VwGH 23.03.2004, 2002/01/0532
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Die unrichtige Bezeichnung der Behörde, bei der ein Schriftstück einzubringen ist, würde dem Einschreiter nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausnahmsweise dann nicht zum Nachteil gereichen, wenn die zuständige Behörde kraft Gesetzes dieselbe Einbringungsstelle hat wie jene Behörde, an die das Schriftstück (unrichtigerweise) adressiert war (Hinweis: E , Zl. 0849/76, Vwslg 9181 A/1976, und , Zl. 1686/79, VwSlg 10260 A/1980; dazu, dass bei einer gemeinsamen Einbringungsstelle mehrerer Behörden ein Schriftstück für jede Behörde als rechtzeitig eingebracht anzusehen ist, deren gemeinsame Einbringungsstelle diese Einlaufstelle ist, siehe auch die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, in E 4a - c zu § 13 Abs. 1 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung).(hier: Bundesasylamt und Amt der oberösterreichischen Landesregierung haben keine gemeinsame Einlaufstelle.) |
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RS 2 | Der Absender hat auf seiner Briefsendung als Empfänger jenes Amt der Landesregierung angegeben, das am selben Bestimmungsort (Linz) - nicht jedoch in der vom Asylwerber angegebenen Straße - eine Abgabestelle hat wie jene Behörde, die sich an der vom Absender durch Straße und Ordnungsnummer bezeichneten Abgabestelle befindet. Aufgrund der für die Beförderung von Briefen durch die Post erlassenen Geschäftsbedingungen für den Briefdienst Inland war die vom Asylwerber am zur Post gegebene, an das Amt der oberösterreichischen Landesregierung als namentlich bezeichneten Empfänger adressierte Briefsendung entweder an den namentlich genannten Empfänger zuzustellen oder dem Absender zurückzusenden. |
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RS 3 | Da aufgrund der Postaufgabe des mit der unrichtigen Empfängerbezeichnung (Amt der oberösterreichischen Landesregierung) versehenen Schriftstückes die Post zu einer Beförderung dieser Sendung an das Bundesasylamt nicht verpflichtet war, wurde im vorliegenden Fall durch die Postaufgabe der in der beschriebenen Weise adressierten Briefsendung ein Postenlauf zum Bundesasylamt nicht in Gang gesetzt. Die Berufung wurde erst vom Amt der oberösterreichischen Landesregierung an das Bundesasylamt weitergeleitet, sodass die Berufungsfrist nur dann gewahrt wäre, wenn das Amt der Landesregierung das Schriftstück vor Fristablauf adressiert an das Bundesasylamt zur Post gegeben hätte (vgl. allgemein zur Fristwahrung im Fall der Weiterleitung von Anbringen von der unzuständigen an die zuständige Behörde die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, E 18 ff zu § 33 AVG abgedruckte Rechtsprechung). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des B in H, geboren 1978, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 230.682/0- IX/26/02, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylangelegenheit (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein aus dem Kosovo stammender Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro (ehemals Bundesrepublik Jugoslawien) reiste am in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag Asyl. Der Asylantrag wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Gleichzeitig stellte das Bundesasylamt gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien, Provinz Kosovo, sei zulässig. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am zugestellt.
Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender weiterer Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer gab am ein Schreiben, in dem er die Gründe für das Verlassen seines Heimatlandes schilderte und weiter ausführte, dass es für ihn sehr wichtig sei, in Österreich bleiben zu können, zur Post. Dieses Schreiben adressierte der Beschwerdeführer - wie dem von ihm vorgelegten Postaufgabeschein vom zu entnehmen ist - an das "Amt
d. oö. Landesreg., 4020 Schubertstr. 22". Diese Anschrift ist jene des Bundesasylamtes - Außenstelle Linz. Am langte dieses Schriftstück beim Amt der oberösterreichischen Landesregierung - Sozialabteilung in 4010 Linz, Altstadt 30/Klosterstraße, ein, wo es zunächst als Ansuchen um Sozialhilfeunterstützung behandelt wurde. Am teilte das Bundesasylamt der Bezirkshauptmannschaft (als für die Vollziehung des Fremdengesetzes zuständiger Behörde) mit, dass der den Asylantrag abweisende Bescheid "mit " in Rechtskraft erwachsen sei.
Der Beschwerdeführer gab in dem anschließend durchgeführten fremdenpolizeilichen Verfahren gegenüber der Bezirkshauptmannschaft E an, er habe gegen den Bescheid des Bundesasylamtes rechtzeitig Berufung erhoben und legte den erwähnten Postaufgabeschein vom vor. Am übermittelte die Sozialabteilung des Amtes der oberösterreichischen Landesregierung eine Telefaxkopie des dort eingelangten Berufungsschreibens an die Bezirkshauptmannschaft. Noch am übermittelte die Bezirkshauptmannschaft Kopien dieses Schriftstückes, des Postaufgabescheines und der mit dem Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft aufgenommenen Niederschrift an das Bundesasylamt, welches den Akt zur Entscheidung über die Berufung dem unabhängigen Bundesasylamt (belangte Behörde) vorlegte.
Mit Schreiben vom brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis, dass sie bei der Entscheidung über seine Berufung davon auszugehen beabsichtige, dass laut Postaufgabeschein am eine Sendung an das Amt der oberösterreichischen Landesregierung gerichtet worden sei. Die dem Bundesasylamt am von der Bezirkshauptmannschaft E übermittelte Berufung sei beim Amt der oberösterreichischen Landesregierung laut dem dort verwendeten Stempel am eingelangt und zur Zahl 194967/1 protokolliert worden. Die Berufungsfrist gegen den erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes habe am Tag der rechtswirksamen Zustellung (am ) zu laufen begonnen und am , 24 Uhr geendet. Die am an das Amt der oberösterreichischen Landesregierung gerichtete und damit bei der unzuständigen Behörde eingebrachte Berufung, welche erst am vom Amt der oberösterreichischen Landesregierung an die zuständige Behörde (das Bundesasylamt) weitergeleitet worden und dort am eingelangt sei, sei somit verspätet.
Der Beschwerdeführer führte in seiner Stellungnahme zu diesem Vorhalt im Wesentlichen aus, er habe seinen "Einspruch an die Adresse der Schubert. 22, 4020 Linz geschickt"; er könne "keine Schuld an meinem Verhalten sehen" und bitte seiner Berufung, die er am fristgerecht abgesendet habe, stattzugeben.
Die belangte Behörde wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurück. Sie ging dabei von dem dem Beschwerdeführer mit dem Schreiben vom vorgehaltenen Sachverhalt aus und stellte darüber hinaus ausdrücklich fest, dass die Post "die Eingabe an den Empfänger, das Amt der oö Landesregierung, wo sie am einlangte", befördert habe. Der Beschwerdeführer habe nicht bestritten, dass seine an das Amt der oberösterreichischen Landesregierung adressierte Berufung "vorerst dort einlangte, bevor sie (am ) an das Bundesasylamt weitergeleitet wurde". Die Berufung, die damit bei der unzuständigen Behörde eingebracht worden sei, welche die Berufung erst nach dem Ablauf der Berufungsfrist an das Bundesasylamt weitergeleitet habe, habe sich daher als verspätet erwiesen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Aufgrund des vorliegenden Postaufgabescheines hat der Verwaltungsgerichtshof keinen Zweifel daran, dass die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen ist, dass dem Beschwerdeführer bei der Adressierung der Berufung insofern ein Fehler unterlaufen ist, als er zwar die richtige Anschrift des Bundesasylamtes angegeben, den Empfänger der Sendung jedoch unrichtig mit "Amt der oberösterreichischen Landesregierung" statt "Bundesasylamt" bezeichnet hat. Die belangte Behörde hat auch - vom Beschwerdeführer unbestritten - festgestellt, dass die Berufung an das Amt der oberösterreichischen Landesregierung zugestellt wurde und von dort erst nach Ablauf der Berufungsfrist an das Bundesasylamt weitergeleitet wurde.
Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist eine Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat; wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung.
Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet; dies aber nur unter der Voraussetzung, dass das die Frist wahrende Schriftstück innerhalb offener Frist mit der richtigen Anschrift der Post übergeben wurde; ist dies nicht der Fall, so ist der Postenlauf grundsätzlich in die Frist einzurechnen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/19/0988, und vom , Zl. 95/08/0066). Die unrichtige Bezeichnung der Behörde, bei der ein Schriftstück einzubringen ist, würde dem Einschreiter nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar ausnahmsweise dann nicht zum Nachteil gereichen, wenn die zuständige Behörde kraft Gesetzes dieselbe Einbringungsstelle hat wie jene Behörde, an die das Schriftstück (unrichtigerweise) adressiert war (vgl. die Erkenntnisse vom , Slg. Nr. 9181/A, und vom , Slg. Nr. 10.260/A; dazu, dass bei einer gemeinsamen Einbringungsstelle mehrerer Behörden ein Schriftstück für jede Behörde als rechtzeitig eingebracht anzusehen ist, deren gemeinsame Einbringungsstelle diese Einlaufstelle ist, siehe auch die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, in E 4a - c zu § 13 Abs. 1 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall haben aber das Bundesasylamt und das Amt der oberösterreichischen Landesregierung keine gemeinsame Einlaufstelle; vielmehr hat das Amt der oberösterreichischen Landesregierung an der vom Beschwerdeführer angegebenen Adresse überhaupt keine Abgabestelle. Es ist auch kein Fall zu beurteilen, in dem ein Schriftstück - ungeachtet der falschen Bezeichnung des Empfängers - von der Post zu der vom Absender angegebenen Abgabestelle (hier: des Bundesasylamtes) befördert und dort zugestellt worden wäre.
Zufolge der Anordnung des § 9 Postgesetz 1997, BGBl. I Nr. 18/1998 (in der im Beschwerdefall maßgeblichen Stammfassung), wurden u.a. für die Beförderung von Briefen durch die Post vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigte Allgemeine Geschäftsbedingungen erlassen. In den im Beschwerdefall maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Briefdienst Inland (AGB), gültig ab , wird unter Punkt 1.2. AGB bestimmt, dass das Vertragsverhältnis mit der Post ausschließlich zu diesen AGB zustande kommt.
Punkt 1.10.1 der AGB sieht vor, dass die Anschrift einer Briefsendung folgende Angaben zu enthalten hat: Empfänger, Abgabestelle, Postleitzahl und Bestimmungsort. Nach Punkt 3.2.1 der AGB werden Briefsendungen grundsätzlich nur an den Empfänger abgegeben. Ist der Empfänger an der in der Anschrift angegebenen Abgabestelle nicht auffindbar, wird der richtige Empfänger nur soweit ermittelt, als "dies ohne wesentliche Behinderung der Arbeitsabläufe möglich ist" (Punkt 3.2.4), sonst werden Briefe dem Absender zurückgesendet.
Im vorliegenden Fall hat der Absender auf seiner Briefsendung als Empfänger jenes Amt der Landesregierung angegeben, das am selben Bestimmungsort (Linz) - nicht jedoch in der vom Beschwerdeführer angegebenen Straße - eine Abgabestelle hat wie jene Behörde, die sich an der vom Absender durch Straße und Ordnungsnummer bezeichneten Abgabestelle befindet. Aufgrund der erwähnten Geschäftsbedingungen war die vom Beschwerdeführer am zur Post gegebene, an das Amt der oberösterreichischen Landesregierung als namentlich bezeichneten Empfänger adressierte Briefsendung entweder an den namentlich genannten Empfänger zuzustellen oder dem Absender zurückzusenden.
Da aufgrund der Postaufgabe des mit der unrichtigen Empfängerbezeichnung versehenen Schriftstückes die Post zu einer Beförderung dieser Sendung an das Bundesasylamt nicht verpflichtet war, wurde im vorliegenden Fall durch die Postaufgabe der in der beschriebenen Weise adressierten Briefsendung ein Postenlauf zum Bundesasylamt nicht in Gang gesetzt. Die Berufung wurde erst vom Amt der oberösterreichischen Landesregierung an das Bundesasylamt weitergeleitet, sodass die Berufungsfrist nur dann gewahrt wäre, wenn das Amt der Landesregierung das Schriftstück vor Fristablauf adressiert an das Bundesasylamt zur Post gegeben hätte (vgl. allgemein zur Fristwahrung im Fall der Weiterleitung von Anbringen von der unzuständigen an die zuständige Behörde die bei Walter/Thienel Verwaltungsverfahren I2, E 18 ff zu § 33 AVG abgedruckte Rechtsprechung). Dies ist im Beschwerdefall nicht geschehen, sodass die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers zutreffend als verspätet zurückgewiesen hat.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Sammlungsnummer | VwSlg 16319 A/2004 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2004:2002010532.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
GAAAE-45746