OGH 22.08.2001, 13Os114/01
Rechtssätze
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Norm | |
RS0115551 | Wollte der Täter die weggenommene Sache bloß an Stelle eines aus seiner Sicht geschuldeten Geldbetrages in sein Vermögen überführen, kommt mangels eines auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes Diebstahl nicht in Betracht (normatives Tatbestandsmerkmal). |
Norm | |
RS0115554 | Wurde die Berufung nur zum Nachteil des Angeklagten erhoben, darf das Berufungsgericht die Strafe nicht herabsetzen. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Ratz und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Albel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Thomas M***** wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wider das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 22 Vr 40/00-70, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vetreters des Generalprokurators, Staatsanwalt Mag. Holzleithner, des Verteidigers Dr. Johannes Schuster und des Verurteilten, zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 22 Vr 40/00-70, verletzt im Schuldspruch des Thomas M***** wegen Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB das Gesetz.
Es wird im Schuldspruch zu Pkt C sowie im Strafausspruch - ebenso wie der zugleich ergangene Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung - aufgehoben und die Sache zu Strafneubemessung und Entscheidung über den Widerruf an das Landesgericht Innsbruck zurückverwiesen.
Mit ihrer gegenstandslos gewordenen Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem - infolge Berufung der Staatsanwaltschaft nicht rechtskräftigen - Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 22 Vr 40/00-70, wurde Thomas M***** unter anderem des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB schuldig erkannt, weil er am in Wien mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dem Andreas F***** ein Handy der Marke Siemens C 25 samt Tasche weggenommen habe (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO: Pkt C).
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend zeigt der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde auf, dass dieser Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) durch die in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) dazu getroffenen Feststellungen nicht gedeckt ist. Danach hatte nämlich F***** dem Angeklagten das für eine sexuelle Handlung vereinbarte Entgelt von 600 S vorenthalten, worauf dieser das beim gewaltsamen Versuch, F***** zur Bezahlung zu nötigen, zu Boden gefallene Handy "in Bereicherungsabsicht, um sich wenigstens dadurch schadlos zu halten" (US 8), an sich genommen habe.
Den für die Frage rechtsrichtiger Beurteilung der Tat (ideel konkurrierend auch) als Diebstahl nach § 127 StGB allein maßgeblichen Urteilsgründen ist solcherart (ungeachtet der zuweilen, nicht aber im Fall eines offenen Widerspruchs, in Betracht kommenden Verdeutlichung durch das Erkenntnis [§ 260 Abs 1 Z 1 StPO]) unmissverständlich zu entnehmen, dass die Tatrichter die für einen solchen Schuldspruch entscheidende Frage, ob der Angeklagte auch das Unrechtmäßige der durch die Wegnahme des Handys eintretenden Bereicherung gewollt (§ 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB) und solcherart dieses normative Tatbestandsmerkmal erfüllt hat, verneint haben. Vielmehr wollte M***** die Sache bloß an Stelle des aus seiner Sicht geschuldeten Geldbetrages in sein Vermögen überführen (vgl DokStGB, 158). Die demnach verfehlte Beurteilung des Schöffengerichtes, wonach die Tat des Angeklagten neben den Vergehen der versuchten Nötigung und der Körperverletzung ideel konkurrierend auch jenes des Diebstahls begründe, war ersatzlos aufzuheben (§ 292 letzter Satz StPO; vgl Ratz in WK2 Vorbem §§ 28-31 Rz 20), was die Aufhebung des Strafausspruchs und der Widerrufsentscheidung nach sich zieht. Strafneubemessung und erneute Entscheidung über den Widerruf in erster Instanz sind erforderlich, weil die bloß zum Nachteil des Angeklagten ergriffene Berufung der Staatsanwaltschaft keine Herabsetzung der Strafe durch das Oberlandesgericht ermöglicht.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Strafrecht |
Schlagworte | Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in Jus-Extra OGH-St 3091 = EvBl 2002/19 S 70 - EvBl 2002,70 XPUBLEND |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2001:0130OS00114.01.0822.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAE-03884