Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.07.2023, RV/7102565/2023

Anspruchszinsen: Objektive Anspruchsfolge

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102565/2023-RS1
Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen (). Wegen der genannten Bindung ist der Zinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig (vgl. Ritz, BAO7, § 205 Tz 34).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den ***Einzelrichter*** über die Beschwerde des ***Bf***, ***Bf1-Adr*** vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen 2021 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem Bescheid vom hat die Abgabenbehörde die Einkommensteuer 2021 beim Beschwerdeführerin festgesetzt (wogegen der Beschwerdeführer die Beschwerde erhoben hat). Gleichzeitig hat die Abgabenbehörde mit dem hier angefochtenen Bescheid vom (OZ 5) die Anspruchszinsen 2021 im Betrag von 148,05 € festgesetzt.

Mit Beschwerdeschreiben vom (OZ 9) erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde auch gegen den Anspruchszinsenbescheid, wobei er sich zur Begründung zur Einkommensteuersache äußerte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (OZ 17) wies die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde gegen den Anspruchszinsenbescheid als unbegründet ab, wobei sie dem Beschwerdeführer in der Begründung vermittelte, dass § 205 BAO nur auf das objektive Vorliegen von Differenzbeträgen (an Einkommensteuer) abstelle und nicht verschuldensabhängig sei. Allein die objektive Nachforderung reiche aus, um die Zinsenvorschreibung auszulösen. Erweise sich der "Stammabgabenbescheid" - konkret der Einkommensteuerbescheid 2021 - nachträglich als rechtswidrig und werde er entsprechend abgeändert, so werde diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (konkret die Beschwerdevorentscheidung) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen.

Mit Vorlageantragsschreiben vom (OZ 24) stellte der Beschwerdeführer gegen die Beschwerdevorentscheidung den (als Beschwerde bezeichneten) Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht. Darin brachte der Beschwerdeführer vor, er habe sich kein Versäumnis zuschulden kommen lassen und die individuellen Verwaltungsakte und Äußerungen der Finanzverwaltung ihm gegenüber überlagerten die geltenden Rechtsvorschriften, falls diese eine Grundlage für die bekämpften Anspruchszinsen geboten hätten, wäre der Sachverhalt diesbezüglich ein anderer gewesen. Die Grundlagen und die Richtigkeit ließen sich aus der "Berufungsvorentscheidung" beim besten Willen nicht nachvollziehen; diese sei unverständlich. In der Sache selbst werde auf die einzelnen Beschwerdepunkte nicht eingegangen.

Mit Vorlagebericht vom (OZ 42) legte die Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht ua. die Bescheidbeschwerde gegen den Anspruchszinsenbescheid zur Entscheidung vor.

Der Beschwerdeführer hat weder die mündliche Verhandlung noch die Entscheidung durch den Senat beantragt.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Bescheidbeschwerde erwogen:

Anspruchszinsen im Sinne des § 205 BAO (BGBl. I Nr. 142/2000) sind eine objektive Rechtsfolge, um (mögliche) Zinsvorteile oder Zinsnachteile auszugleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben ().

Anspruchszinsenbescheide sind an die Stammabgabenbescheide gebunden. Wenn sich diese nachträglich als rechtswidrig erweisen und abgeändert oder aufgehoben werden, sind neue, an die geänderten Stammabgabenbescheide gebundene Anspruchszinsenbescheide zu erlassen ().

Wegen der genannten Bindung ist der Zinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig (vgl. Ritz, BAO7, § 205 Tz 34).

Da es sich also bei dem Anspruchszinsenbescheid um einen Bescheid mit (vom Einkommensteuerbescheid 2021) abhängiger (objektiver) Anspruchsfolge handelt, liegt im Beschwerdefall keine Rechtswidrigkeit des Anspruchszinsenbescheides vor.

Einer beschwerdeantragsgemäßen Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2021 durch das Bundesfinanzgericht würde von der Abgabenbehörde von Amts wegen mit Zinsenbescheid (Gutschriftszinsen) Rechnung getragen werden (vgl. Ritz, BAO7, § 205 Tz. 35).

Die Bescheidbeschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Die Erledigung der Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2019 bis 2021 (GZ. RV/7102540/2023) bleibt einer späteren Erledigung vorbehalten. Eine allfällig gewährte Aussetzung der Einhebung der strittigen Anspruchszinsen bliebe bis zur Erledigung der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 durch das Bundesfinanzgericht aufrecht (vgl. § 212a Abs. 1 erster Satz BAO: mittelbare Abhängigkeit der Einhebung der Anspruchszinsen von der Erledigung der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid).

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzung im Hinblick auf die oben zitierte Rechtsprechung nicht vorliegt, war auszusprechen, dass die Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102565.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at