OGH vom 24.02.2012, 5Nc2/12g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Carl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** S*****, wegen 3.000 EUR sA, AZ 6 C 496/11p des Bezirksgerichts Graz West, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag der klagenden Partei, gemäß § 31 JN anstelle des Bezirksgerichts Graz West das Bezirksgericht Fünfhaus zur Verhandlung und Entscheidung dieser Rechtssache zu bestimmen, wird abgewiesen .
Text
Begründung:
Die Klägerin, die ihren Sitz in Wien hat, begehrt von dem in Graz wohnhaften Beklagten Zahlung von 3.000 EUR sA an Werklohn für Arbeiten an dem im Eigentum des Beklagten stehenden Haus in *****.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren des Klägers, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, es hafteten keine Forderungen der Klägerin für erbrachte Leistungen offen aus.
In der mündlichen Verhandlung vom beantragte die Klägerin, gemäß § 31 JN anstelle des Bezirksgerichts Graz West das Bezirksgericht Fünfhaus zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen. Das Objekt, an dem sie die Arbeiten durchgeführt habe, liege im Sprengel des Bezirksgerichts Fünfhaus. Es werde eine Begutachtung des Bauwerks bzw Abhaltung eines Ortsaugenscheins notwendig sein, um die Einhaltung der geltenden Ö Normen zu überprüfen. Zwar habe der Beklagte seinen Wohnsitz in Graz, die in Frage kommenden Zeugen die Klägerin beantragte unter einem die Einvernahme von vier in Wien bzw Mistelbach wohnenden Zeugen hätten ihren Wohnsitz im Wiener Sprengel.
In einem über Veranlassung des Beklagten bei der Staatsanwaltschaft Wien behängenden Strafverfahren sei bereits eine in Wien ansässige Sachverständige zur Erstattung von Befund und Gutachten über die verfahrensgegenständlichen Leistungen der Klägerin bestellt worden.
Insgesamt erscheine eine Delegierung zur Verkürzung und Verbilligung des Verfahrens zweckmäßig.
Der Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus, diese diene nur der Verfahrensverschleppung.
Das vorlegende Bezirksgericht Graz West sprach sich aus Gründen der Zweckmäßigkeit - im Wesentlichen mit den von der Klägerin vorgetragenen Argumenten - für die begehrte Delegierung aus. Es seien mehrere gleichartige Verfahren zwischen den Streitparteien anhängig, die vom Obersten Gerichtshof auch an das Bezirksgericht Fünfhaus delegiert worden seien.
Rechtliche Beurteilung
Dazu ist festzustellen:
Der Oberste Gerichtshof hat bisher neun von zehn in gleichgelagerten Rechtssachen zwischen denselben Streitparteien erhobene Delegierungsanträge abgelehnt.
Auch der gegenständliche Delegierungsantrag ist nicht berechtigt:
Eine Delegierung nach § 31 Abs 2 JN ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (vgl RIS Justiz RS0046333 [T1]; RS0053169).
Die Delegierung ist aber ein Ausnahmefall und darf nicht durch großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (RIS Justiz RS0046589 [T1; T 2]). Gegen den Widerstand des Prozessgegners hat eine Delegierung überdies nur dann zu erfolgen, wenn ihre Zweckmäßigkeit klar erkennbar ist (EFSlg 69.712; Ballon in Fasching 2 § 31 JN Rz 6; zuletzt 6 Nc 21/11g).
Es trifft zwar zu, dass etwa der Wohnort der Parteien, der zu vernehmenden Zeugen oder die Lage eines Augenscheinsgegenstands Zweckmäßigkeitsgründe für die Beurteilung eines Delegierungsantrags darstellen können (RIS Justiz RS0046333 [T8]). Im vorliegenden Fall ist nach dem derzeitigen Verfahrensstand aber nicht eindeutig zu erkennen, dass ein derartiger Verfahrensaufwand auch tatsächlich erforderlich sein wird. Schließlich hat der Beklagte weder die Durchführung der Arbeiten noch die Angemessenheit des Werklohns bestritten, sondern bisher nur die Behauptung aufgestellt, der Werklohn sei bereits bezahlt worden, bzw dass der Kläger selbst handschriftlich bestätigt habe, keine Forderungen wegen Erledigung sämtlicher Arbeiten zu stellen.
Auf die vom vorlegenden Gericht in den Vordergrund gestellte Bestellung einer Wiener Sachverständigen im Strafverfahren kommt es zur Entscheidung über den gegenständlichen Delegierungsantrag nicht an.
Nach dem derzeitigen Verfahrensstand sprechen daher Zweckmäßigkeitserwägungen nicht eindeutig für eine Delegierung der Rechtssache an ein Wiener Gericht, wozu noch kommt, dass der weitaus überwiegende Teil der zwischen der Klägerin und dem Beklagten anhängigen Werklohnstreitigkeiten aufgrund der Abweisung der Delegierungsanträge ohnedies bei Grazer Gerichten verbleibt (vgl 5 Nc 18/11h; 6 Nc 21/11g; 4 Nc 23/11m; 5 Nc 25/11p; 10 Nc 23/11f; 10 Nc 24/11b), weshalb Verfahrensverbindungen den mit dem Deligierungsantrag angestrebten Zweck eher erfüllen können.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Fundstelle(n):
KAAAD-56671