösungsmittelhältigen Farbsprays und des Nichttragens einer Atemschutzmaske mit Sicherheit kontaminiert gewesen sei und er nicht beurteilen könne, inwiefern dies auf das negative Messergebnis maßgeblich gewesen sei, sei verfehlt, da dem Beschwerdeführer eine Verweigerung, und nicht ein bestimmter Alkoholgehalt der Atemluft vorgeworfen werde. Wolle der Beschwerdeführer geltend machen, er sei durch die angeführte Einwirkung lösungsmittelhältiger Farbsprays gehindert gewesen, den Alkomaten ordnungsgemäß zu beblasen, sei ihm vorzuhalten, dass er während der gesamten Amtshandlung mit keinem Wort erwähnt habe, selbst nicht nach den ersten erfolglos durchgeführten Blasversuchen, dass er zuvor mit lösungsmittelhältigen Farbsprays gearbeitet habe und deswegen aus gesundheitlichen Gründen gehindert sei, den Alkomaten ordnungsgemäß zu beblasen. Nach dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten komme es grundsätzlich bei den modernen Alkomatgeräten zu keinen Interferenzen mit anderen Substanzen, die nicht zur Gruppe der Alkohole zählten. Daher seien weder von Nitrolacken noch von Terpentindämpfen Verfälschungen zu erwarten. Zudem seien die Effekte von inhalierten entsprechenden Lacken nach 15 Minuten nicht mehr gegeben und in höherer Konzentration wirkten derartige Lösungsmitteldämpfe narkotisch. Ein Einfluss auf die Lungenkapazität und damit das Blasvolumen sei bei diesen Substanzen aus medizinischer Sicht nicht zu erwarten. Zum selben Ergebnis komme auch die medizinische Amtssachverständige. Es gebe daher keine Gründe für die Annahme, dass es dem Beschwerdeführer gesundheitlich unmöglich gewesen sei, den Alkomaten ordnungsgemäß zu beblasen und somit ein verwertbares Ergebnis zu erzielen. Die Einholung eines ergänzenden medizinischen Sachverständigengutachtens sei daher nicht erforderlich gewesen.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der Durchführung der Blasversuche instruiert worden sei und er bei den ihm gewährten sechs Versuchen kein verwertbares Messergebnis zustande gebracht habe, weil entweder die Blaszeit zu kurz oder die Atmung unkorrekt gewesen sei. Er habe daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht verwirklicht. Die Höhe der Verwaltungsstrafe ergebe sich aus einer Einschätzung der Verhältnisse des Beschwerdeführers als Rechtsanwalt und Künstler.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben (Z 1) oder bei denen der Verdacht besteht, dass ihr Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, auf Alkoholgehalt zu untersuchen (Z 2). Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung dann gegeben, wenn mehrere Versuche zu keiner gültigen Messung geführt haben und das Zustandekommen eines entsprechenden Messergebnisses durch das Verhalten des Probanden verhindert wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/02/0311, mwN).
In seiner Beschwerde führt der Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde hätte sich mit der Betriebsanleitung des zum Einsatz gekommenen Gerätes auseinandersetzten müssen und wäre dann zu dem Ergebnis gelangt, dass der Alkomat defekt gewesen sei.
Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass sich die belangte Behörde sowohl hinsichtlich der Eichung, der Wartung als auch hinsichtlich der Betriebsanleitung ausführlich mit dem in Rede stehenden Alkomat beschäftigt hat und dadurch zu der vom Beschwerdeführer nicht näher bekämpften Feststellung gekommen ist, es sei nicht am Alkomaten gelegen, dass keine Ergebnisse zustande gekommen seien, sondern an der unkorrekten Beblasung des Gerätes.
Die auch in der Beschwerde geäußerten Vermutungen des Beschwerdeführers, es habe sich um ein "defektes, nicht unbedingt reibungslos funktionierendes Gerät" gehalten, stellen nicht näher spezifizierte Mutmaßungen dar, die mit den anders lautenden Feststellungen nicht in Einklang stehen.
Ebenso wenig legt der Beschwerdeführer die Relevanz des in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmangels, es wäre ein ergänzendes medizinisches Sachverständigengutachten zur Wirkung von Sprühlacken und lösungsmittelhältigen Farben einzuholen gewesen, dar. Zu dieser Frage wurde bereits in dem von ihm selbst vorgelegten Gutachten dahin Stellung genommen, dass es grundsätzlich bei den modernen Alkomatgeräten zu keinen Interferenzen mit anderen Substanzen, die nicht zur Gruppe der Alkohole zählten komme, weshalb weder von Nitrolacken noch von Terpentindämpfen Verfälschungen zu erwarten seien und zudem die Effekte von inhalierten entsprechenden Lacken nach 15 Minuten nicht mehr gegeben seien und derartige Lösungsmitteldämpfe in höherer Konzentration narkotisch wirkten. Im Übrigen ist mit der belangten Behörde darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer nach den Feststellungen während der Amtshandlung keine dahin gehenden Angaben gemacht hat.
Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes gesteht der Beschwerdeführer selbst zu, dass im Sachverständigengutachten festgehalten wurde, dass das Inhalieren von Lösungsmittel keinerlei Auswirkungen auf das Blasvolumen gehabt habe. Spricht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang in der Beschwerde von einer Atemlähmung ist neuerlich darauf hinzuweisen, dass er nach den Feststellungen während der in Rede stehenden Amtshandlung keinerlei Angaben in diese Richtung gemacht hat, sodass - wie vom Beschwerdeführer gewünscht - ein Vorgehen gemäß § 5 Abs. 5 StVO 1960 (Bestimmung des Blutalkoholwertes) für die einschreitenden Polizeibeamten nicht angezeigt gewesen ist.
Insgesamt erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-68066