OGH vom 21.11.2011, 6Nc21/11g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm und Univ. Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C. K***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Carl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Georg S*****, vertreten durch Greiml Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, wegen 9.000 EUR sA, AZ 1 C 686/11t des Bezirksgerichts Graz West über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Antrag, die Rechtssache an das Bezirksgericht Fünfhaus zu delegieren, wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Die klagende GmbH mit Sitz in Wien begehrt vom in Graz ansässigen Beklagten 9.000 EUR sA. Dazu bringt sie vor, sie habe über Auftrag des als Unternehmer anzusehenden, in mehreren Objekten eine gewerbliche Vermietung betreibenden Beklagten die Lichthoffassade des im Eigentum des Beklagten stehenden Objekts in 1150 Wien saniert. Die Klage wurde ursprünglich beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien eingebracht.
Die beklagte Partei wandte die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein.
Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien sprach seine örtliche Unzuständigkeit aus und überwies das Verfahren an das Bezirksgericht Graz West.
In der Folge beantragte die klagende Partei die Delegierung des Verfahrens an das Bezirksgericht Fünfhaus. Die Delegierung trage zu einer wesentlichen Verkürzung des Verfahrens bei, weil sich das verfahrensgegenständliche Bauwerk im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien befinde; dort sei auch der Wohnort sämtlicher Zeugen. Außerdem bliebe dadurch dem zu bestellenden Bausachverständigen eine Anreise nach Graz erspart. Außerdem habe die klagende Partei ihren Sitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien.
Die beklagte Partei trat dem Delegierungsantrag entgegen. Es seien auch zwei Zeugen geführt, die ihren Wohnsitz in Graz hätten. Außerdem sei keine Befundaufnahme notwendig, weil der Kläger bisher nicht aufschlüsseln habe können, wie sich seine Klagsforderung errechne.
Das Bezirksgericht Graz West befürwortete die Delegierung. Durch die Durchführung des gesamten Beweisverfahrens in Wien würde jedenfalls eine raschere und billigere Verfahrensführung gewährleistet, auch wenn möglicherweise nicht alle Zeugen tatsächlich einvernommen würden.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegation soll stets den Ausnahmefall darstellen. Durch großzügige Handhabung der Möglichkeiten der Delegation soll nicht eine Durchlöcherung der Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden (JBl 1986, 53; Ballon in Fasching 2 § 31 JN Rz 6). Gegen den Widerstand des Prozessgegners hat eine Delegation nur dann zu erfolgen, wenn ihre Zweckmäßigkeit klar erkennbar ist (EFSlg 69.712; Ballon aaO).
Im vorliegenden Fall kann keine Rede davon sein, dass die Delegierung des Verfahrens nach Wien zwingend zu einer Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens führen würde. Der Kläger hat sein Klagebegehren bisher noch nicht aufgeschlüsselt. Daher ist auch noch nicht absehbar, ob es wirklich zur Notwendigkeit einer Befundaufnahme in Wien und der Einvernahme von Wiener Zeugen kommen wird.
Bei dieser Sachlage kann aber dem Beklagten ein schutzwürdiges Interesse an der Beibehaltung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung nicht abgesprochen werden.
Der Delegierungsantrag war daher spruchgemäß abzuweisen.
Fundstelle(n):
XAAAD-42048