OGH vom 05.12.2011, 5Nc23/11v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Carl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** S*****, vertreten durch Greiml Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, wegen 12.000 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Über Unzuständigkeitseinrede des in Graz wohnhaften Beklagten sprach das Handelsgericht Wien seine örtliche Unzuständigkeit aus und überwies die Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz. In diesem Verfahren begehrt die Klägerin nunmehr die Delegierung an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit der Begründung, das von ihr hergestellte Bauwerk befinde sich in Wien, die 15 zum Beweis ihres Vorbringens beantragten Zeugen seien im Sprengel des Oberlandesgerichts Wien wohnhaft und überdies sei bereits eine Wiener Bausachverständige (im Strafverfahren) bestellt worden.
Der Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus.
Das vorlegende Gericht nahm zum Delegationsantrag insofern Stellung, als es darauf hinwies, dass sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten einer der Parteien beantworten lasse, zumal hinsichtlich der beantragten Zeugen die Möglichkeit der Einvernahme im Wege einer Videokonferenz bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Die Lockerung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung im Weg der Delegierung darf nur ausnahmsweise erfolgen (RIS Justiz RS0046589; RS0046441). Um eine Rechtssache gegen den Willen einer Partei vom zuständigen Gericht an ein anderes zu delegieren, müssen besonders schwerwiegende Gründe vorliegen (RIS Justiz RS0046455).
Es trifft zu, dass die von der Klägerin ins Treffen geführten Umstände, nämlich der Wohnort zahlreicher Zeugen im Sprengel Wien und die Situierung des von der Klägerin hergestellten Werks ebenfalls in Wien eine Delegierung zweckmäßig erscheinen lassen, doch sind sie weder für sich noch zusammen derart schwerwiegend, dass sie gegen den Willen des Prozessgegners eine Durchbrechung der zu seinen Gunsten bestehenden Zuständigkeitsordnung gebieten (vgl 3 Nc 24/09y: ebenfalls bei Wohnort mehrerer Zeugen außerhalb des zuständigen Gerichts). An welchen Ort sich ein Sachverständiger zur Befundaufnahme begeben muss, ist insofern für Zweckmäßigkeitserwägungen nicht ausschlaggebend, weil dem bei der Bestellung des Sachverständigen Rechnung getragen werden kann.
Die Voraussetzungen für die beantragte Delegierung liegen daher nicht vor.
Fundstelle(n):
UAAAD-56792